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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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die er aus einer alten Plane herausschnitt, und einer Holzlatte, die er aus einer morschen Kiste herausbrach. Dann setzte er sich, das Messer in der Hand, mit dem Rücken zur Wand auf den Boden und wartete.
    Er hatte keine Vorstellung, wie lang er so dasaß, vor sich hin dämmerte und gegen den Schmerz in seinem Fuß ankämpfte. Wenigstens hatte er Trinkwasser und Proviant dabei. Trotzdem fragte er sich bang, wie lange er wohl noch durchhalten würde. Plötzlich hörte er ein Geräusch. Jemand kam auf das Haus zu. Er hörte, wie die Falltür geöffnet wurde. In höchster Alarmbereitschaft spannte er sämtliche Muskeln an. Er hatte in seinem Leben schon mehr als einmal in der Patsche gesessen, aber hier befand er sich auf ungewohntem Terrain. Egal, ein Red Kelly gab niemals kampflos auf. Er hielt sein Messer in der einen und den Stecken in der anderen Hand und spähte in die Dunkelheit.
    »Kelly?«
    Es war James.
    Nie zuvor war Kelly so glücklich gewesen, jemandes Stimme zu hören.
    »Hier unten, Kumpel.« Er knipste seine Taschenlampe an und starrte verdattert auf die verdreckte, durchnässte, halb nackte Gestalt, die da mit wirren, verklebten Haaren und am ganzen Körper mit Abschürfungen übersät vor ihm stand. In der Hand hielt sie zwei nasse Bündel.
    »Verflucht noch mal, was ist mit dir passiert?«
    »Das ist eine lange Geschichte«, sagte James und klappte die Falltür hinter sich zu. »Ich erzähl sie dir, während wir uns zum Aufbruch fertig machen. Wir müssen schleunigst von hier fort. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Hellebore nach uns suchen lässt. Im Augenblick weiß er weder etwas von dir noch von diesem Versteck hier, aber das kann sich bald ändern.«
    Während James sich in seine nassen Kleider zwängte, berichtete er Kelly, was passiert war. Kelly kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Immer wieder unterbrach er James und bat ihn, das eine oder andere zu wiederholen, weil er kaum glauben konnte, was er da hörte. Eifrig streute er Bemerkungen ein – »das kann doch nicht dein Ernst sein«, »nie hätte ich gedacht …« – und unterlegte James’ Bericht mit deftigen Kommentaren.
    James Kleider waren feuchtkalt und klebten unangenehm auf der Haut. Aber schließlich war er fertig angezogen und zur Flucht bereit – so bereit, wie er unter den gegebenen Umständen überhaupt sein konnte.
    »Und was ist mit dir?«, fragte er und schielte auf Kellys Bein. »Kannst du laufen?«
    »Ich hab ja wohl keine andere Wahl, oder?«, sagte Kelly rau. »Hopsen kann ich noch, und ich hab ’nen Stecken als Krücke, aber du wirst mir trotzdem helfen müssen.«
    »Klar doch.« James holte tief Luft und sah Kelly aufmunternd an. »Hast du dir schon einen Plan ausgedacht?«
    »Nicht nur einen, Jimmyboy.« Kelly kam mühsam auf die Beine. »Aber am Ende läuft alles darauf hinaus, dass wir auf demselben Weg hinausmüssen, wie wir hereingekommen sind.«
    »Du meinst, auf der Ladefläche eines Lastwagens?«
    »Nein«, sagte Kelly. »Vorne im Wagen.«
    »Vorne?« James begriff nicht, was er meinte.
    »Nach allem, was du erzählt hast, haben wir noch etwas Zeit bis zur Morgendämmerung«, sagte Kelly und stützte sich dabei auf James. »Es wird allerhöchstens fünf Uhr sein, also ist noch keine Menschenseele unterwegs. Wenn wir warten und uns hinten im Lastwagen verstecken, kommen wir hier nie raus, denn wenn sie erst einmal Alarm schlagen, stellen Hellebores Leute hier alles auf den Kopf. Und wie wollen wir überhaupt wissen, welche Lastwagen heute wegfahren?«
    »Schon gut«, sagte James. »Aber ich begreife immer noch nicht, was du –«
    »Ganz einfach«, unterbrach ihn Kelly. »Die Tore werden Tag und Nacht bewacht. Aber so ein großer Lastwagen fährt doch mit Leichtigkeit alles über den Haufen.«
    »Ja, aber wer soll die Kiste fahren?« James war so schwindelig, dass er sich hinsetzen musste.
    »Ich mit meinem lädierten Bein jedenfalls nicht, Sherlock«, sagte Kelly.
    »Aber ich habe bisher nur das Auto meines Onkels gefahren«, protestierte James. »Ein Lastwagen ist etwas ganz anderes.«
    »Dann wirst du es eben jetzt lernen«, erwiderte Kelly ungerührt.
    »Sie werden uns verfolgen.«
    »Nicht wenn wir die anderen Fahrzeuge fahruntüchtig machen. Das hält sie zwar nicht für immer auf, aber es verschafft uns den nötigen Vorsprung, um vor ihnen Keithly zu erreichen.«
    »Ich weiß nicht recht …«
    »Wenn du einen besseren Plan hast, dann spuck ihn aus, Kumpel«, sagte Kelly energisch. »Ich kann

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