Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
kleinste Detail. Rosen flog nach Cupertino, sodass sie die Platte gemeinsam durchgehen und den Song für den Spot aussuchen konnten. Sie einigten sich schließlich auf »Someday Baby«. Jobs segnete das Testvideo ab, das Clow mit einem Double von Dylan machte, bevor der eigentliche Dreh mit Dylan in Nashville stattfand. Aber das Ergebnis gefiel Jobs ganz und gar nicht. Es sei ein Allerweltsvideo. Er wolle etwas ganz Neues. Clow engagierte also einen anderen Regisseur, und Rosen konnte Dylan überzeugen, den Spot noch einmal zu drehen. Bei dieser Version lehnten sie sich an die Silhouetten-Kampagne an und zeigten Dylan sanft von hinten beleuchtet und mit Cowboy-Hut, wie er auf einem Barhocker sitzt, Gitarre spielt und singt; im Gegenschnitt dazu war eine tanzende junge Frau mit Schiebermütze und iPod zu sehen. Dieser Spot überzeugte Jobs.
An dem Spot lässt sich erkennen, wie weit das Marketing für den iPod abstrahlte: Wie schon bei den Apple-Computern verhalf es auch Dylan zu einem jüngeren Publikum. Das führte dazu, dass Dylans Platte gleich in der ersten Woche an Megastars wie Christina Aguilera und Outkast vorbei auf Platz eins in den Billboard-Charts schoss. Seit Desire, das 1976, also 30 Jahre zuvor, erschienen war, war Dylan nicht mehr ganz oben in den Charts gewesen. Ein Artikel in Advertising Age unterstrich, welchen Aufwind Dylan durch Apple erfahren habe. »Der iTunes-Spot war keiner dieser üblichen Promi-Werbeverträge, bei denen eine große Firma einen dicken Scheck ausstellt, damit etwas vom Glanz eines Stars auf sie abfällt«, hieß es dort. »Die Positionen wurden vertauscht. Das allmächtige Apple verschafft Mr. Dylan Zugang zu jüngeren Bevölkerungsgruppen und hilft ihm damit, seine Verkaufszahlen in Höhen zu treiben, in denen sie seit der Präsidentschaft Gerald Fords nicht mehr waren.«
Die Beatles
Unter Jobs’ Schätzen befand sich ein Mitschnitt von etwa einem Dutzend Probeaufnahmen zu »Strawberry Fields Forever« von John Lennon und den Beatles. Er war für ihn das musikalische Exempel seiner Grundsätze zur Perfektionierung eines Produkts. Andy Hertzfeld hatte die CD 1986 entdeckt und eine Kopie für Jobs gezogen, auch wenn dieser gelegentlich erzählte, er habe sie von Yoko Ono. Bei einem meiner Besuche in Palo Alto kramte er sie aus einem seiner Bücherschränke hervor, legte sie auf und erzählte, was er durch sie gelernt habe:
Der Song ist ziemlich komplex, und es ist faszinierend mitzuverfolgen, wie sie ihn über Monate immer wieder überarbeiteten und daran feilten. Lennon war von jeher mein Lieblings-Beatle. [Er lachte, als Lennon mitten in der ersten Aufnahme zu spielen aufhört und die Band zwingt, noch einmal anzufangen und einen Akkord neu zu spielen.] Hast du das mitbekommen, diesen kleinen Umweg? Die Stelle war nicht gut, also sind sie einen Schritt zurückgegangen und haben neu angefangen. In dieser Version ist der Song nicht ausgereift. Da klingen sie noch wie Normalsterbliche, und man kann sich ohne Weiteres vorstellen, dass andere Musiker den Song spielen. Vielleicht nicht unbedingt komponieren und texten, aber spielen schon. Nur hören sie eben an diesem Punkt nicht auf. Sie waren solche Perfektionisten, dass sie immer wieder neu ansetzten. Als ich 30 war, hat das großen Eindruck bei mir hinterlassen. Es wird einem klar, wie lange sie daran arbeiteten.
Zwischen den verschiedenen Aufnahmen waren sie an einer Menge anderem Zeug dran. Sie verwarfen die einzelnen Fassungen, um sie nach und nach zu vervollkommnen. [Während die dritte Aufnahme lief, wies er mich auf die zunehmende Komplexität der Instrumentierung hin.] Bei Apple machen wir es nicht anders. Das trifft selbst auf die große Zahl von Modellen eines neuen Notebook oder iPod zu. Wir fangen mit einer Version an und dann feilen wir daran. Wir fertigen bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Modelle der Gehäuse oder der Buttons an und überarbeiten die Handhabung einer Funktion mehrere Male. Es ist eine Menge Arbeit, aber im Lauf der Zeit wird das Ding immer besser, und am Schluss heißt es dann, wow, wie haben sie das hinbekommen? Da sind ja überhaupt keine Schrauben dran.
Aus diesem Grund ist es vielleicht auch nachvollziehbar, weshalb Jobs den Gedanken so schwer ertrug, dass die Beatles nicht bei iTunes waren.
Insgesamt stritt Jobs über 30 Jahre mit Apple Corps, dem von den Beatles gegründeten Unternehmen, was allzu viele Journalisten dazu verführte, das Verhältnis als »long and winding road«
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