Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition)
lassen wir uns die Ermittlungen nicht verbieten.«
Didi Bäuerle griff unterstützend ein. »Vielleicht wollt ihr ja noch einen Blick ins Innere des Turms werfen?«
Das hörte sich gut an.
Sie holten die inzwischen bibbernde, aber tapfer ausharrende Kerstin vor der Kirchentür ab. Immerhin hatte sie einen eloquenten Gesprächspartner gehabt: den Dekan.
Kurz vor der Empore zweigten ein paar steile Holzstufen in Richtung Turm ab. Auf dem Weg nach oben warfen sie einen Blick vom Aussichtsbalkon des Kirchturms.
Es hatte wieder zu schneien begonnen. Die unter der weißen Pracht liegenden Dächer der nächtlichen Altstadt wirkten beinahe märchenhaft. Hier und da überragten kleine Erkertürmchen das Häusermeer ebenso wie die prächtigen angestrahlten Zwillingstürme des Villinger Münsters.
»Atemberaubend!«, schwärmte Hummel, der für einen Moment den Mord vergessen hatte.
In der Ferne sah er die dreieckigen Hochhäuser des Terra-Wohnparks.
Dort wohnte Elke.
War in ihrer Wohnung Licht? Er wusste es nicht.
14. TENNENBRONN
Hummel konnte lange nicht einschlafen. Warum musste sein Doppelbett immer noch so leer sein? Trug er womöglich eine gewisse Mitschuld? Im Lauf der nächsten Stunden wurde ihm klar, dass es nicht zuletzt an seiner verdammten unkontrollierbaren Eifersucht lag. Er schwor sich: Wenn Elke ihm noch eine Chance geben würde, dann hielte er sich künftig mit solchen Ausbrüchen zurück.
Schlaf brachte ihm das noch lange nicht. Immer wieder schaute Hubertus auf die rote Digitalanzeige seines Radioweckers. Als er sich endlich eingeredet hatte, dass Elke und er schon wieder zusammenkommen würden, ging ihm der Mordfall im Kopf herum. Warum war dieser Dold umgebracht worden? Und von wem? Wo war der Zusammenhang zwischen den beiden Morden? Wenn es wirklich nicht Dold war, der Schlenker getötet hatte, müsste es dem tatsächlichen Mörder doch recht gewesen sein, dass man einen Unschuldigen verdächtigte.
Hummel kam nicht weiter. Außerdem spürte er angesichts der Mordgeschichten eine unbestimmte Angst in sich aufsteigen.
In dem fast siebzig Jahre alten Haus hörte er heute Nacht mehr Geräusche als sonst.
Einbrecher?
Er wälzte sich aus seinem Bett, ging ans Fenster und schaute auf die Straße. Doch da rieselte nur leise der Schnee vom Himmel.
Offenbar war er nervlich angeschlagen. Er ging nach unten in die Küche und trank ein Glas Mineralwasser.
Aber halt, war da nicht etwas gewesen? Vorsichtig tapste Hubertus in den dunklen Flur – doch, da war ganz sicher jemand. Da war ein fremder Geruch.
Und dann sah er den Schatten einer Gestalt, die auch ihn bemerkt zu haben schien.
Was sollte er tun? Das Licht anmachen? Aber möglicherweise würde der Eindringling ihn dann angreifen!
Hubertus entschied sich, mit der Mineralwasserflasche nach dem Unbekannten zu werfen. Er versuchte, die Person anzuvisieren, die nun stocksteif dazustehen schien. Zum Glück hatte er die Plastikflaschen im Haushalt vor einiger Zeit wieder durch solche aus Glas ersetzt. Das müsste reichen, um den Einbrecher niederzustrecken, zumal der eher schmächtig wirkte. Hubertus holte also aus und …
»Papi?«, wisperte es da.
Martina! Er senkte die Flasche und stöhnte, während Martina das Flurlicht anknipste.
»Verdammt noch mal, hast du mich erschreckt!«, fauchte er.
»Entschuldigung, aber ich wohne auch hier«, sagte Martina empört und erleichtert zugleich.
Das hatte er vor lauter Panik fast vergessen. Aber musste sie nicht eigentlich schon längst im Bett sein?
»Es ist fast drei Uhr morgens«, stellte er mit einem Blick auf die Uhr fest. Immer noch glaubte er, irgendwo ein Geräusch zu hören.
»Hast du etwa einen Kerl mitgebracht?«, fragte er streng. »Und wie du riechst!« Irgendwie kam ihm dieser Geruch bekannt vor.
Martina schüttelte den Kopf. »Papi! Wir waren im Bistro. So riechst du seit unzähligen Jahren, wenn du abends nach Hause kommst.« Sie zog die Nase kraus: »Es wird Zeit, dass Mami wieder einzieht. Du bist in letzter Zeit kaum auszuhalten. Gute Nacht!«
Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht und verschwand in ihrem Zimmer.
Kurz vor neun klingelte es an der Haustür. Hubertus wälzte sich in seinem Bett: Konnte Martina nicht aufmachen?
Das Klingeln wurde forscher.
Fluchend und völlig übermüdet schlurfte Hummel die Treppe hinunter und öffnete die Haustür.
»Los!«, rief Klaus. »Wir sind zum Frühstück verabredet, falls du das nicht mehr weißt!«
Er drückte ihm eine Tüte mit
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