Stille mein Sehnen
klang verzweifelt und brauchte Hilfe. Steven schrie mich an, ich solle beginnen, mein eigenes Leben zu leben, dass sie mich ausnutzt und manipuliert. ‚Ich habe selbst ein Kind verloren, weiß, wie sich das anfühlt, und ich lebe noch. Auch wenn die Kleine ein Unfall war und nicht bei mir lebte, tat ihr Tod nicht minder weh. Verdammt, Luca, Grace verarscht dich.‘ Ich war außer mir. Der Verlust zerriss mir selbst das Herz. Wie sollte meine Schwester das hinnehmen können? Steven stellte sich mir in den Weg, funkelte mich böse an. ‚Gehst du jetzt, bin ich weg. Diesen Zirkus mache ich nicht mehr mit. Alles dreht sich um Grace. Was ist mit dir, mit deinen Bedürfnissen und Wünschen?‘ ‚Ich habe keine Wünsche mehr‘, habe ich gesagt. Steven hielt mich fest, als ich an ihm vorbei wollte. ‚Das wahre Problem ist nicht der Tod der Kinder, sondern dass deine Schwester nicht akzeptieren kann, dass du ein eigenes Leben führst.‘ Diese Worte machten mich unsagbar wütend. Plötzlich hielt ich einen Rohrstock in der Hand. An diesem Abend verlor ich die Beherrschung. Danach habe ich aufgehört, meine Neigungen auszuleben, weil ich mir nicht mehr vertraute.“
Luca schwieg, hielt sie krampfhaft an sich gepresst, und Faith wusste, dass er lautlos weinte. Was bedeutete das: Ich verlor die Beherrschung ? Hatte Luca Steven verprügelt? Faith traute sich nicht, diese Frage laut auszusprechen.
„Als ich heimkam, saß Grace am Esstisch, strahlte mich an und füllte die Teller. ‚Da bist du ja endlich. Ich habe dein Lieblingsessen gekocht‘, sagte sie, und wie betäubt setzte ich mich zu ihr. Es ging ihr an diesem Tag nicht schlecht. Grace wollte schlichtweg nicht allein essen. In dieser Nacht ist in mir irgendetwas passiert. Ich verlor Steven, Aidan ging ich von da an aus dem Weg, und eine Woche später begannen Graces Aussetzer.“
„Wie lange ist das her?“, fragte Faith in die Stille hinein.
„Fast anderthalb Jahre.“
„Und du hast Steven nie wiedergesehen?“
„Gestern … habe ich ihn gesehen.“
Faith wollte sich aus seinen Armen befreien und ihn ansehen. Luca hielt sie unerbittlich fest.
„Steven ist Designer. Die Korsage ist von ihm. Ich war in seinem Geschäft.“
„Und wie hat er reagiert?“
„Er hat mich schweigend angesehen, sich umgedreht und ist gegangen.“
„Was ist bei dieser Session passiert?“
„Es war keine Session. Wir hatten nie Sessions. Ich war dabei, ein Andreaskreuz aufzubauen. Steven besuchte mich bei der Arbeit und …“
… wir haben miteinander geschlafen , beendete Faith den Satz im Kopf.
„Hast du ihn mit dem Rohrstock verprügelt?“
„Nein! Mehr als ein Schlag war nicht nötig, um mich wachzurütteln. In Stevens Augen stand ein derartiger Hass … Das werde ich mein Lebtag nicht vergessen.“
Und dann kommt er nach Hause und muss feststellen, dass Steven die Wahrheit gesagt hatte. Mein Gott!
„Steven war nicht nur ein Freund für dich?“
„Nein! Dafür, dass er ein Mann war, habe ich ihn sehr gemocht, aber nichts ist mit dir zu vergleichen, Faith. Das musst du mir glauben.“
„Das tue ich.“
Luca legte ihr eine Hand auf die Brust. „Glaubt mir dein Herz auch?“
Trotz dieser furchtbaren Geschichte lächelte Faith. „Ja, mein Herz vertraut und glaubt dir auch.“ Sie zog seine Finger an ihre Lippen und küsste sie. „Warum hast du nie versucht, mit ihm zu reden?“
„Was hätte ich sagen sollen? Dass er recht hatte, konnte ich mir nicht eingestehen. Kurze Zeit später wurde Graces Zustand schlimmer. Ich konnte nicht mehr klar denken.“
„Und jetzt?“
Was würde aus ihr werden, sollten Luca und dieser Steven eines Tages wieder zusammenfinden? Faith wusste, dass er unter Stevens Verlust litt, und sie wollte vor allem, dass er glücklich war.
„Irgendwie hoffte ich, dass die vergangene Zeit die Wunden heilt. Dem ist nicht so. Steven wird mir das nicht verzeihen. Die Narbe lässt es ihn nicht vergessen.“
Oh Gott! Wie fest hatte er denn zugeschlagen?
„Schlaf mit mir, Faith“, hörte sie ihn flüstern. „Zeig mir, dass ich noch ein Mensch bin.“
Das Flehen in seiner Stimme zerriss ihr das Herz. Sanft drehte sie ihn auf den Rücken, küsste die Tränen weg.
„Du bist der wundervollste Mann, der mir je begegnet ist, Luca.“
Sein Kuss war von verzweifelter Zärtlichkeit. Ohne Hast und Gier liebte sie ihn, langsam, sanft und innig. Jeden Zentimeter seiner Haut küsste und liebkoste sie und entführte ihn in die Welt der
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