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Stille Seele (German Edition)

Stille Seele (German Edition)

Titel: Stille Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Lastella
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an unserem See, oben bei der Waldarbeitersiedlung! Ich habe denen erzählt, ich hätte frei und wollte angeln!“
    „Dann gehörte der Brief in dem Portemonnaie also doch dir?“
    Jakob fixierte Julie und biss angestrengt auf der Unterlippe herum. „Mein Name ist Jakob Benjamin Atwood. Ich wurde am 19. April 1984 in Hamburg, Deutschland geboren. Ich kenne meinen leiblichen Vater nicht. Er starb, als ich gerade anderthalb war. Meine Mutter hat dann Jackson kennengelernt. Er ist der einzige Vater, den ich je ke nnengelernt habe und ich liebe meine Eltern, obwohl ich bezweifle, dass sie mir noch genau die gleichen Gefühle entgegenbringen, nachdem ich sie jahrelang fast um den Verstand gebracht habe und dann, als es endlich besser lief, einfach abgehauen bin.“
    „Wer ist dann Atkins?“
    Jakob senkte den Blick und seine Stimme klang brüchig. „Connor war mein Partner im Buddy-Programm der Army und mein Reisegefährte. Ich habe ihn in der Ausbildung in Fort Benning kennengelernt. Er ist zu meinem besten Freund geworden und das Erstaunliche war, dass es ihm mit mir genauso ging. Ich war echt ziemlich mies drauf zu der Zeit. Wir sind dann zusammen nach Kandahar zur ISAF-Mission versetzt worden. Wir haben uns aneinander festgehalten. Das ist wohl der Grundgedanke des Buddy-Programms. Na ja, bei uns hat es funktioniert. Wir haben über alles geredet, was ein Außenstehender wahrscheinlich nie verstehen würde!“ Er warf Julie einen vorsichtigen Blick zu. „Das soll nicht herablassend klingen. Ich dachte auch, ich hätte durch das Fernsehen einen ganz guten Einblick in die Dinge, die da drüben passieren, aber das ist Bullshit. Es ist anders, irgendwie irreal und dennoch auf eine verquere Art Alltag. Wenn du da bist, siehst du ständig, wie jemand stirbt oder verletzt wird, wie die Armut und der Hass die Menschen zerfressen, und du kannst nichts dagegen tun. Es ist, als würdest du auf der Stelle treten und dabei jeden Tag Gefahr laufen, selbst draufzugehen, und trotzdem schließen wir Freundschaften, pokern, machen Sport, als wäre es das normale Leben. Ich kann dir nicht beschreiben, wie weit entfernt es davon ist. Das kann man nicht in Worte fassen. Connor konnte mit dem ganzen psychischen Druck besser umgehen als ich. Er hat mir geholfen. Ich konnte schon nach kurzer Zeit nicht mehr schlafen, hatte Probleme, vernünftig und regelmäßig zu essen und meine Aggressionen unter Kontrolle zu halten. Er hat mir da drüben den Arsch gerettet.“
    „Was ist dann passiert?“
    Jakob schnaubte verächtlich. „Ich habe gedacht, ich hätte es geschafft, ihn zu retten, aber ich habe mich geirrt. Ich war ein Idiot. Wir wären bei einer Routinepatrouille südöstlich von Kandahars Stadtzentrum fast draufgegangen und ja, ich habe dafür gesorgt, dass er seine Verletzungen überlebt. Na ja, ich glaube bis heute, wir hatten mehr Glück als Verstand und dass wenig davon wirklich mein Verdienst war, aber das war, wofür ich später einen Orden verliehen bekommen habe. Das ist total absurd. Kinder, Männer, mein bester Freund sterben und ich bekomme als Dank einen Orden.“ Jakob schnaubte verbittert.
    „Er ist tot?“ Julie klang zaghaft und verunsichert, während sich J akob weit weg im Staub der Straßen von Kandahar befand.
    „Wir wurden beide ziemlich schwer verwundet und nach unserer Rettung nach Landstuhl ausgeflogen. Das Problem war, dass Connor diese Rettung nicht als Chance sehen konnte. Er wurde depressiv. Es war schlimmer als meine lästigen Stimmungsschwankungen und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich habe versucht, ihm Mut zu machen, ihn abzulenken, aber Tatsache ist, ich habe es nicht ernst genug genommen. Von Deutschland aus sind wir zur Genesung nach Hause geschickt worden. Wir mussten einen wichtigen Brief persönlich nach Texas bringen und von dort aus wollten wir beide über die Grenze nach Kanada. Wir haben viel darüber gesprochen und eines war uns beiden absolut klar. Wir wollte nie wieder zurück – keiner von uns! Wie es wirklich ist, sagen sie einem nicht. Es gibt Männer, die damit umgehen können, aber nur mit diesen wenigen könnten sie diesen Krieg niemals führen, deshalb verschleiern sie die Tatsachen, spielen mit den Zukunftsängsten und der wirtschaftlichen Situation der Menschen, um sie anzuwerben. Ich war so überzeugt von dieser ganzen Sache. Für mich als Person, für Amerika und für die Menschen in Afghanistan, aber das ist keine verdammte Friedensmi ssion, sondern ein

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