Stevens, Chevy
er hätte sein
können. Dieser Typ hätte vielleicht eine Familie gehabt und seiner Tochter das
Fahrradfahren beigebracht und aus Luftballons Tiere für sie gebastelt,
verstehen Sie, was ich meine? Mein Gott, vielleicht wäre er Arzt geworden und
hätte anderen Menschen das Leben gerettet.
Nachdem mein
Kind geboren worden war, empfand ich manchmal mütterliche Gefühle ihm
gegenüber, und in diesen flüchtigen Momenten, wenn ich seine andere Seite sah,
wollte ich es aus ihm herauskitzeln. Ich wollte ihm helfen, wollte ihn heilen. Aber dann
fiel es mir wieder ein. Er war ein kleiner Junge am Rand eines Heufeldes, ein
brennendes Streichholz in der Hand, und er brauchte keinen Vorwand, um es
fallen zu lassen.
Gleich
nachdem das Baby geboren worden war, warf mir der Psycho ein paar Stoffwindeln
zu, außerdem Strampelanzüge und Decken. Fast eine Woche lang sprach er kaum
mit mir, außer um mir zu sagen, was ich zu tun hatte - er ließ mich nur zwei
Tage im Bett ausruhen. Am ersten Tag, als ich wieder auf den Beinen war, wurde
mir beim Abwaschen schwindelig, und er erlaubte mir, mich einige Minuten
hinzusetzen, aber danach musste ich alles noch einmal abwaschen, weil das
Wasser kalt geworden war. Beim nächsten Mal lehnte ich mich nur an die Spüle
und schloss die Augen, bis das Schwindelgefühl vorüberging.
Nie fasste
er das Baby an, doch wenn ich sie wickelte oder badete, passte er genau den
Moment ab, um mir etwas anderes zu tun zu geben. Wenn ich ihre Wäsche zusammenlegte,
musste ich zuerst seine fertig machen. Einmal, als ich sie gerade füttern
wollte, während unser Abendessen auf dem Herd köchelte, zwang er mich, sie
wieder hinzulegen und ihn zu bedienen. Nur wenn ich sie stillte, ließ er uns in
Ruhe. Ohne genau zu wissen, was ihn so wütend machte, nahm ich sie auf den Arm
und beruhigte sie, sobald sie auch nur den leisesten Pieps von sich gab, doch
sein Blick wurde finster, und sein Kiefer verspannte sich. Er erinnerte mich an
eine Viper, die darauf wartete, zuschnappen zu können, und während ich mein
Kind tröstete, vibrierte ich innerlich vor Furcht.
Als sie
ein paar Tage alt war, hatte er noch immer kein Wort darüber verloren, wie sie
heißen sollte, also fragte ich ihn, ob ich ihr einen Namen geben dürfte.
Er warf
ihr einen Blick zu, wie sie in meinem Arm lag, und sagte: »Nein«, doch später
flüsterte ich ihr einen geheimen Namen in das winzige Ohr. Das war alles, was
ich ihr geben konnte.
Ich konnte
nicht aufhören darüber nachzudenken, wie er mit seiner Eifersucht und Abneigung
gegenüber seinem Adoptivvater umgegangen war. Wenn er in der Hütte war, achtete
ich darauf, dass ich so tat, als wäre mir das Baby gleichgültig und als würde
ich mich nur um das Nötigste kümmern - glücklicherweise war sie ein zufriedenes
und fröhliches Baby, das nicht viel jammerte. Doch sobald er zur Arbeit nach
draußen ging, nahm ich sie von der Decke und betrachtete jedes Fitzelchen von
ihr, erstaunt, dass sie aus meinem Bauch gekommen war.
Wenn ich
die Umstände bedachte, unter denen ich sie empfangen hatte, war ich überrascht,
zu wie viel Liebe meiner Tochter gegenüber ich fähig war. Mit den Fingerspitzen
zeichnete ich ihre Äderchen nach, staunte darüber, dass mein Blut in ihren
Adern floss, und sie zuckte nie zurück. Ihre kleinen Ohren waren perfekt, um
Schlaflieder hineinzusingen, und manchmal hielt ich einfach nur meine Nase an ihren
Hals und sog ihren frischen und süßen Duft ein, das Reinste, was ich je
gerochen habe. An ihrem pummeligen rechten Knie hatte sie ein winziges
Muttermal, einen kaffeefarbenen Halbmond, und ich liebte es, sie dort zu
küssen. Jedes zarte Stückchen von ihr ließ mein Herz zittern, und ich empfand
den überwältigenden Drang, sie zu beschützen. Die Intensität meiner Gefühle
erschreckte mich, und zusammen mit meiner Liebe wuchs die Furcht.
Der Psycho
badete mich immer noch jeden Abend, doch sie durfte nie mit in die Badewanne,
und nie berührte er meine Brüste. Nach dem Bad stillte ich sie auf dem Bett,
während er das Badezimmer putzte. Wenn sie satt war, legte ich sie in das
Bettchen, das er für sie an das Fußende unseres Bettes gestellt hatte - es war
nur ein Weidenkorb mit ein paar Decken darin, wie ein Hundekorb, aber das
schien ihr nichts auszumachen.
Ich
erinnerte mich daran, dass ein paar meiner Freunde, die bereits Eltern waren,
sich darüber beschwert hatten, dass sie am Anfang keinen Schlaf bekommen hätten,
und mir erging es nicht anders.
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