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Stieber - Der Spion des Kanzlers Roman

Titel: Stieber - Der Spion des Kanzlers Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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Rundgang unter denKöchen entdeckt haben. Er kannte Franc. Erst als Franc schon tot war, fanden wir durch die Befragung der Kameraden heraus,
     daß die beiden sich schon einmal begegnet waren. Vor Versailles nämlich, nicht weit entfernt von der Villa mit der Signalanlage,
     die Franc mit seiner Gruppe betrieb. Damals hatten die Partisanen einen deutschen Zivilisten aufgegriffen, der gerade von
     der Fasanenjagd kam. Der Deutsche gab an, kein Soldat, sondern ein Förster zu sein, den die Preußen auf ihren Kriegszug mitgenommen
     hätten. Deshalb baten ihn die ausgehungerten Partisanen um seine Jagdbeute. Dann machten sie sich davon. Nur wenige Augenblicke
     später brannte die Villa mit der Signalanlage nieder. Der preußische Förster hatte sie angezündet, er war kein Förster, sondern
     der höchste deutsche Geheimpolizist. Sein Name war Wilhelm Stieber.«
    Lamartine war in eine Falle getappt. Nicht Franc war der Verräter. Er war der Verräter. Jeanne hatte recht, er war ein Kollaborateur,
     man würde ihn anspucken, vielleicht würde man ihn sogar ins Gefängnis werfen oder hinrichten. Stieber hatte es ihm prophezeit   ...
    »Es gibt einen gewissen Bouvet unter Ihren Männern   ...« wandte er sich an Lecoq. Lecoq sah ihn entgeistert an und nickte nervös.
    »Ein Polizist aus meinem Büro.«
    Lecoq grinste. »Was sind Sie doch für ein Würstchen, Lamartine!«
    Lamartine fuhr ihn an: »Stieber weiß alles. Bouvet erstattet ihm Bericht.«
    Lecoq stand der Mund offen, er schnappte nach Luft, dann fuhr er Lamartine an: »Sie arbeiten mit Stieber zusammen?«
    Lamartine antwortete nicht. Lecoq fuhr herum und trommelte gegen die Tür zum Hinterzimmer. Die beiden Hünen erschienen. »Schnell!«
     schrie Lecoq. »Wir sind verraten!«
    Drinnen sprangen sie auf. De Baule erschien mit hochrotem Kopf. Er trug jetzt einen abgewetzten schwarzen Zylinder,der aussah, als habe er ihn aus einem Theaterfundus ausgeliehen. »Gibt es wenigstens einen Hinterausgang?« schrie er hysterisch.
     De Baule wedelte mit den Armen und rannte in das Hinterzimmer zurück.
    In diesem Augenblick wurde die Vorderfront aufgestoßen und Uniformierte strömten herein. Sie trugen die langen Zündnadelgewehre
     der Deutschen, ihre schweren Stiefel knallten auf die Dielen wie Paukenschläge. Im Nu standen etwa zwanzig Mann im Lokal –
     wie eingeübt nahm jeder Soldat seinen Platz an der Wand ein, das schwere Gewehr im Anschlag.
    Dann betrat Stieber den Raum, wie immer in einem unscheinbaren Straßenrock. Er blieb in der Mitte des Restaurants stehen und
     sah sich um wie ein Spaziergänger, der sich verlaufen hat. Als er Lamartine entdeckte, ging er auf ihn zu, um ihn per Handschlag
     zu begrüßen. Lamartine war so verblüfft über diese Geste, daß er Stieber seine Hand reichte.
    Der Deutsche wandte sich an Lecoq; er wurde feierlich: »Meine Hochachtung, Herr Kollege. Ihre Idee mit diesem Danquart und
     den fingierten Mordanklagen hatte wirklich Format. Ich verhafte Sie hiermit als Hintermann des geplanten Attentates auf Seine
     Exzellenz, den deutschen Kaiser, und auf unseren Kanzler, Graf Bismarck. Das gleiche gilt für alle Mitglieder Ihrer Organisation.
     Ich nehme an, daß Ihnen klar ist: Wir haben Sie an einem konspirativen Ort in flagranti ertappt. Ich könnte Sie vor ein Kriegsgericht
     stellen oder standrechtlich erschießen lassen.«
    Zwei deutsche Soldaten trieben de Baule aus dem Hinterzimmer in den Gastraum.
    »Ich werde mich bei Ihrem Dienstherrn beschweren. Ich kenne den Grafen Bismarck noch aus London. Sie überschreiten Ihre Kompetenzen!«
     schimpfte der stellvertretende Kriegsminister.
    Stieber machte einen unmerklichen Diener. »Sollte ich das wirklich tun, Monsieur de Baule, so bitte ich Sie jetzt schonum Entschuldigung! Trotzdem möchte ich Sie lieber festnehmen und ins Pariser Militärgefängnis einweisen!«
    Er gab den Soldaten ein Zeichen. Sie begannen, die Männer aus Lecoqs Truppe einzeln abzuführen. Alle – sowohl die Festgenommenen
     als auch Stiebers Leute – machten einen Bogen um Lamartine. Er stand wie ein Unsichtbarer in dem Getümmel.
    Stieber allein schien Lamartine wahrzunehmen. »Sie hätten nicht herkommen sollen!« sagte er leise.
    »Sie haben Franc umgebracht!« fuhr Lamartine ihn an.
    Stieber zog beide Augenbrauen hoch. »Er hat sich selbst gerichtet. Gaston Franc wollte die Teilnehmer des Diners vergiften.
     Ich entdeckte ihn zufällig auf einem Rundgang   – Sie müssen wissen, das großspurige

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