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Stille Sehnsucht

Stille Sehnsucht

Titel: Stille Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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lassen.“
    „Hast du es irgendwann getan?“, fragte Niko, als Tyler wieder schwieg.
    „Ich gehe heute noch einmal im Jahr zu seinem Grab. Ben war mein Freund und ihn zu besuchen ist meine Art, mich an ihn zu erinnern.“ Tyler zog an seinem Haar, bis Niko zu ihm aufsah. „Du kannst Alex nicht zurückholen, aber wenn du ihn in deinen Träumen noch für eine Weile festhalten willst, tu es einfach. Lass dir von niemandem einreden, dass es falsch ist oder verrückt. Alex war dein Bruder, Niko, du hast jedes Recht, um ihn zu trauern.“
    „Tot ist tot“, rutschte Niko heraus und Tyler runzelte die Stirn.
    „Das stimmt, aber in dem Zusammenhang finde ich es mehr als unpassend. Wer hat das zu dir gesagt?“
    Niko zuckte mit den Schultern und wich Tylers Blick aus. „Ist nicht wichtig.“
    „Doch, ich denke, das ist es“, murmelte Tyler und gab ihm einen Kuss auf die Haare. „Ich höre dir zu, wenn du darüber reden willst. Egal wann.“
    „Hm“, machte Niko nur und beschloss, das Thema für heute fallen zu lassen. Er fühlte sich unwohl dabei und er wollte vor allem nicht über seinen Vater reden.
    „Hast du einen Brief geschrieben?“, fragte Tyler nach einiger Zeit und Niko runzelte irritiert die Stirn.
    „Was meinst du?“
    Tyler antwortete nicht, sondern strich stattdessen mit einer Fingerspitze zärtlich über seinen linken Unterarm, den Niko gerade zum Teil als Kopfkissen benutzte. Niko verspannte sich völlig, als Tyler genau an der Stelle hielt, wo sein neuestes Tattoo war, das er sich nur aus einem Grund hatte stechen lassen. Zum Schutz der unter dem Tattoo liegenden feinen Narben vor neugierigen Blicken. Niko wurde übel.
    „Woher weißt du das?“
    „Ich mag deine Tattoos“, antwortete Tyler und schob ein Knie zwischen seine Oberschenkel. „Ich finde Tattoos allgemein faszinierend, hatte aber nie den Mut, mir eins stechen zu lassen. Es fühlt sich an der Stelle anders an, wenn ich die Haut berühre, als bei deinen zwei anderen Tattoos. Außerdem bin ich Bulle. Ich habe in den letzten Jahren mehrere Selbstmörder gerettet und bei einigen die toten Augen geschlossen, weil ich zu spät kam.“
    „Bandenmitglieder begehen Selbstmord?“
    „Der Großteil wird bei Schießereien getötet oder stirbt am goldenen Schuss. Aber Selbstmorde gibt es mehr, als du dir vorstellen kannst. Besonders bei Mädchen. Wegen der Aufnahmerituale, die oft in Massenvergewaltigungen ausarten.“ Tyler nahm den Finger von seinem Arm, legte die Hand unter sein Kinn und brachte Niko mit sanfter Gewalt dazu, ihn anzusehen. „Hast du ein Problem?“
    Niko wusste genau, worauf Tyler anspielte und es war die Sorge in Tylers Augen, die ihm dabei half, dem Blick standzuhalten und nicht wegzusehen. „Es war ein Fehler. Ich komme nicht sehr gut damit klar, dass Alex tot ist, das ist mir bewusst, aber ich habe nicht vor, es meinem Bruder nachzumachen. Nicht mehr.“
    Tyler nickte, spürbar erleichtert. „Deine Familie, Mik, sie wissen nichts davon, oder?“
    „Nein, und das soll auch so bleiben“, antwortete Niko ehrlich und schüttelte den Kopf, als Tyler widersprechen wollte. „Nein!“
    Sein Bulle war damit überhaupt nicht einverstanden, aber er nickte und gab nach. „In Ordnung. Ich behalte es für mich.“
    „Müsstest du jetzt nicht so etwas sagen wie 'Versprich mir, es nie wieder zu tun?'“, fragte Niko verblüfft, weil er mit einer heftigeren Reaktion gerechnet hatte.
    „Und was würde ich damit erreichen? Außer, dass du mir aus Trotz widersprichst, nicht viel, schätze ich.“
    Niko zuckte ertappt zusammen, was Tyler leise lachen ließ, aber er sagte nichts mehr dazu. Sein Bulle sah mehr, als ihm lieb war. Allerdings sollte er das jetzt besser nicht mit Tyler ausdiskutieren. Es gab Debatten, die waren von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil man sie nicht gewinnen konnte. Wozu also Zeit verschwenden?
    „Du magst meine Tattoos?“, fragte Niko stattdessen und ärgerte sich darüber, wie unsicher er plötzlich klang. Er zuckte zusammen, als Tyler mit den Fingern zärtlich über seinen rechten Hüftknochen strich, wo der kleine Drache saß, den er sich mit siebzehn, in einem Anfall von Trotz gegenüber seinem Vater, hatte machen lassen, und der das schmerzhafteste seiner Tattoos gewesen war. Er wollte wegsehen, weil Tylers Blick ihm auf einmal viel zu intensiv war, aber als Tyler leicht den Kopf schüttelte, tat er es nicht.
    „Kitzlig?“
    „Ja“, gab Niko zu und Tylers Finger strichen unter der

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