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Stille Seele (German Edition)

Stille Seele (German Edition)

Titel: Stille Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Lastella
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wie ein dumpf pochender Fremdkörper anfühlte.
    William öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber Jakob schnitt ihm das Wort ab. „Nein, du musst nichts sagen, Will. Es war nett von dir, dass du mich trotz der fehlenden Papiere hast arbeiten lassen und noch netter war es, dass du mir so sehr vertraut hast, aber du bist nicht die Wohlfahrt. Ich werde mich erholen, mit dem Rest des Geldes meine Papiere abholen und dann nach Hause fahren.“ Er schluckte schwer und konzentrierte sich auf das dezente Muster des Lakens. „Es hat eben nicht sein sollen!“
    „Wenn du die Rechnung bezahlt hast, wirst du nicht mehr viel Geld über haben!“
    Jakob schüttelte den Kopf. „Ist egal. Für die Papiere wird es re ichen. Ich komme schon zurecht. Wann kann ich hier raus?“
    William stand auf und ging langsam zur Tür. „Ich werde den Doc eben fragen.“ Seine Hand lag bereits auf der Türklinke, als er leise hinzufügte: „Ich wünschte, du würdest dich anders entscheiden, J akob. Du musst nicht alles abbrechen, nur weil das hier passiert ist. Wir könnten das hinbekommen, dir helfen, und das sage ich nicht nur, weil du hervorragend gearbeitet hast, sondern auch, weil ich dich wirklich gern gewonnen habe.“ William blickte über die Schulter und die Hoffnung in seinem Gesicht verflog. Leise fügte er hinzu: „Du hast dich also entschieden?“ Er versuchte ein Lächeln, das kläglich scheiterte. „Stan wird sich die Augen ausheulen. Macht er immer, wenn einer seiner Streuner abhaut!“
     
    Es war kurz nach zwei, als Jakob die Türen zur Haupthalle des Zentrums öffnete und leise zu den Schließfächern hinüber schlich. Er fühlte sich schwach und das lag nicht nur an den Medikamenten, die Doktor Brown ihm verabreicht hatte, sondern vielmehr an den Verletzungen, den nachträglich wirkenden Bildern und seinem Entschluss, der objektiv betrachtet mit Sicherheit das Beste für alle Beteiligten war. Trotzdem verlangte er ihm seine letzten Kräfte ab. Jakob seufzte und drehte die Zahlenkombination des Vorhängeschlosses ein.
    „Wer bist du?“
    Jakob zuckte ertappt zusammen und stolperte einige Schritte rückwärts. Das grelle Licht einer Taschenlampe schien ihm direkt ins Gesicht. Mit der verbundenen Hand schirmte er seine Augen ab. „Julie?“
    „Ja, aber das war nicht die Frage. Wieso hast du uns die ganze Zeit angelogen? Was willst du hier?“ Sie war näher zu ihm herüberg ekommen und wedelte mit seinem Portemonnaie herum, während sie ihm noch immer unbarmherzig in die Augen leuchtete.
    Das Licht verstärkte den Kopfschmerz, der durch seinen Schädel pulsierte. „Kannst du vielleicht mal diese blöde Lampe ausmachen?“
    „Nein!“
    „Zu gütig! Wirklich!“
    Ohne weiter auf ihn zu reagieren, knipste sie die Taschenlampe aus und stand jetzt so nah vor ihm, dass er ihren mittlerweile vertrauten Geruch einatmete. Er schloss für einen Moment die Augen und öffnete dann die Tür des Schließfaches.
    „Dass ich nur sporadisch im Motel wohne, weißt du ja wahrschei nlich sowieso schon, oder?“ Seine Stimme klang bissiger, als er es beabsichtigt hatte.
    „Nein, das wusste ich noch nicht, aber ich hätte es mir wohl denken können. Also nochmal, was willst du hier und wer zum Henker bist du?“
    Mit einem Ruck, der ihm die Schmerzen in Wellen durch die verletzte Hand schießen ließ, beförderte er seine Taschen aus dem Schließfach und ließ sie krachend auf dem Boden aufkommen. „Es geht dich absolut nichts an und hier will ich auch nichts mehr. Ich gehe weg!“
    „Oh, na klar. Wenn’s unangenehm wird, rennst du einfach weg. Hätte ich drauf kommen können. Das hast du zuhause ja auch so g emacht, nicht wahr? Bist du nicht in der Lage, mit uns zu reden, oder willst du einfach nicht?“
    „Du würdest es nicht verstehen!“
    „Was würde ich nicht verstehen? Wieso glaubst du ständig, du könntest mit niemandem über deine Probleme reden? Ich meine, ich bin schließlich nicht minderbemittelt!“ Ein kämpferischer Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht.
    Jakob seufzte, schulterte dann seine Taschen und ging zur Auße ntür. Er hörte Julies Schritte hinter sich und hoffte, er würde die Kraft besitzen, einfach weiterzugehen.
    „Dein Name ist Jakob Atwood!“ Sie zog einen Briefumschlag aus seinem Portemonnaie und hielt ihn demonstrativ hoch.
    Er war froh, dass er seine Papiere längst weggeworfen hatte. Dieser Brief, Sarahs Brief, den Connor ihm auf der Basis in Kandahar gegeben hatte, bewies gar nichts.

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