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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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lauten Angstschrei zur Seite sprang.
    Die großen, hölzernen Tore kamen näher und näher und James fragte sich, ob sie tatsächlich schnell genug fuhren, um sie zu durchbrechen.
    Nun, es gab nur eine Möglichkeit, dies herauszufinden.
    »Halt dich fest!«, schrie James und kniff die Augen zu, als sie das Tor mit einem fürchterlichen Knall rammten. Holztrümmer flogen über die Kühlerhaube und krachten gegen die Windschutzscheibe, aber die Tore gaben nach und im nächsten Augenblick waren sie hindurch.
    Der Lastwagen hatte kaum an Fahrt verloren und die zweiten Tore gaben ebenso leicht nach, allerdings wurde die Windschutzscheibe diesmal von einem durch die Luft fliegenden großen Splitter eines Holzbalkens beschädigt.
    »Juhuu!«, schrie Kelly. Er beugte sich aus dem Fenster und schüttelte die Faust triumphierend in Richtung Schloss.
    »Bis später, ihr Trottel.«
    Der Motor jaulte auf und ruckelte und stotterte und die beiden Jungen flogen aus ihren Sitzen nach vorne.
    Kelly schaute James ängstlich an. »Ist alles in Ordnung mit der Karre?«
    »Ja, tut mir Leid. Falscher Gang.« James bekam das Fahrzeug wieder unter Kontrolle und sie rasten weiter die Straße entlang.
    Den Albion zu fahren war nicht viel anders als hinter dem Lenkrad von Onkel Max’ Auto zu sitzen, nur dass er sehr viel größer und schwerer war. In den Kurven musste James darauf Acht geben, dass der Wagen nicht umkippte oder ins Schleudern geriet. Er musste seine ganze Kraft aufwenden, um das riesige Lenkrad zu bewegen, und es kam ihm vor, als müsse man es endlos drehen, nur um die leichteste Kurve zu nehmen.
    Aber je länger sie fuhren, desto mehr wuchs sein Selbstvertrauen. Er lockerte den Griff, mit dem er das Lenkrad umklammert hatte, und gönnte seinen verkrampften Muskeln ein wenig Entspannung. Allzu bequem durfte er es sich jedoch nicht machen, denn die Fahrbahn war sehr stark ausgefahren und der Lastwagen schlingerte so heftig in den Fahrrillen, dass ihre Zähne aufeinander schlugen.
    Der Lastwagen war schwer und stark, aber nicht schnell, und die Straße nach Keithly war alles andere als gerade; sie führte in vielen Windungen durchs Moor, von einem winzigen Dorf zum nächsten, kleine Weiler aus ein oder zwei Häusern, die meisten davon verlassen und verfallen.
    »Kapitäne der Landstraße, was, Jimmyboy?« Kelly stützte seinen gesunden Fuß auf das Armaturenbrett, rutschte in seinem Sitz nach unten und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
    »Werd bloß nicht übermütig«, sagte James. »Noch haben wir es nicht geschafft. Selbst wenn wir bis nach Keithly kommen, wir müssen Sergeant White erst noch davon überzeugen, dass wir die Wahrheit sagen. Wem wird er wohl mehr glauben? Uns, zwei Jungen, die einen Lastwagen geklaut haben, oder Lord Randolph Hellebore, dem uneingeschränkten Herrscher über diese Gegend?«
    »White, dieser alte Fettsack, muss doch nur zum Schloss hinaufgehen und sich selbst umschauen.«
    »Und was sieht er dort? Aale in Bassins. Einige sehr große Schweine. Ein paar Wissenschaftler, die merkwürdige Experimente durchführen. Randolph kann ihn mit seinen Forschungen hinters Licht führen, so lange er will.«
    »Ja, ja, schon gut«, sagte Kelly mürrisch.
    »Angenommen, wir schaffen es tatsächlich bis nach Keithly«, fuhr James fort. »Was, wenn Hellebore bereits dort angerufen hat? Was, wenn er längst seine Leute in Keithly alarmiert hat? Dann werden wir noch auf der Landstraße abgefangen.«
    »Hör auf damit«, sagte Kelly. »Gerade hatte ich angefangen, mich etwas zu freuen.«
    Bis jetzt war keine Menschenseele zu sehen gewesen. Der Lastwagen tuckerte geräuschvoll die Straße entlang und mit jeder Meile, die sie zurücklegten, kamen sie ihrem Zuhause näher. James hätte eigentlich glücklich sein müssen, aber er wusste, dass er sich erst dann völlig sicher fühlen konnte, wenn er wieder in seinem Bett in Max’ Hütte lag und Hellebore hinter Schloss und Riegel saß.
    Sie fuhren an zwei weiß getünchten, strohgedeckten Häusern vorbei, aber niemand ließ sich blicken. Dann machte die Straße einen weiten Bogen und zog sich einen steilen Hang hinauf. Als sie oben angekommen waren, hatten sie freie Sicht in alle Richtungen. James hielt den Wagen an, öffnete die Fahrertür und sprang hinunter, um sich ein wenig umzuschauen.
    Es war ein kalter Morgen. Mittlerweile hatte es angefangen, zu nieseln. Der Himmel war schiefergrau und wolkenverhangen und der Wind pfiff erbärmlich über die einsamen

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