Stille Sehnsucht
verärgert nach und Niko sah vorsichtig auf. Sein Bruder schien hin und hergerissen, ob er ihn in die Arme nehmen oder anschreien sollte. Er entschied sich für Letzteres. „Das ist Schwachsinn, Niko. Du wärst niemals auf so eine dumme Idee gekommen. Alex hat das entschieden, weil er von euch beiden immer der Kämpfer war. Also hör' auf mich anzulügen.“
Niko verdrehte die Augen. „Fang' du nicht auch noch an. Ich weiß, dass ich ein Schwächling bin, das hatte ich vorhin schon zur Genüge mit Tyler.“
„So habe ich das gar nicht gemeint und das weißt du genau“, hielt Mikael ihm fuchsteufelswild vor. „Alex und du, ihr wart grundverschieden. Verrückte Ideen, die Alex am häufigsten mit der 'Kopf durch die Wand'-Methode durchsetzte, das war seine Welt und nicht deine. Du hast immer alle Seiten abgewägt, um dich am Ende allgemein für die sichere Alternative zu entscheiden. Das halte ich nicht für feige, sondern für intelligent, Niko.“
„Ich habe mitgemacht, oder? Wie intelligent nennst du das?“
„Sag' mir, warum. Erklär' mir, warum ihr das auf euch genommen habt, statt mir die Wahrheit zu sagen! Ich hätte den Arsch unseres Vaters bis nach Grönland und weiter gekickt, wenn es nötig gewesen wäre. Oder besser gesagt, Adrian hätte das getan, aber darauf kommt es gar nicht an. Wir hätten euch geholfen. Jeder von uns. Wieso habt ihr entschieden, diese Sache allein durchzuziehen?“
„Es war die einfachste Lösung“, antwortete Niko und rang nervös die Hände. „Du weißt doch, wie er ist. Sein Ruf ist alles, was zählt, und den hätten wir mit dieser CD kaputtgemacht. Also hat er uns bezahlt, damit wir den Mund halten und wir hatten unsere Ruhe.“
„Hattet ihr nicht. Hattet ihr nie“, hielt Mikael ernst dagegen und Niko wich seinem Blick aus.
„Ich weiß.“
Er zuckte zusammen, als Mikael sich plötzlich vor das Bett hockte und sein Kinn anhob, bis sie sich ansahen. „Sag' mir warum? Die Wahrheit, Niko.“
„Du kennst sie doch sch...“ Niko verstummte mitten im Wort, als Mikael ihn wissend anlächelte.
„Kein Verstecken mehr. Sag's mir.“
Verdammt. Niko schluckte. „Du darfst das nicht Colin oder Kilian erzählen, versprich' es.“
Mikaels Augen weiteten sich verblüfft, dann begriff er ohne ein weiteres Wort. „Er hat unseren Sohn benutzt? Mein Gott, Niko...“
„Er hat es nie so genau gesagt, aber er meinte, dass Kinder immer wieder Unfälle haben, besonders hübsche Jungs wie Kilian. Wir wussten nicht, was wir machen sollen. Du warst glücklich mit Colin und Kilian und wir wollten nur raus. Irgendwie, ohne dass du den wahren Grund erfährst. Aber ohne Geld hätten wir auf der Straße gestanden. Und auch wenn ihr uns geholfen hättet, was, wenn Kilian eines Tages einen Unfall gehabt hätte? Dann wären Alex und ich schuld gewesen, weil wir...“
„Nein. Stopp, Niko.“ Mikael legte ihm eine Hand über den Mund. „Weder Alex noch du wärt je an irgendetwas Schuld gewesen. Ja, ich verstehe, warum ihr das gedacht habt. Ihr wart jung und ihr hattet Angst. Unser Vater hat das ausgenutzt, um zu bekommen, was er will. Das hätte er vermutlich auch, wenn Alex nicht diesen verrückten Plan entwickelt hätte. Aber egal, was passiert ist, nichts davon war eure Schuld, Niko.“
Niko schob Mikaels Hand beiseite. „Aber...“
„Nein“, unterbrach sein Bruder ihn sofort und tippte ihm dabei bedeutsam gegen die Stirn. „Denk' nach, Niko. Du bist alt und intelligent genug, um zu wissen, wie er euch manipuliert hat. Du weißt, dass ich recht habe und das ärgert dich. Deshalb auch deine Aussage, von wegen, du wärst ein Schwächling. Du weißt verdammt gut, dass es nicht so ist, Niko.“
„Wir wollten einfach ohne Hilfe damit fertig werden.“
„Ich weiß“, stimmte Mikael ihm zu. „Aber wir beide wissen, dass Alex der Kämpfer war und du der Denker. Das hat sich wunderbar ergänzt, aber ohne Alex stehst du damit allein da. Das muss jetzt aufhören.“
„Das hat Tyler auch schon gesagt.“ Niko zögerte kurz, dann sah er Mikael direkt an. „Und Alex.“
Sein Bruder runzelte die Stirn. „Alex?“
„Ich rede mit ihm, seit er tot ist. In meinen Träumen. Hat Colin dir das nicht gesagt?“
Mikael fing an zu lächeln. „Nein. Ich denke, er wollte, dass du es mir selbst erzählst. Und was sagt Alex so?“
„Was wohl?“ Niko grinste schief. „Er drängelt schon ewig, dass ich wegen unserem Vater mit dir rede.“
„Wenn du das nächste Mal von ihm träumst,
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