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Stille Nacht

Stille Nacht

Titel: Stille Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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angesichts seiner Ausdrucksweise war sie
überzeugt, daß er älter war. Er hatte solche Angst, als Jimmy ihn
zwang, aus dem Fenster und auf die Feuerleiter zu steigen. Mit
flehenden Augen hatte er sich nach ihr umgedreht.
    Das Telefon läutete. Es war Aika, die wunderbare Frau, eine
Schwarze, die jeden Nachmittag nach Schließung der
Kindertagesstätte Gigi zusammen mit ihren Enkelkindern
abholte und auf sie aufpaßte.
    »Wollte nur sehen, ob du schon zurück bist, Cally«, erklärte
Aika mit ihrer vollen, tröstlichen Stimme. »Hast du den
Puppenmann wiedergefunden?«
»Leider nicht.«
    »Wie schade. Brauchst du noch mehr Zeit, um was zu
besorgen?«
»Nein, ich komme jetzt gleich rüber und hol Gigi ab.«
»Nein, laß nur. Sie hat schon mit meiner Bande zu Abend
gegessen. Ich brauche noch Milch fürs Frühstück, also muß ich
sowieso noch mal weg. Ich bring sie dann ungefähr in einer
halben Stunde vorbei.«
»Danke, Aika.« Cally legte den Hörer wieder auf, wobei sie
merkte, daß sie noch immer ihren Mantel anhatte und daß die
Wohnung bis auf das Licht in der Diele dunkel war. Sie legte
den Mantel ab, ging ins Schlafzimmer und machte die
Schranktür auf. Sie hielt erschrocken die Luft an, als sie sah, daß
Jimmy sich nicht nur Franks Wildlederjacke und seine braune
Hose genommen, sondern auch andere Kleidungsstücke
zerknautscht auf dem Boden des Schranks liegengelassen hatte:
ein Jackett mit Hose und einen verdreckten Mantel.
Sie beugte sich hinunter und hob die Jacke auf. Detective
Shore hatte ihr gesagt, Jimmy habe einen Gefängnisaufseher
angeschossen und ihm seine Uniform ausgezogen.
Offensichtlich war dies die Uniform und da waren
Einschußlöcher in der Jacke.
Voller Panik wickelte Cally das Jackett mit der Hose in den
Mantel ein. Angenommen, die Cops tauchten nun mit einem
Durchsuchungsbefehl auf! Die würden ihr niemals glauben, daß
Jimmy bei ihr eingebrochen war und sie von nichts gewuß t
hatte. Die wären bestimmt davon überzeugt, sie hätte ihm was
zum Anziehen gegeben. Dann mußte sie wieder ins Gefängnis
zurück. Und sie würde Gigi endgültig verlieren! Was um alles in
der Welt sollte sie nur tun?
Auf der fieberhaften Suche nach einer Lösung ging sie durch
den Wandschrank. Die Schachtel auf der oberen Ablage! Sie
enthielt das, was sie und Gigi an Sommerkleidung besaßen. Sie
zerrte die Schachtel herunter, öffnete sie, zog die Sachen heraus
und warf sie auf die Ablage zurück. Sie faltete die Uniform und
den Mantel in die Schachtel, machte sie zu, rannte zum Bett und
angelte dort nach dem Geschenkpapier, das sie darunter
deponiert hatte.
Mit hastig werkelnden Fingern schlug sie die Schachtel in das
Papier ein, das mit den klassischen rot-weiß gestreiften
Zuckerspazierstöcken dekoriert war, und schlang ein Band
darum. Dann trug sie das Paket ins Wohnzimmer und legte es
unter den Baum. Sie war gerade damit fertig, als sie es an der
Tür klingeln hörte. Mit einer glättenden Handbewegung über ihr
Haar und einem forcierten Willkommenslächeln für Gigi ging
sie zur Wohnungstür.
Detective Shore kam zusammen mit dem anderen Detective,
der ihn auch am Morgen begleitet hatte, die Treppe herauf.
»Wieder mal zu Spielchen aufgelegt, Cally?« fragte Shore.
»Hoffe ntlich nicht.«
7
    Brian saß zusammengekauert auf dem Beifahrersitz, während
Jimmy Siddons den East River Drive hinauffuhr. Er hatte sich
noch nie zuvor so gefürchtet. Ihm war Angst und Bange
gewesen, als der Mann von ihm verlangte, diese Feuerleiter dort
bis zum Dach hinaufzusteigen. Dann war er praktisch von einem
Dach zum nächsten geschleppt worden, als sie den ganzen
Straßenblock hinter sich brachten, bis sie schließlich durch ein
leeres Gebäude wieder nach unten und zu der Straße gelangten,
wo das Auto geparkt war.
    Der Mann hatte Brian in das Auto geschubst und den
Sicherheitsgurt einschnappen lassen. »Denk nur ja daran, mich
Daddy zu nennen, falls uns jemand anhält«, hatte er ihm
eingeschärft.
    Brian wußte, daß der Mann Jimmy hieß. So hatte ihn die Frau
genannt. Sie hatte so besorgt wegen Brian ausgesehen. In dem
Moment, als Jimmy ihn durch das Fenster zog, hatte sie geweint,
und Brian merkte deutlich, welche Angst sie um ihn hatte. Sie
wußte, wie seine Eltern hießen. Vielleicht rief sie ja die Polizei
an. Falls ja, würden die dann nach ihm Ausschau halten? Aber
Jimmy sagte doch, daß er ihn umbringen wolle, falls die Cops
kämen. Ob er’s

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