Stille meine Sehnsucht, Geliebter!
losstürmen, doch Carlo hielt ihn rechtzeitig zurück.
Santo rückte gelassen seine Krawatte zurecht. „Du brauchst dir keine Sorgen um uns zu machen, Carlo. Hol dir einen Champagner und genieß das Fest.“
Der Anwalt warf einen umsichtigen Blick Richtung Terrasse, doch offenbar hatte niemand den Streit bemerkt. „Kann ich euch wirklich beruhigt alleine lassen?“, vergewisserte er sich immer noch leicht argwöhnisch.
„Ich wollte nur eine Antwort auf eine Frage, die mich schon länger beschäftigte“, sagte Santo fast heiter und wischte mit dem Handrücken das Blut weg, das aus der kleinen Platzwunde floss. „Und jetzt habe ich sie bekommen.“
Kaum war Carlo gegangen, bedachte Santo seinen großen Bruder mit einem langen prüfenden Blick. „Wenn das Liebe ist, dann bin ich froh, dass mir dieses Los bis jetzt erspart geblieben ist. Für mich sieht es nämlich mehr aus wie die Hölle auf Erden.“
„Was hatte das Ganze hier bitte mit Liebe zu tun?“, fuhr Cristiano ihn an.
„Aus welchem Grund sonst hättest du mir das erste Mal seit fast zwanzig Jahren einen Faustschlag verpasst?“
„Wenn du deine Zunge nicht im Zaum halten kannst …“
„Ich wollte nur testen, ob du die Sache mit Laurel nach zwei Jahren endlich verdaut hast – und dem ist offenbar nicht so“, unterbrach Santo ihn. Er schnappte sich zwei Gläser Champagner vom Tablett einer vorbeieilenden Kellnerin und reichte eines davon seinem Bruder. „Hier. Trink etwas. Du kannst es gebrauchen. Ich habe mir schon gedacht, dass dein Liebeskummer noch tief sitzt. Aber ich habe nicht geahnt, wie tief.“
„Unglaublich. Cristiano hat Santo gerade einen Kinnhaken versetzt. Was eine Katastrophe ist, denn er wird mit seinen Platzwunden im Gesicht meine Hochzeitsfotos ruinieren.“ Dani raffte vorsichtig ihr langes Kleid hoch, damit es nicht zerknitterte, und kniete sich auf das Sofa, das am Fenster stand. „Und jetzt hat Santo Cristiano gegen die Wand geschleudert. Das letzte Mal, dass sie sich gerauft haben, waren sie Teenager. Ich setze mein Geld auf Cristiano. Aber es wird sicherlich ein enger Kampf.“
Laurel lief zum Fenster und schaute hinunter auf den Innenhof. „Ist er verletzt? Oh Gott, jemand sollte Santo von Cristiano wegziehen …“
„Keine Sorge. Cristiano ist immer noch der Stärkere von beiden.“ Dani warf Laurel einen prüfenden Seitenblick zu. „Ich dachte, er wäre dir vollkommen egal.“
„Nur weil ich nicht mehr in ihn verliebt bin, heißt das noch lange nicht, dass ich ihn zusammengeschlagen sehen will.“ Laurel fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen. „Was meinst du, was der Grund für ihren Streit ist?“
„ Du , natürlich. Was sonst?“
Laurel setzte sich vorsichtig auf den Rand des Sofas. „Warum gehst du nicht runter und versuchst, sie zu beruhigen?“
„Ich denke nicht im Traum daran“, entgegnete Dani lachend. „Es könnte Blut auf mein Kleid kommen. Apropos … gefällt es dir? Es ist von einem italienischen Designer, der momentan total angesagt ist.“ Dani strich sanft den Stoff glatt. „In Sizilien ist es Brauch, an dem Abend vor der Hochzeit ein grünes Kleid zu tragen. Aber was erzähle ich dir da. Das weißt du ja selber nur zu gut. Das grüne Kleid, das du damals getragen hast, war wirklich atemberaubend schön.“
Laurel spürte plötzlich wieder ein beengendes Gefühl in der Brust.
Es war das typische Warnzeichen für einen sich anbahnenden Asthmaanfall. Unauffällig warf sie einen Blick in ihre Handtasche, um zu kontrollieren, ob sie den Inhalator dabeihatte. Sie wusste aus Erfahrung, dass Stress der hauptsächliche Auslöser für ihre Attacken war. Und seit ihrer Ankunft am Flughafen von Palermo schien ihr Stresspegel kontinuierlich zu steigen. „Ich möchte lieber nicht über meine Hochzeit sprechen“, sagte sie mit tonloser Stimme.
„Du hast ein besseres Grün ausgewählt als ich“, fuhr Dani unbeirrt fort. „Nach langem Hin und Her habe ich mich für dieses Smaragdgrün entschieden. Vielleicht hätte ich doch lieber ein dunkleres Laubgrün nehmen sollen. Aber das passte leider nicht so gut zu meinen schwarzen Haaren.“
„Wie kannst du nur an Kleider denken, während deine Brüder sich vor unseren Augen prügeln?“, fragte Laurel ungläubig.
„Es ist für mich nichts Weltbewegendes. Ich bin mit ihren Raufereien schließlich aufgewachsen. Nur dass sie jetzt deutlich mehr Muskeln haben. Außerdem müssen wir uns noch keine Sorgen machen. Die Lage wird erst
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