Stille mein Sehnen
Ihre Stärke, und ich vertraue darauf, dass Faith durch Ihre Hingabe eines Tages normal empfinden wird.“
„Wie meinen Sie das, normal ?“
„Faith glaubt, für jedes positive Gefühl mit einem negativen zahlen zu müssen. Ich wage zu bezweifeln, dass sie tatsächlich Masochistin ist. Sie besitzt zweifelsohne extreme devote Neigungen. Wirklicher Masochismus ist hingegen weit weniger verbreitet, als man denkt. Faiths Empfindungen wurden künstlich in diese Richtung gelenkt. Man richtete sie ab, um den Bedürfnissen ihres Herrn gerecht zu werden. Wenn Sie mit Faith eine Session haben, müssen Sie sehr genau darauf achten, wie weit ihr Schmerzbedürfnis wirklich geht.“
„Ich habe einer Session beigewohnt. Sie hat die Strafschläge bewusst in die Höhe getrieben und eine weitere Bestrafung in Kauf genommen, um sich dem Lustschmerz hinzugeben.“
„Sind Sie sich sicher?“
Luca dachte an Faiths seliges Lächeln, als sie sich Janettes Fingern hingab, in dem Bewusstsein, weitere Schläge zu erhalten. Die ganze Zeit über hatte sie ihn angesehen. Konnte es sein, dass ihre Sehnsucht nach ihm damals stärker gewesen war als das Bedürfnis nach Schmerz?
„Sie sind der Meinung, Faith und ich sollten spielen?“
„Ich bin der Meinung, dass Sie Faith neue, sinnliche und lustvolle Erinnerungen schenken sollten. In welchem Umfeld das passiert, müssen Sie gemeinsam entscheiden.“ Cunningham stand auf und reichte ihm die Hand. „Eines Tages werden zwei starke und gesunde Frauen an Ihrer Seite stehen. Der Weg dorthin wird steinig sein, aber ich bin zuversichtlich: Sie werden ihn bewältigen.“
Luca erhob sich und ergriff die Hand des Professors. „Jetzt habe ich das Gefühl, selbst in Therapie zu sein.“
Cunningham grinste schelmisch. „Ich stehe jederzeit zur Verfügung.“
„Noch eine Frage: Haben Sie mich herbestellt, um über Faith zu sprechen oder wegen der Papiere?“
Das Grinsen des Professors wurde breiter. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!“
Kapitel 20
Jedes Geräusch vermeidend öffnete Luca die Tür. Es war ein seltsames Gefühl, einen eigenen Schlüssel zu dieser Wohnung zu haben. Unzählige Nächte und Tage hatte er hier verbracht, aber nie einen Schlüssel besessen. Eine tiefe, friedliche Ruhe lag über dem Apartment.
Er hängte die Jacke an die Garderobe und fluchte leise, als die Tüte mit den frischen Brötchen herunterfiel und ein ohrenbetäubendes Rascheln in die Stille warf. Auf dem Weg ins Wohnzimmer blieb er unvermittelt stehen. Auf dem Esstisch standen zwei Kaffeebecher, eine Thermoskanne, Milch und Zucker. Faith saß auf einem Stuhl, den Kopf auf die Arme gebettet, und schlief. Sie trug diesen Plüschbademantel, der in ihm das Bedürfnis auslöste, ihr das alte Ding vom Leib zu reißen.
Leise ging er zu ihr, schob einen Arm unter ihre Kniekehlen und legte ihr den anderen um den Rücken. Als er sie hochhob, schlang sie ihm die Arme um den Hals und schmiegte sich seufzend an seine Brust.
„Da bist du ja wieder“, flüsterte sie, gefangen zwischen Schlafen und Wachen. Behutsam trug er sie ins Schlafzimmer und legte sie auf dem Bett ab. Schmunzelnd sah er auf sie herab, bevor er sich auszog und an ihren Rücken kuschelte. Sie griff hinter sich, nahm seine Hand und zog diese zu sich nach vorn, um sie nicht mehr loszulassen.
„Was wollte Ben von dir?“
„Wer?“
„Cunningham.“
Luca küsste ihren Nacken. „Er will die Beruhigungsmittel absetzen und brauchte mein Einverständnis.“
„Er wird ihr helfen. Vertrau ihm!“
„Das tue ich, mein Schatz.“ Zum wiederholten Mal ließ er das Gespräch mit Cunningham Revue passieren. Erstaunlich, wie dieser Mann die intimsten Empfindungen an die Oberfläche brachte. Der Professor hatte ihn zielstrebig in die Richtung geführt, in der dieser ihn haben wollte, ohne dass Luca sich dessen bewusst wurde.
Er zog Faith fester in die Arme. Sie schnurrte leise, glitt zurück in die Welt des Schlafes. Er würde Sorge tragen, dass sie nie mehr durch Albträume aus dem Schlaf gerissen wurde. All seine Liebe und Kreativität als Master würde er aufbieten.
Der Duft von frischem Kaffee holte Luca in die Realität zurück. Noch berauscht von einem äußerst lebhaften Traum dachte er daran, dass der Kaffeeduft bedeutete, dass sie nicht mehr neben ihm lag. Seufzend drehte er sich auf den Rücken, öffnete jedoch nicht die Augen. Er sah das Bild seines Traums vor sich: Faith in Ketten, sich windend und wimmernd, die Haut erhitzt
Weitere Kostenlose Bücher