Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
Vom Netzwerk:
steht bestimmt nicht auf und schreit Hurra. Wir anderen machen es routinemäßig. Da kommt noch einer.“ Er drehte sich wieder Greville zu.
    „Komm über die Straße und leg dich hin, Onkel – wenn du nicht sofort eine Kugel willst.“
    Greville ging gehorsam über die Straße und legte sich in eine Toreinfahrt, und Nibs stellte sich hinter ihn. Jim-Jim war verschwunden und ließ schon den Motor des Lastwagens laufen. So weit ein ahnungsloser Beobachter dies beurteilen konnte, war die Straße leer – bis auf einen Lieferwagen, der offensichtlich in einem merkwürdigen Winkel geparkt war.
    Greville erlaubte sich selbst ein wenig Hoffnung. Nicht zuviel, nur ein wenig. Wenn nur das Auto, das sich dort näherte, zwei oder drei gutbewaffnete Männer beherbergte!
    Die Straße verlief für ungefähr hundert Yards gerade. Dann kam eine leichte Kurve. Nibs hatte sich die Stelle sorgfältig ausgesucht. Das war nicht die Art Straße, auf der man Schwierigkeiten erwarten würde. Sie lag in der Vorstadt, war tot, uninteressant.
    Plötzlich kam das Auto, das sich näherte, um die Kurve. Es war ein uralter Landrover mit einer Planenabdeckung über dem hinteren Teil. Nibs hob einen Arm. Jemand auf der anderen Straßenseite wiederholte das Signal.
    Jim-Jim kam mit dröhnendem Motor mit dem Lastwagen aus der Seitenstraße geschossen. Der Landrover hielt mit quietschenden Bremsen an.
    Jetzt oder nie, dachte Greville. Nibs aber war ihm zuvorgekommen. Als er aufsprang, krachte ihm von hinten der Revolver auf den Kopf. Es wurde ihm schwarz vor Augen, und er fiel wieder hin. Als er wieder zu sich kam, war der Fahrer des Landrovers schon ausgestiegen und wurde von Nibs und Schlappohr verhört. Brummkopp stand mit mildem Gesichtsausdruck und angelegtem Gewehr neben Greville.
    Grevilles Hoffnungen verflogen schnell. Der Fahrer des Landrovers trug die lange schwarze Tracht eines Priesters.
     

8
     
    In fast jeder anderen Situation wäre der Priester eine komische Figur gewesen, aber hier sah er nur erbärmlich und grotesk aus. Er war ein dicklicher, kahlköpfiger Mann von etwa fünfzig Jahren. Er sah die vier mörderischen Jugendlichen, die ihm den Weg versperrten, mit einer seltsamen Mischung von Verwirrung und Selbstvertrauen an.
    Seine Reaktionen jedoch mußten einigermaßen schnell gewesen sein, denn es war ihm gelungen, seinen Wagen viel schneller als Greville anzuhalten. Der Landrover stand nun etwa zehn Yards hinter Grevilles Lieferwagen; und der fette Priester kam fast ungeduldig auf die Jungen zugewatschelt, als würde er die Waffen, die da auf ihn gerichtet waren, einfach nicht sehen. Er schien so eifrig zu sein, daß er buchstäblich über die eigenen Füße stolperte und sich dabei den Knöchel verknackst zu haben schien – zur ungeheuren Belustigung von Nibs, Schlappohr, Jim-Jim und Glotzer.
    Grinser war noch immer hinter der Hecke bei Liz, arbeitete sich emsig auf sein Ziel zu und versuchte zur gleichen Zeit, sich darüber klarzuwerden, ob sie wirklich ohnmächtig geworden war oder bloß so tat.
    Brummkopp ließ trotz der Ablenkung auf der Straße Greville nicht aus den Augen. Er ging keinerlei Risiko ein.
    Der Priester stand auf, verzog das Gesicht vor Schmerzen, humpelte ein paar Schritte und setzte sich dann wieder hin. Er kniff gegen das Sonnenlicht die Augen zusammen und sah zu Nibs hoch.
    „Guten Morgen, Pater“, sagte Nibs. „Gott sei mit Euch.“
    „Mein Sohn, warum, um Himmels willen, spielst du mir solche albernen Streiche? Wenn ich nicht so schnell hätte bremsen können, hätte ich mich vielleicht ernsthaft verletzt. Ich hätte sogar umkommen können … Wie es jetzt aussieht, bezweifle ich ernsthaft, ob ich heute noch weiterfahren kann. Mein Fuß tut mir scheußlich weh, und ich bin nervlich völlig durcheinander.“
    Diese kleine Ansprache wurde durch wieherndes Gelächter beantwortet.
    „Trösten Sie sich, Pater“, sagte Nibs. „Es würde mich keineswegs wundern, wenn Ihnen ein Zeichen geschickt worden wäre. Die Wege des Herrn sind voller Geheimnisse, glaube ich. Es wäre sogar möglich, daß Er sich dazu entschlossen hat, Ihrer Karriere als Fahrer ganz und gar ein Ende zu setzen.“
    Nibs war deutlich in Hochform. Seine Bemerkungen waren der Anlaß für weiteres Gelächter, und Schlappohr schien kurz vor einem Lachkrampf zu stehen.
    „Mein Sohn“, sagte der Priester indigniert, „es schickt sich nicht, sich über den Priesterrock lustig zu machen.“
    „Ich sehe mich gemaßregelt“, sagte Nibs.

Weitere Kostenlose Bücher