Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
würde die Kosten in »astronomische« Höhen treiben und das Projekt um Wochen verzögern, also sprach er sich dagegen aus. Seine Aufgabe war es, ein Produkt abzuliefern, und das hieß Kompromisse einzugehen. Ive hielt es für innovationsfeindlich und wandte sich nicht nur über seinen Kopf hinweg an Jobs, sondern auch hinter seinem Rücken an die Ingenieure der mittleren Entscheidungsebene. »Ruby meinte immer, dies und jenes könne man nicht machen, es gäbe nur Verzögerungen. Ich war anderer Ansicht«, erinnerte sich Ive, »und ich musste es wissen, weil ich ohne sein Wissen das Produktteam bereits gefragt hatte.« In diesem und anderen Fällen stellte sich Jobs auf Ives Seite.
Manchmal kam es zwischen Ive und Rubinstein zu regelrechten Rempeleien, die beinahe in echte Prügeleien ausarteten. Schließlich sagte Ive zu Jobs: »Er oder ich«, und Jobs entschied sich für Ive. Rubinstein wollte ohnehin weg. Er hatte gemeinsam mit seiner Frau Grundbesitz in Mexiko gekauft und brauchte freie Zeit, um sich dort ein Haus zu bauen. Er nahm schließlich eine Stelle bei Palm an, wo man damals versuchte, mit dem iPhone von Apple gleichzuziehen. Jobs war so wütend darüber, dass Palm frühere Angestellte von ihm übernahm, dass er sich bei Bono beschwerte, dem Mitgründer einer privaten Investitionsfirma unter dem früheren Apple-CFO Fred Anderson, der eine Sperrminorität bei Palm erworben hatte. Bono schrieb Jobs zurück: »Reg dich nicht so auf. Das klingt, als wenn die Beatles anrufen, weil Herman’s Hermits einen ihrer Roadies angeheuert haben.« Jobs gab später zu, er habe unbeherrscht reagiert. »Dass sie mit ihrem Produkt völlig baden gegangen sind, war mir dann eine Genugtuung«, sagte er.
Jobs stellte ein neues Managementteam zusammen, das weniger zerstritten und leichter zu lenken war. Außer Cook und Ive waren das in der Hauptsache Scott Forstall für die iPhone-Software, Phil Schiller für das Marketing, Bob Mansfield für die Mac-Hardware, Eddy Cue für das Internet und Peter Oppenheimer als CFO. Sie ähnelten einander zwar oberflächlich – alle waren männliche Weiße im mittleren Alter –, hatten aber doch alle ihren eigenen Stil. Ive war sehr emotional und offen, Cook kühl und zurückhaltend. Alle wussten, dass von ihnen erwartet wurde, sich Jobs unterzuordnen, aber gleichzeitig seine Ideen offensiv mit ihm zu diskutieren und ihm auch zu widersprechen – ein schwieriger Balanceakt, den sie aber alle erfolgreich meisterten. »Mir war von Anfang an klar, dass man seine Meinung sagen musste, sonst überrollt er einen einfach«, erzählte Cook. »Er braucht Widerspruch, um eine Diskussion in Gang zu bringen und bessere Ergebnisse zu erzielen. Wenn man dafür zu schüchtern ist, überlebt man nicht.«
Zentral für die schrankenlose Debatte war die regelmäßige Managerkonferenz am Montagmorgen, die um neun Uhr begann und drei oder vier Stunden dauerte. Zuerst zeigte Cook anhand einiger Grafiken die laufende Geschäftslage, dann folgte eine breite Diskussion über die Produkte des Unternehmens. Dabei ging es primär immer um die Zukunft, um die weitere Gestaltung bestehender und neuer Produkte. Jobs versuchte bei diesen Meetings, den Managern das Bewusstsein einer gemeinsamen Mission bei Apple zu vermitteln und die Kontrolle zu zentralisieren. Damit integrierte er das Unternehmen genauso streng wie ein gutes Apple-Produkt und verhinderte die Konflikte zwischen verschiedenen Abteilungen, wie sie dezentralisierte Unternehmen plagten.
Jobs benutzte diese Meetings auch, um die Firma auf das Wesentliche zu konzentrieren. Auf Robert Friedlands Farm hatte er die Apfelbäume zugeschnitten, damit sie kräftig wuchsen, und das wurde für ihn zu einer Metapher seiner Tätigkeit bei Apple. Anstatt die einzelnen Gruppen ihre Ideen im Hinblick auf die Marktsituation entwickeln oder Hunderte Ideen blühen zu lassen, bestand Jobs darauf, dass sich Apple immer nur mit jeweils zwei oder drei Prioritäten befasste. »Niemand kann Hintergrundgeräusche besser ausblenden als er«, sagte Cook. »Dadurch kann er sich auf Weniges konzentrieren und zu vielem anderen Nein sagen. Nur wenige Menschen können das wirklich.«
Bei den Triumphzügen im antiken Rom soll den siegreichen Feldherrn ein Sklave begleitet haben, der ihn immer wieder mahnte: »Memento mori!« »Bedenke, dass du sterblich bist!« Das sollte dem Gefeierten helfen, die Dinge im richtigen Verhältnis zu sehen, und ihn Demut lehren. Jobs’ Memento mori kam
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