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Stille Seele (German Edition)

Stille Seele (German Edition)

Titel: Stille Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Lastella
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„Jetzt komm schon, Jay. Ich habe dir gesagt, wir schaffen das zusammen! Hör auf, dir den Kopf zu zerbrechen. Das steht dir nicht!“
    Was weißt du schon, dachte Jakob. Als ob es mir tatsächlich so gleichgültig wäre, wie ich immer tue. Aber mal ehrlich, was bringt es jetzt noch, mir den Arsch aufzureißen? Es ist zu spät. Meine Noten reichen niemals, um auf ein College zu kommen.
    Er starrte finster aus dem Fenster.
    „Hey Jay, komm jetzt. Sonst fängt der Englischtest noch ohne uns an.“ Carl stieß ihm kameradschaftlich in die Seite.
    „Ich komme“, sagte Jakob, aber während er Carl den langen Flur hinab folgte, krampfte sich sein Magen schmerzhaft zusammen.
     

28. Juni 2002, Jabehill, Abschlussfeier
     
    „Ich kann es nicht glauben! Wir haben es geschafft!“ Carolin sog tief den betäubenden Rauch ein, hustete kurz auf und gab Jakob dann einen innigen Kuss. Jakob spürte, wie ihm die Wirkung des Marihu anas in den Kopf stieg, während Carolins Zunge mit seiner spielte. Langsam ließ er den Rauch durch seine Nasenlöcher entweichen, erwiderte den Kuss leidenschaftlich und schob seine Hand dabei unter ihr Shirt.
    „Hey ihr beiden, sucht euch gefälligst ein Zimmer, wenn ihrs nicht mehr aushaltet.“ Lenni stocherte mit einem Stock in der Glut des L agerfeuers herum und verzog angewidert das Gesicht. Etwas entfernt spielte Kevin auf seiner Gitarre und einige der Mädchen ihres Jahrgangs tanzten dazu. Die übrigen Schüler der Abschlussklasse saßen oder standen in Grüppchen zusammen, unterhielten sich und lachten gemeinsam.
    „Was sagst du? Verschwinden wir?“ Jakobs Stimme klang rau, und sein Körper presste sich fordernd gegen Carolins Becken.
    „Das ist unsere Abschlussfeier. Wir sollten noch bleiben!“
    Ärgerlich machte er sich los. „Warum? Was habt ihr nur alle mit diesem beschissenen Abschluss. Als wäre es das Maß aller Dinge, und als gäbe es nichts anderes auf diesem Planeten!“
    „Jetzt reg dich doch nicht so auf! Es ist nun mal wichtig, und so wie wir heute zusammen sind, werden wir nie wieder zusammenkommen! Es ist etwas Besonderes!“
    „Das ist an jedem beschissenen Tag im Leben so!“
    Carolin rümpfte die Nase und kleine Fältchen bildeten sich auf ihrer Stirn. „Du bist echt ein Spielverderber!“
    Früher hatte er diesen Gesichtsausdruck an ihr geliebt. Ihre Art, das Leben locker zu sehen, es zu genießen und gleichzeitig genau zu wi ssen, was sie wollte. Er liebte sie noch immer, aber die Gewissheit, dass diese Liebe dem Leben außerhalb von Jabehill niemals standhalten würde, wurde mit jedem Tag größer. Die Ansichten, die Ideen vom Leben hatten sich, je näher sie ihrem Abschluss gekommen waren, unaufhaltsam in verschiedene Richtungen entwickelt. Sein Verlangen verebbte und er drehte sich genervt von ihr weg. „Ich geh mir ein Bier holen!“
    „Ich gehe tanzen!“ Ihr Gesicht wirkte ausdruckslos, kühl und fremd.
    „Mach das. Wir sehen uns später. Lennis Mutter holt uns ab. Wir nehmen dich dann mit!“
    „Ich fahre mit Kate und Jenna nach Hause.“ Sie sah ihn nicht an und Jakob wusste warum. Er konnte es spüren. Die ganzen letzten Monate hatte es sich hierauf zubewegt. Ihm war bewusst gewesen, dass sie ihn nie so sehr geliebt hatte wie er sie, und trotzdem hatte er angenommen, dass sie wenigstens warten würde, bis sie sich auch räumlich entfernt hätten. Er hatte immer so getan, als würde ihn die Einseitigkeit in ihrer Beziehung nicht stören, als würde diese Einse itigkeit nicht bestehen. Für Außenstehende waren sie beide das Traumpaar. Er, der Shooting Guard der örtlichen Highschool-Basketballmannschaft. Sie, Cheerleaderin und damit in der Gruppe der begehrtesten Mädchen der Schule. Zusammen immer gut drauf und in der Beziehung locker und unkompliziert, wenn der andere einmal über die Stränge schlug. Hätte man Jakob gefragt und er wäre nicht zu verbohrt gewesen, hätte er wohl zugegeben, dass ihre Beziehung von Carolins Seite aus höchstens eine Zweckgemeinschaft war. Mittlerweile bezweifelte Jakob sogar, dass von seiner Seite aus noch genügend Liebe vorhanden war.
    „Wir sehen uns morgen, Jakob!“ Sie wirkte gleichgültig.
    Er nickte stumm und ärgerte sich über ihre Art, seinen Namen auszusprechen, obwohl sie es besser wissen sollte. Er selbst hatte vor Jahren damit angefangen, die deutsche Sprechweise, auf die seine Mutter all die Jahre verbissen bestanden hatte, gegen das englische Äquivalent auszutauschen. Er war es leid gewesen,

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