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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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machst du eigentlich hier?«
    »Na ja, ich war gerade in der Nähe, und da dachte ich mir, ich schau mal vorbei. Du solltest deine Garage übrigens nicht offen lassen. So was zieht Ungeziefer an.« Er grinste verschmitzt.
    Tom musterte ihn argwöhnisch. Ein schrilles Outfit war für Fanta nichts Ungewöhnliches, es gehörte quasi zu seinem Erscheinungsbild und unterstrich seinen unkonventionellen Charakter. Dennoch mussten sich Toms Augen jedes Mal erst an den Anblick gewöhnen, so wie sie sich nach längerer Dunkelheit wieder an Tageslicht gewöhnen mussten. Wie geblendet kniff er die Augen zusammen, als er Fantas grellbunte Lederjacke betrachtete, die ihn zu einer Art Designerhippie machte. Darunter trug er ein pinkfarbenes Seidenhemd und schwarze Jeans, die um die Taschen herum und entlang der Nähte mit kleinen silbernen Nieten verziert waren. Seine Schuhe waren eine Mischung aus Motorradboots und Cowboystiefeln, jedoch nur halbhoch und reichlich mit Schmucknähten verziert. Tom fragte sich, woher man wohl solche Klamotten bekam. Das Verwunderliche daran war, dass Stefan darin gut aussah. Vermutlich stand sein Aufzug in Einklang mit seiner Gesinnung, die irgendwo im Bereich zwischen Che Guevara und Pippi Langstrumpf angesiedelt war.
    »Nach einem Zufallsbesuch sieht das nicht aus.« Tom deutete auf den Sechserpack Bier in Fantas Hand.
    »Wie sieht’s aus? Vernichten wir ein paar von den Babys hier?«
    »Du kennst doch meine Ansicht dazu.«
    »Sicher«, sagte Fanta, »aber solange wir Freunde sind, kannst du es mir ja wohl kaum verübeln, wenn ich alles daransetze, sie zu ändern. Und du weißt ja, ich kann sehr hartnäckig sein.«
    Tom lächelte und schlug ihm auf die Schulter. »Komm mit, Karin wird sich freuen, dich zu sehen.«
    Die wenigen Wolken am Himmel hatten der Sonne nichts mehr entgegenzusetzen, und der lang erwartete Sommer schien an diesem Tag endgültig Einzug zu halten. Etwas, das Tom sehr begrüßte, da ihn die Ereignisse des Vortages in einen eher trüben Gemütszustand versetzt hatten. Doch nun hellte sich seine Stimmung mehr und mehr auf, und wohltuende Entspannung machte sich in ihm breit, was nicht allein am Wetter lag. In Fantas Gegenwart hatte er dieses Gefühl sehr oft. Vielleicht lag es an der offenen, positiven Natur seines Freundes, die auf ihn abfärbte, ihn inspirierte. Oft jedoch war Tom fest davon überzeugt, dass es da noch etwas anderes gab. Etwas, das sie beide verband. Fast so, als wären sie auf irgendeiner Ebene verwandt, als wäre er ein Teil von ihm. Rein charakterlich gesehen war das natürlich unmöglich. Ebenso gut hätte man Leitungswasser mit einem tropischen Cocktail vergleichen können. Doch so unterschiedlich ihre Ansichten auch waren, sie hatten keinerlei Einfluss auf ihre Freundschaft. In ihrem Fall schienen Gegensätze sich tatsächlich anzuziehen.
    Sie saßen auf der Terrasse im Garten, der einen eindrucksvollen Blick auf den angrenzenden See und die erblühende Landschaft bot, redeten über alltägliche Dinge und analysierten die neusten Fußballergebnisse. Gelegentlich gab Fanta ein paar seiner Witze zum Besten, über die Tom so spontan lachen musste, dass er sich an seinem Mineralwasser verschluckte. Eine Zeit lang gab ihm diese Ausgelassenheit das Gefühl, ein ganz normales Leben zu führen, und drängte all seine Sorgen und Ängste in den Hintergrund.
    Fanta, der mittlerweile bei seiner dritten Flasche Bier angelangt war, lehnte sich entspannt zurück und nahm einen weiteren kräftigen Schluck.
    »Langsam dämmert’s mir, warum dich alle Fanta nennen«, meinte Tom. »Du trinkst das Zeug, als wäre es Limonade.«
    »Höre ich da ein wenig den Moralapostel heraus?«, fragte Fanta.
    »Na ja, ich meine ja nur, wenn du dein Auto lieber stehen lassen willst … Du kannst gerne über Nacht bleiben. Das Gästezimmer wird ohnehin nie benutzt.«
    »Danke für das Angebot«, winkte Fanta ab, »aber ich muss gleich wieder los. Hab im Moment reichlich zu tun.«
    Tom fragte sich nicht zum ersten Mal, womit Stefan wohl so beschäftigt war. Obwohl er ihn als Freund betrachtete, wurde ihm erneut bewusst, wie wenig er eigentlich über ihn wusste. Ganz zu schweigen davon, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente. Er hatte ihn nie danach gefragt, und der Grund dafür lag auf der Hand. Stefan ging keiner geregelten Arbeit nach, so viel war sicher. Ansonsten wäre es ihm kaum möglich gewesen, jederzeit bei ihm aufzutauchen. Mal abgesehen davon, dass eine solche Tätigkeit

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