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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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Augen darauf eingestellt hatten und er einen schwachen Schein erkennen konnte, mehr aber auch nicht. Er dachte mit Schrecken an das, was sich dort unten in der Dunkelheit möglicherweise befand.
    Ihn fröstelte. Unruhig sprang er auf. Nun gut, er hatte einige Zeit vertan, hatte für kurze Zeit seine missliche Lage vergessen und war nun noch niedergeschlagener als zuvor. Es gab kein Entkommen aus diesem Gefängnis. Er war erledigt.
    Er setzte sich an die Wand gelehnt hin, zog seine Knie an die Brust und starrte auf seine Stiefel.
    Seine Stiefel!
    Natürlich. Wie hatte er das nur vergessen können? Er zog den linken Stiefel aus und entfernte den Absatz. Sein Messer war noch da. Er nahm es heraus, zog mit den Fingernägeln an der Klinge und klappte es auf. Es war ein gutes Gefühl, diese kleine Waffe zu haben. Mit dem Messer konnte er endlich etwas unternehmen.
    Aber was? Er lachte bitter über sich selbst. Was konnte er mit diesem lächerlichen, kleinen Messer schon anfangen? Wohl kaum einen Gang durch den massiven Granit graben, aus dem die Mauern bestanden.
    Und was war mit der Tür?
    Ja. Das war eine Möglichkeit.
    Er stand auf und ging zur Tür.
    Sie war aus großen Eichenbalken gezimmert, die so hart und dunkel waren wie die Steine in der Wand. Die riesigen Nägel und Bolzen sahen fest genug aus, um eine ganze Armee aufzuhalten. In das Schlüsselloch passte ein Riesenschlüssel, so lang wie James’ Unterarm. Sie war wie die Tür des Riesen aus dem Märchenschloss, aber im Gegensatz dazu gab es hier keine Zauberharfe und auch keine Fee, die dem armen Jack halfen. Sein Mut verließ ihn. Er war völlig allein.
    Während er unverwandt auf die Tür starrte, fiel ihm etwas auf. Er kauerte sich nieder. Da waren Zeichen in das Holz eingeritzt. Die Buchstaben AK – Alfie Kelly. James war unendlich traurig. Der arme Kerl. Alfie hatte vermutlich einen spitzen Stein benutzt, aber nur die Oberfläche angeritzt.
    Was glaubte er selbst eigentlich mit seinem dummen, kleinen Messer anfangen zu können? Es gab keine Möglichkeit, das schwere Schloss zu öffnen. Um mit dem Taschenmesser das Holz zu durchlöchern, bräuchte er bis zu seinem Lebensende. Er malte sich schon aus, wie er mit einem langen weißen Bart Span um Span aus dem unnachgiebigen Holz schälte. Er würde hier sterben, sterben wie Alfie Kelly.
    Dann dachte er an den lockeren Mörtel rund um den Rost.
    James ging zurück zum Schacht und nahm das runde Eisengitter mit den überkreuz verlaufenden Stäben in Augenschein. Er zog daran – es gab kein bisschen nach. Aber hatte er zuvor nicht etwas von dem Mörtel weggeschlagen? Mit einem Satz sprang er auf den Rost und sah, dass durch die Wucht ein Stück des Zements wackelte. Angetrieben von dem Wunsch, etwas zu unternehmen, um nicht ins Grübeln zu verfallen, legte er sich hin und begann mit seinem Messer den Zement aufzuklopfen. Es erfüllte ihn mit Genugtuung, als nach einigen Minuten ein kleiner Klumpen weggebrochen war. Er klopfte noch stärker und bald hatte sich ein weiteres kleines Stück gelöst. Darunter kam ein sauberes, hell blitzendes Stück Gitterrost zum Vorschein. Zwanzig Minuten später hatte er eine beachtliche Fläche freigelegt, etwa ein Fünftel des Rosts. Fieberhaft machte er weiter und verlor dabei jegliches Gefühl für die Zeit. Er verscheuchte alle anderen Gedanken aus seinem Kopf und konzentrierte sich nur darauf, mit seinem Messer zu meißeln, zu schaben und zu kratzen.
    Einige Zeit später, wie lange, wusste er selbst nicht – waren es eine Stunde oder vielleicht zwei? –, hatte er das letzte Stück Zement herausgebrochen und den Rost in seinem ganzen Umfang freigelegt.
    Noch einmal klammerte er seine Finger um die schweren Gitterstäbe und versuchte den Rost anzuheben. Und diesmal gab er nach – ganz langsam. Das Ding war zentnerschwer und James konnte es gerade so weit anheben, um es ein wenig zur Seite zu schieben, wo er es mit einem Schlag zu Boden fallen ließ.
    Er wartete, bis er wieder zu Kräften gekommen war, atmete langsam und tief ein und aus, dann hob er es von neuem an und schleifte es ein kleines Stückchen weiter.
    Er brauchte fünf Anläufe, dann war der Zugang zum Schacht frei. Was nun?
    So weit hatte er nicht vorausgedacht, nicht vorausdenken wollen. Es graute ihm davor. Er schaute in die dunkle Tiefe hinunter.
    Was war da unten?
    Während er gearbeitet hatte, waren ab und zu Mörtelstückchen in das Loch gefallen und mit lautem Platschen in das schwarze Wasser

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