Stevens, Chevy
Handtuchzipfel ab. Er hielt das
Messer ins Licht, nickte und ging dann in die Küche.
Er half
mir, mich zur Seite zu drehen, und bezog das Bett neu. Während er die
Utensilien wegräumte, versuchte ich, ihr einen Nippel in den Mund zu schieben,
aber sie nahm ihn nicht. Ich versuchte es noch einmal, mit demselben Ergebnis.
Tränen brannten mir in den Augen, und ich musste schlucken. In den Büchern
hatte ich gelesen, dass sie manchmal eine Weile brauchen, also versuchte ich
es nach einiger Zeit noch einmal. Als ich ihr dieses Mal den Nippel in den Mund
schob, kam eine wasserähnliche, gelbe Flüssigkeit heraus. Ihr kleiner
rosenförmiger Mund öffnete sich, und endlich begann sie zu saugen.
Mit einem
Seufzer der Erleichterung blickte ich auf, gerade als der Psycho mit einem
Glas Wasser und einer Babydecke zum Bett kam. Ganz auf seine Aufgabe
konzentriert, schaute er mich nicht an, ehe er das Wasser auf den Nachttisch
gestellt hatte. Als er mich schließlich ansah, fiel sein Blick geradewegs auf
das Baby, das an meiner nackten Brust trank. Er errötete und wandte hastig den
Blick ab. Die Augen starr auf die Wand gerichtet, warf er mir die Decke zu und
sagte: »Bedeck dich damit.«
Ich legte
die Decke über meine Schultern und das Baby, gerade als es ein lautes
schmatzendes Geräusch machte.
Er trat
ein paar Schritte zurück, dann drehte er sich abrupt um und ging ins
Badezimmer. Bald darauf hörte ich, wie die Dusche angestellt wurde. Das Wasser
rauschte sehr lange.
Als er
zurückkam, war er still. Er stand am Fußende des Bettes und starrte mich ein
paar Minuten an. Ich hatte gelernt, ihm nicht in die Augen zu schauen, wenn er
in solch einer Stimmung war, also tat ich, als würde ich dösen. Ich konnte ihn
immer noch durch die Wimpern erkennen. Ich kannte seinen Gesichtsausdruck, wenn
er sauer war, seinen Ich-werde-dir-weh-tun-Blick, und ich hatte erlebt, wie er
vollkommen dichtmachte, aber das hier war anders. Er sah nachdenklich aus.
Ich
schloss meine Tochter fest in die Arme.
12.
Sitzung
Heute bin
ich total merkwürdig drauf, Doc. Bin nervös, mache mir über alles Mögliche
Gedanken, suche nach Antworten, nach Gründen, nach irgendetwas, an das ich mich
klammern könnte, an etwas Wahrhaftiges, aber
immer, wenn ich denke, ich hab's und es gerade fein säuberlich unter
»erledigt« anstatt unter »am Arsch« abheften will, stellt sich heraus, dass ich
immer noch zerstört, zerstreut und zertrümmert bin. Aber wahrscheinlich ist
Ihnen das auch schon aufgefallen.
Zumindest
Ihre Praxis wirkt ehrlich. Regale aus echtem Holz, ein echter Holzschreibtisch,
echte indianische Masken an der Wand. Hier drin kann auch ich aufrichtig sein,
weil ich weiß, dass Sie den Leuten nichts über mich erzählen können, aber ich
frage mich, ob Sie, wenn Sie mit Ihren Therapeutenfreunden herumsitzen und sich
unterhalten, worüber Leute wie Sie sich eben so unterhalten, nicht einfach mit
allem rausplatzen wollen ... Nein, vergessen Sie, was ich gesagt habe. Sie
sehen aus, als hätten Sie den Beruf ergriffen, weil Sie den Menschen aufrichtig
helfen wollen.
Vielleicht
können Sie mir nicht helfen. Das macht mich traurig, aber nicht um
meinetwillen, sondern um Ihretwillen. Für eine Therapeutin muss es
frustrierend sein, einen Patienten zu haben, dem nicht mehr zu helfen ist.
Dieser erste Therapeut, zu dem ich gegangen bin, als ich nach Clayton Falls
zurückkam, sagte mir, dass niemand ein aussichtsloser Fall sei, aber ich
glaube, das ist Schwachsinn. Ich glaube, dass Menschen so fertig und so
gebrochen sein können, dass sie niemals wieder zu mehr werden können als dem
Bruchstück einer ganzen Person.
Ich frage
mich, wann das dem Psycho passiert ist. Was der entscheidende Moment war - der
Moment, in dem jemand ihn endgültig zertreten und damit unser beider Leben
ruiniert hat. War es, als seine leibliche Mutter ihn verlassen hat? Wäre er zu
retten gewesen, wenn er eine nette Pflegefamilie gehabt hätte? Hätte er
womöglich niemals jemanden getötet oder mich verschleppt, wenn seine
Adoptivmutter nicht selbst ein Psycho gewesen wäre? Ist es schon im Mutterleib
passiert? Hatte er jemals eine Chance? Hatte ich eine?
Einerseits
war er der Psychopath, der Typ, der mich entführt, geschlagen und vergewaltigt
hat, der seine sadistischen Spielchen mit mir getrieben und mir Angst gemacht
hat. Aber manchmal, wenn er nachdenklich war oder glücklich oder aufgeregt,
wenn sein Gesicht sich aufhellte, dann sah ich den Mann, der
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