Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition)
Geschlechts.
Riesle, Hummel und Kerstin beobachteten gespannt die Szenerie.
Kaum hatte sich die Tür mit einem lauten Knarzen geöffnet, stürmten die Polizisten an Bäuerle vorbei ins Hauptschiff des düsteren Gotteshauses. Ein Beamter postierte sich am Eingang, damit niemand entwischen konnte. Lichtkegel durchfuhren den Kirchenraum. Die Beamten durchleuchteten mit ihren großen Taschenlampen die schneeweißen Wände und die Kirchenbänke. Der Lichtschein fiel auf einen Engel mit Fanfare, der auf dem linken Flügel des Chorgestühls stand.
»Da oben auf der Empore waren die Gestalten«, flüsterte der Hausmeister einem der Beamten zu.
»Und wie kommen wir da hinauf?«, fragte der Beamte, ebenfalls im Flüsterton.
»Dort drüben hinter der offen stehenden Tür.« Didi Bäuerle, der ebenfalls mit einer Taschenlampe ausgerüstet war, leuchtete ins linke Kirchenschiff.
»Gibt’s hier kein Licht?«, fragte der Polizist, der offenbar den Einsatz leitete.
»Doch. Von der Sakristei aus kann man die Lichtschaltung zentral bedienen.«
»Worauf warten Sie dann noch?«
Bäuerle, der von der Taschenlampe des Polizisten geblendet wurde, kniff die Augen zusammen. »Könnte nicht einer von Ihnen mitkommen? Vielleicht hat sich der Täter ja dort verschanzt«, wisperte er.
Der Beamte gab seinem Kollegen ein Zeichen, Bäuerle zu folgen. Die beiden durchquerten das Kirchenschiff und verschwanden auf der gegenüberliegenden Seite hinter dem Chorgestühl.
Hummel und Riesle versuchten derweil, ebenfalls in die Kirche zu gelangen. Doch der Polizist am Eingang war dagegen.
»Gehen Sie nach Hause. Hier gibt es nichts mehr zu sehen, es könnte sogar gefährlich werden. Der Täter befindet sich vermutlich noch in der Kirche«, belehrte sie der blonde Hüne, der die Schildmütze tief ins Gesicht gezogen hatte. Hummel kam sich vor, als würde er Einlass in ein Lokal begehren, aber am Türsteher scheitern.
»Schwarzwälder Kurier«, tönte Klaus selbstbewusst und zückte seinen Presseausweis, den er immer bei sich trug.
»Das interessiert mich nicht, mein Herr. Hier handelt es sich um einen Zugriff. Und dabei hat die Presse ganz bestimmt nichts zu suchen.«
»Was ist denn hier los?«, hörten sie plötzlich eine Stimme hinter sich. Sie fuhren herum.
»Guten Abend, Herr Dekan!« Der Polizist tippte sich an die Mütze und ging die wenigen Schritte auf den Gottesmann zu, um ihm die Lage zu erklären.
Klaus zog den überraschten Hubertus blitzschnell mit zur Kirchentür, ehe sich der Polizist wieder umdrehte. Kerstin blieb zurück.
»He da, hiergeblieben!«, hörten sie den Polizisten noch rufen, doch das Manöver war bereits geglückt: Sie waren in der Benediktinerkirche, obgleich Hubertus gar nicht wusste, ob ihm das recht war.
Klaus hatte ihn mit seiner Neugierde in eine gefährliche Situation gebracht. Folgen würde ihnen der Polizist wohl nicht, hatte er doch von seinem Streifenführer die strikte Order erhalten, den Standort vor der Tür nicht zu verlassen.
Klaus schob Hubertus vor sich her. »Du kennst dich hier drin besser aus.«
Hubertus schaute sich um. Wie zu seinen besten Pfadfinderzeiten duckte er sich und schlich an der Wand entlang zu dem Türchen, von dem aus die Treppen hoch zur Silbermann-Orgel führten. Als ehemaliger Ministrant hatte er trotz der Dunkelheit eine ungefähre Orientierung. Früher hatte er sich mit seinen Kollegen sogar mal heimlich in die Benediktinergruft unter die Kirchenhalle geschlichen – und dafür eine Rüge vom damaligen Mesner erhalten.
Noch immer lag der Raum im Dunkeln. Die Polizeibeamten hatten sich aber bereits die steilen Stufen in Richtung Silbermann-Orgel hinaufgewagt.
Hummel und Riesle folgten ihnen mit gebotenem Abstand – nicht, dass sie noch für die Eindringlinge gehalten wurden. Gerade als sie die Empore erreichten, erstrahlten sämtliche Lichter. Die Polizisten, die inzwischen an der Orgel angelangt waren, gingen einen Moment lang hinter der Balustrade in Deckung. Abwechselnd, wie es die polizeilichen Sicherheitsvorschriften geboten, rückten sie nun in Richtung der funkelnden Orgelpfeifen vor.
»Da liegt ein Mann neben der Orgel«, meldete der Beamte ins Funksprechgerät, nachdem er um die Ecke gelugt hatte.
»Ich rücke vor. Gib mir Sicherung.«
Die Neugier trieb Hubertus und Klaus nun zum Orgelaufbau, wo der Polizist bereits vor dem leblosen Körper kniete, während seine Kollegin die Umgebung im Auge behielt. Schließlich konnte sich die zweite Person noch
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