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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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Fremde. »Aber das nützt uns alles beide nichts.«
    »Wovon sprechen Sie überhaupt?«, fragte Kelly.
    »Ich mache ein wenig Konversation, das ist alles«, brummte der Mann. »Du brauchst kein Messer.« Er zog eine Zigarre aus der Jackentasche, biss das Ende ab, steckte sie zwischen seine dicken Lippen und zündete sie mit einem Feuerzeug an. Tabakrauch stieg James in die Nase.
    »Lass gut sein«, flüsterte er Kelly zu. »Am besten, wir reden mit ihm.«
    Kelly seufzte und nickte dann. Sie krochen hinter dem Gebüsch hervor, klopften den Schmutz und Blätter von ihren Kleidern und gingen zu dem Mann hin, der es sich inzwischen auf einem Felsbrocken gemütlich gemacht hatte.
    »Dachte mir schon, dass ihr noch Kinder seid«, sagte er. »Ich habe euch vom Hügel aus gesehen. Erschrecken wollte ich euch allerdings nicht. Ich bin nur von Natur aus sehr neugierig.« Der Mann streckte seine große, kantige Hand aus. James schüttelte sie und betrachtete dabei den Fremden aus der Nähe.
    Der Mann sah aus, als hätte er ein wechselvolles Leben hinter sich. Er hatte eine platt gedrückte, wulstige Nase, die beim Atmen ein pfeifendes Geräusch von sich gab. Sein linkes Ohr war vernarbt und ein Auge war blutunterlaufen, weil mehrere Äderchen geplatzt waren. Ganz offensichtlich hatte der Mann mehr Kämpfe ausgefochten, als ihm gut tat. Seine dunkelrote, fleckige Haut verriet, dass er häufiger zu tief ins Glas schaute. James roch seine Whiskyfahne. Außerdem schwitzte der Mann stark und wischte sich alle paar Minuten mit einem großen, getupften Taschentuch übers Gesicht.
    »Mike Moran ist mein Name«, quetschte er zwischen den Zähnen hervor, denn in seinem Mundwinkel klemmte die Zigarre. »Besser bekannt als Meatpacker.«
    Nun stellten sich auch James und Kelly vor.
    »Wirklich nett, euch kennen zu lernen«, sagte Meatpacker und spuckte ein paar Tabakkrümel aus. »Ich habe euch beide im Auge behalten«, sagte er und tippte sich an das blutunterlaufene Auge. »Wollte wissen, was ihr vorhabt. Als ich vom Hügel herunterkam, wart ihr mit einem Mal verschwunden. Aber dem scharfen Auge des alten Meatpacker entgeht so schnell nichts. Ihr habt Spuren hinterlassen, seht ihr?« Er führte sie zu einer bestimmten Stelle und zeigte stolz auf einen Fußabdruck in der Erde.
    »Indiz Nummer eins«, sagte er mit einem breiten Lächeln, das eine Reihe von stumpfen gelben Zähnen entblößte. »Ihr solltet in Zukunft etwas vorsichtiger sein.«
    James starrte auf den Fußabdruck. Er war zwar kein Fachmann, doch er wusste gleich, dass etwas nicht stimmte. Dann erkannte er, was es war. Der Abdruck war trocken und in die weiche Erde eingebrannt, was bedeutete, dass er nicht erst an diesem Tag entstanden war, sondern früher – als der Boden noch weich und feucht war, ehe ihn die Frühlingssonne der letzen Tage ausgedorrt hatte. James besah ihn sich näher. Nein, der Abdruck stammte weder von seinen Turnschuhen noch von Kellys alten Tretern.
    Meatpacker stand auf und trat vor den Zaun. Er ließ seinen Blick über den See schweifen und sagte: »Ziemlich einsam hier oben. Was habt ihr zwei hier zu suchen?«
    »Wir sind durch die Gegend gewandert«, sagte James und forderte Kelly mit einer raschen Handbewegung auf, sich den Fußabdruck genauer anzuschauen. Kelly schielte in die Richtung, verstand jedoch nicht, was James meinte, und zuckte ratlos mit den Schultern.
    Meatpacker schlenderte zu dem Gebüsch, hinter dem sich die beiden Jungen versteckt gehalten hatten. »Was ist an diesem Gestrüpp so interessant?«, dachte er laut nach.
    »Schau genau hin«, zischte James Kelly zu und deutete auf den eingetrockneten Fußabdruck. »Er stammt nicht von uns.«
    Kelly probierte aus, ob sein Schuh zu dem Abdruck passte, aber er war zu groß. »Du könntest Recht haben«, sagte er leise, gerade als Meatpacker wieder hinter dem Gebüsch hervortrat und eine stinkende Rauchwolke in die Luft blies.
    »He«, sagte er. »Was hattet ihr dahinten eigentlich zu suchen?«
    »Wir sahen Sie kommen und hielten es für besser, uns zu verstecken«, erklärte James.
    »Und warum glaubtet ihr euch verstecken zu müssen, hm?«, fragte Meatpacker. Er trat ganz nah an James heran und starrte ihn mit seinem gesunden Auge durchdringend an.
    »Fremde mögen sie hier nicht«, sagte James. »Sie haben ja den Zaun und das Schild gesehen.«
    »Ja, das habe ich. Und da fragt man sich doch: Warum brauchen die überhaupt so einen Zaun? Hier in der Einöde, Meilen von jeder Behausung

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