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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Still Missing
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dem Bett, drehte sie
auf den Bauch und bog ihre Arme und Beine zurück. Sie wimmerte nie, weshalb ich
denke, dass er ihr nicht weh getan hat, aber ich wollte immer noch
hinüberrennen und sie an mich reißen - nur das Wissen, dass er ihr weh tun
könnte, um mich zu bestrafen, hielt mich zurück.
    Schließlich
legte er sie zurück in ihren Korb, doch einmal ließ er sie einfach an der
Bettkante liegen wie ein Spielzeug, das ihm zu langweilig geworden war. Jedes
Mal, wenn er sich ihr näherte, brach ich am ganzen Körper in kalten Schweiß
aus.
    Wenn ich
im Garten arbeitete, erlaubte er mir, sie mit nach draußen zu nehmen. Dann
hüllte ich sie in eine Decke, die ich um den Hals trug. Ich liebte es, mit ihr
im Freien zu sein, das Gemüse, das ich ausgesät hatte, wachsen zu sehen, die
von der Sonne erwärmte Erde zu riechen oder einfach nur mit den Händen über den
weichen Flaum auf dem Kopf meines Babys zu streichen. Zu sagen, dass ich dort
oben so etwas wie Glück empfand, fühlt sich falsch an, weil es ist, als würde
ich sagen, es sei in Ordnung gewesen - dabei war es nie in Ordnung. Aber mit
meinem Baby war ich zumindest jeden Tag eine Zeitlang unbeschwert.
    Der Psycho
ließ mich nie nach draußen, solange er nicht ebenfalls außerhalb der Hütte
arbeitete, aber für gewöhnlich hatte er immer etwas zu tun. Er hackte Holz,
machte die Fensterläden wetterfest, beizte ein paar Holzklötze, so dass ich oft
nach draußen kam. Er wollte, dass ich die Schaukelstühle auf der Veranda
frisch anstrich, und ich nahm sie mit hinunter zum Fluss, wo ich an ihnen
arbeitete, während ich mit meiner Tochter zusammen die Sonne genoss.
    Wenn er
mit mir zufrieden war, ließ er mich einfach am Fluss sitzen, sobald ich meine
Pflichten erledigt hatte. Das waren gute Tage, Tage, an denen ich wünschte, ich
hätte einen Skizzenblock gehabt, um den Kontrast zwischen der milchig weißen
Haut meiner Tochter und ihren smaragdgrünen Augen festzuhalten oder die Art,
wie sie das Gesicht verzog, wenn eine Ameise auf ihr herumkrabbelte. Beim Anblick
der Weidenröschen in voller Blüte, des Sonnenlichts, das auf dem Fluss tanzte,
und der Spiegelungen der Tannen auf der Wasseroberfläche juckte es mich in den
Fingern, diese Bilder zu malen. Ich glaubte, wenn ich all diese Schönheit auf
Papier bannen könnte, würde ich mich immer daran erinnern können, dass es noch
eine Welt da draußen gab, wenn die Dinge in der Hütte zu schlecht wurden, doch
als ich den Psycho um einen Skizzenblock bat, sagte er nein.
    Weil es
warm war, musste ich alle paar Tage die Wäsche am Fluss waschen - er legte
großen Wert darauf, Wasser zu sparen. Das dämliche Bad, das ich jeden Abend
nehmen musste, verbrauchte literweise Wasser, aber ich sagte nie ein Wort. Es gefiel
mir, dass die Kleidung hinterher nach Flusswasser und Sonne roch. Ein Seil,
das vom Apfelbaum, den jemand vor Jahren gepflanzt haben musste, bis zur Hütte
gespannt war, diente uns als Wäscheleine. Der Psycho und ich, wahre Pioniere.
     
    Das erste
Mal bemerkte ich die Wildente, als das Baby ein paar Tage alt war. Sie schwamm
am Rand des Flusses herum, wo das Wasser langsamer floss. Manchmal gesellten
sich andere Enten hinzu, aber normalerweise war sie allein. Wenn der Psycho
nicht in meine Richtung schaute, hielt ich bei meiner Tätigkeit inne und
bewunderte die Ente. Die ersten paar Male, wenn ich zum Fluss hinunterging, um
Wäsche zu waschen oder einfach nur am Ufer zu sitzen, flog die Ente davon,
sobald sie mich erblickte. Aber eines Tages, als mein Baby etwas älter war, saß
ich auf einem Stein, um ein paar Laken auszuwaschen. Ich genoss das Gefühl des
kalten Wassers an den Händen, und die Ente schwamm nur zum anderen Ufer,
paddelte herum und pickte im Wasser nach Futter.
    Der Psycho
kam herunter und gab mir etwas Brot. Die Geste überraschte mich, aber ich war
glücklich, dass er mir erlaubte, die Ente zu füttern.
    Im Laufe
der nächsten Tage lockte ich die Ente mit dem Brot immer dichter heran, und
bald fraß sie mir aus der Hand. Ob sie wohl irgendwann einmal über mein Haus
geflogen war? Sie erinnerte mich an das Leben jenseits meiner begrenzten
Existenz, und jeden Tag konnte ich es kaum abwarten, zum Fluss zu gehen und sie
wiederzusehen. Doch ich war vorsichtig genug, mir meine Aufregung nicht
anmerken zu lassen. Routinierte Gleichgültigkeit wurde mir zur zweiten Natur -
ich hatte es auf die harte Tour gelernt, dass ich den Psycho nur wissen lassen
brauchte, dass mir etwas gefiel, und

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