Stich ins Herz - Robb, J: Stich ins Herz - Origin in Death (Death 21)
ein altes Märchen.«
»D as habe ich schon mal irgendwo gehört. Ich kann dir die Bibliothek gern zeigen.«
»M ach dir keine Mühe, nein. Ich finde sie bestimmt allein. Schließlich hast du zu tun.«
»I ch komme sowieso nicht weiter.«
»I st es unhöflich zu fragen, ob ich mich mal umsehen darf?«
»W o?«
»H ier, in deinem Arbeitszimmer. Zwar bin ich nicht so blutrünstig wie Sean, aber das Büro von einer Polizistin habe ich noch nie gesehen. Wobei dieser Raum eher den Eindruck einer kleinen Wohnung macht.«
Eve brauchte einen Augenblick, bis sie verstand. »R oarke hat das Zimmer genauso eingerichtet, wie meine alte Wohnung war. Das war eine der Methoden, mit denen er mich dazu gebracht hat, bei ihm einzuziehen.«
Sineads Lächeln war sehr warm. »D as finde ich sehr clever und vor allem furchtbar süß. Bei aller Wildheit und Autorität, die er verströmt, sind auch seine Cleverness und seine Herzenswärme nicht zu übersehen. Wünschst du uns alle zurück nach Clare? Du kannst ruhig ehrlich sein.«
»N ein. Wirklich nicht. Er …« Wie sollte sie es formulieren? »E s macht ihn total glücklich, euch alle hier zu haben. Nur macht ihr alle, und vor allem du, ihn unglaublich nervös. Ich glaube, dass er immer noch um seine Mutter trauert, dass er wegen dem, was damals geschehen ist, noch immer Schuldgefühle hat.«
»D ie Trauer ist natürlich und tut ihm wahrscheinlich gut. Aber dass er Schuldgefühle hat, ist vollkommen nutzlos und vor allem grundverkehrt. Er war damals schließlich noch ein Baby.«
»S ie ist für ihn gestorben. So wird er es immer sehen. Weshalb es ihm sehr viel bedeutet, dass ihr alle und vor allem du gekommen seid. Ich persönlich wünschte mir, ich wüsste, wie ich mit euch allen umgehen soll. Das ist mein einziges Problem.«
»I ch habe mich unglaublich darauf gefreut, hierher zu kommen. Ich werde nie den Tag vergessen, an dem er plötzlich vor der Tür stand und in meiner Küche saß. Der Junge von meiner Schwester Siobhan. Am liebsten hätte ich … oh, was bin ich doch für eine alte Närrin.«
»W as ist los?« Eves Magen zog sich furchtsam zusammen, als sie plötzlich Tränen in Sineads Augen glitzern sah. »W as ist passiert?«
»I ch bin hier. Und ein Teil von mir kann nicht aufhören, daran zu denken, wie gerne Siobhan hierher gekommen wäre. Wie stolz sie auf all die Dinge wäre, die ihr Sohn erreicht hat. Auf das, was er geworden ist. Ich wünschte, ich könnte ihr wenigstens eine Stunde meines Lebens schenken, damit sie hier stehen und sich mit der Frau unterhalten könnte, die dieses wunderbare Heim mit ihrem Jungen teilt. Nur, dass das leider nicht möglich ist.«
»I ch kenne mich nicht allzu gut mit solchen Dingen aus, aber ich schätze, sie würde sich freuen, wenn sie wüsste, dass du hierher gekommen bist. Ich nehme an, sie wäre dankbar, dass du ihn … nun … dass du ihn aufgenommen hast.«
»D amit hast du genau das Richtige gesagt. Ich danke dir. Ich bin überglücklich, dass ich seine Mutter vertreten kann, und zugleich unglaublich traurig, weil meiner Schwester nur so wenig Zeit mit ihrem Kind vergönnt war. Er hat unsere Augen. Nicht die Farbe, aber die Form. Es tröstet mich, wenn ich ihm in die Augen sehe und darin diesen Teil von uns, von ihr entdecke. Und ich hoffe, es tröstet ihn, sie in mir zu sehen. Aber jetzt lasse ich dich endlich mit deiner Arbeit weitermachen.«
»W arte. Einen Augenblick.« Eve hob eine Hand und dachte eilig nach. »D ein Bruder, der Bruder, der mit hierher gekommen ist.«
»N ed.«
»E r war doch in Dublin und hat nach eurer Schwester und dem Baby gesucht.«
»D as stimmt.« Sineads Miene wurde hart. »W ofür er fast totgeprügelt worden ist. Und zwar von Patrick Roarke«, spuckte sie den verhassten Namen aus. »D ie Polizei war keine Hilfe. Uns war klar, dass unsere Siobhan nicht mehr am Leben war. Wir wussten es genau, aber da wir keine Beweise hatten, hat niemand uns geglaubt. Also haben wir versucht, wenigstens den Kleinen irgendwo zu finden, und hätten um ein Haar Ned dabei verloren.«
»E ine hypothetische Frage. Wenn ihr gewusst hättet, wo Roarke als Kind zu finden war und was mit ihm als Kind geschah, was hättet ihr dann getan?«
Sineads wunderbare Augen fingen an zu blitzen. »W enn ich gewusst hätte, wo dieses Schwein das Kind von meiner Schwester, das Kind von meinem eigen Fleisch und Blut, gefangen hielt? Wenn ich gewusst hätte, dass er den Kleinen schlechter als einen räudigen
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