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Still und starr ruht der Tod

Still und starr ruht der Tod

Titel: Still und starr ruht der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmoee
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Sie ist meine Klientin. Ich habe keinen Anlass, zu unterstellen, sie hätte diese Texte geschrieben. Auf Ritas Computer, damit es so aussieht, als sei Rita die Autorin, und dann am 11.12., als ihre Freundin noch zu Hause in der Wohnung saß und die Welt in Ordnung war. Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Was hätte Simone davon?
    »Die Ratten«, sagte sie, einen Seufzer unterdrückend. »Wer hat die Ratten auf die Fußmatten gelegt? Und warum?«
    »Jedenfalls nicht Rita. Die liebt Tiere über alles. Sie könnte nie einem Tier was antun, selbst einer Ratte nicht.«
    ›Der Zirkel kann vorher eine Absprache getroffen haben. Zum Nachteil einer einzigen Person, die dadurch zum Mörder wurde.‹ Dantes Worte schossen in Katinkas Kopf herum wie Kugeln in einem Flipper.
    »Kann jemand in der Gruppe«, formulierte sie langsam, »einen Nachteil erleiden? Der sich irgendwie aus der Konstellation der Clique ergibt?«
    »Ich würde die Literaturfreunde nicht als Clique bezeichnen«, erhob Simone Einspruch. »Clique – das klingt für mich nach Spaß, nach Pferdestehlen. Aber die Runde wirkte auf mich so entsetzlich bieder …«
    Biederkeit, dachte Katinka, ist ein Versteckspiel. Unter Biederkeit verbergen sich die lästerlichsten Sehnsüchte: Sex, Erotik, Träume. Wollen und nicht können. Hass auf andere, die können. Sie dachte an Horst. An sein kaltes Auto und den Schnee, der durch das offene Fenster auf seinen toten Körper wehte.
    »Jemand hat mir gesagt, Horst sei gar nicht mehr gern zu den Treffen gekommen. Er wäre Walli zuliebe mitgegangen. Die Fahrerei quer durch Oberfranken hätte ihn genervt.«
    Hilflos hob Simone die Arme. »Mag sein. Ivo jedenfalls hat den Abend genossen. Und dieser Günther auch. Er tanzte in Birkenstocklatschen. Das sah so bescheuert aus!«
    »Wer erschien Ihnen von der ganzen Truppe eigentlich am flippigsten?«
    Zweifelnd sah Simone sich in Katinkas kleinem Büro um. »Ich habe keine Ahnung. Walli? Nein, eher nicht. Rita. Ja, Rita.«
    »Warum hat Rita sich aus dem Staub gemacht?«
    » Das weiß ich nicht !«
    »Hatte es mit dem Literatur- und Fresszirkel zu tun?«
    »Wenn ich es doch nicht einmal ahne!«
    »Hatte es mit Ihnen zu tun?«
    »Mit mir ?« Entgeistert starrte Simone Katinka an.
    »Sie haben mir Ihre Version der Geschichte erzählt. Dass Sie enttäuscht waren von Rita. Ihrer Freundin könnte es genauso gegangen sein: Sie litt darunter, dass sich ihre Wünsche nicht erfüllten. Dass Sie anders waren als erwartet!«
    »Unsinn. Rita hätte genau das wortwörtlich gesagt, anstatt sang- und klanglos abzuhauen.«
    »Sicher? Wenn ich Sie bisher richtig verstanden habe, war Rita sauer, weil Sie den Leseklub nicht mochten.«
    »Weil ich ihm nicht die nötige Ehrerbietung erwies«, brummte Simone.
    »Rita war von Ihnen enttäuscht. Mehr als enttäuscht. Sie sieht den Leseklub als etwas Bedeutendes, das sie höchstselbst auf die Beine gestellt hat. Eine persönliche Lebensleistung.« Katinka kam in den Sinn, was Artur Schweigau gesagt hatte, als Katinka das erste Mal bei dem Ehepaar in Bayreuth reingeschneit war: ›Irgendwie ist der Literatur- und Fresszirkel am Zerbrechen.‹
    »Meinen Sie?« Simone sah ehrlich erschrocken aus. »Ich wollte doch nicht … ihr Lebenswerk zerstören.«
    »Das haben Sie nicht getan. Sie haben den Klub nur nicht so wertgeschätzt, wie Rita es sich erwartet hat«, mutmaßte Katinka. Sie setzte einfach einen Gedanken in die Welt. Und dieser Gedanke begann, sich bereits in Simones Hirn festzufressen und dort Schaden anzurichten.
    »Dass der Zirkel zumindest literarisch eine Farce war, hat sie doch selbst gemerkt!«, protestierte Simone. »Wissen Sie«, ihre Stimme schien gedämpft, als entwiche ihr allmählich die Lebensenergie, »ich habe mich gar nicht in ihre Situation versetzt. Ich war zu verletzt. Vielleicht kühlte sich die Stimmung zwischen uns aus diesem Grund ab.«
    Und vielleicht kann die liebe Rita Weiß bei aller Resolutheit, die sie vorschützt, einfach nicht sachlich über Konflikte sprechen, grübelte Katinka. Sie sah auf die Uhr. Halb elf. Sie würde ein wenig aufs Gas treten müssen.
     
     
     
    30
     
    Katinka rief Motsch an, und der arrangierte ein Gespräch mit der ermittelnden Hauptkommissarin.
    »Kallweit?«, meldete diese sich nach dem ersten Klingeln.
    »Katinka Palfy.«
    »Geht’s Ihnen besser?«
    »Wie meinen?«
    »Sie sahen gestern aus wie dreimal durch den Fleischwolf gedreht.«
    »In Winterklamotten sehe ich immer so aus.«
    »Also: Was

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