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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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kommt.«
    Im selben Augenblick hörten sie das Geräusch eines Motors. Sie verkrochen sich hinter einem Felsen und spähten auf den schmalen Feldweg hinab, der nach Keithly führte.
    »Es ist ein Polizeiauto«, sagte Kelly.
    James richtete sein Fernglas auf das schwarze Auto in schneller Fahrt, das einen Schleier aus Schmutz und Wasser hinter sich aufwirbelte. Vorne im Wagen waren die Umrisse von zwei Polizisten zu erkennen.
    »Los«, sagte James. »Lass uns herausfinden, was sie vorhaben.«
    Von ihrem Versteck auf dem Hügel aus beobachteten sie, wie das Auto das Torhaus passierte und anhielt. Der Wachposten kam aus seinem Häuschen. Von dem Gewehr, das er zuvor gehabt hatte, war keine Spur zu sehen. Er war überaus freundlich und winkte das Auto zum Schloss weiter. Das Fahrzeug fuhr langsam den Damm entlang und parkte am anderen Ende, wo sich eine kleine Gruppe von Leuten auf der Brücke versammelt hatte, die angestrengt ins Wasser schaute. Als die Polizisten ausstiegen, öffnete sich das Schlosstor und Lord Hellebore erschien.
    Zielstrebig ging er auf die Neuankömmlinge zu und schüttelte ihnen die Hand.
    Einer der Polizisten war jung und dünn, der andere war älter und ziemlich dick. Seine zu enge Uniform drohte aus allen Nähten zu platzen.
    »Das muss Sergeant White sein«, sagte James.
    »Ja«, stimmte Red Kelly zu. »Ich habe ihn in Keithly gesehen. Das ist ein Mann, der seine Pasteten liebt.«
    Sergeant White lächelte Lord Randolph zu und nickte mit dem Kopf, während der jüngere Polizist sich mit einem Bleistift Notizen machte. Randolph deutete mehrmals auf das Wasser und zuckte hin und wieder mit den Achseln, als Sergeant White ihn etwas fragte. Plötzlich schrie einer der Männer auf der Brücke laut auf und alle stürzten zu ihm hinüber.
    James konnte jetzt erkennen, dass der Mann, der den Schrei ausgestoßen hatte, mit einer Art Bootshaken im Schlossgraben fischte. Offensichtlich hatte er einen Gegenstand zu fassen bekommen, denn er begann zu ziehen. Zwei andere Männer kamen ihm zu Hilfe und allmählich zogen sie einen großen, weichen Gegenstand aus dem Wasser.
    Es war ein menschlicher Körper.
    »Himmel und Hölle«, sagte Kelly, das Fernglas fest ans Gesicht gepresst. »Schau dir das mal an.«
    Der Körper war bekleidet, und obwohl er mit ziemlich viel klebrigem grünem Schlamm bedeckt und die Kleidung stark zerrissen und durchlöchert war, erkannte James die unverwechselbare Hose im Schottenkaro. Ein Hosenbein war hochgerutscht und man sah die kleine, perlmuttbesetzte Pistole, die am Strumpf festgeschnallt war.
    »Es ist Meatpacker«, stieß er hervor.
    Erstaunlicherweise schien er noch am Leben zu sein. Jedenfalls bewegte sich der Körper.
    Einige der Leute wandten sich ab und rannten weg. Sie hielten sich Mund und Nase zu. Jetzt hatte James eine bessere Sicht.
    Gleich darauf wünschte er, es wäre nicht so.
    Als Erstes sah er Meatpackers Gesicht.
    Nur, es war kein Gesicht mehr. Ein paar Hautfetzen und Muskeln waren übrig, alles andere war weggerissen. James begriff sofort, welches Tier dies getan hatte. Und da sah er sie. Wie lebendige Locken hatten sie sich in sein Haar verbissen. James wollte wegschauen, aber er konnte nicht. Er war von dem Anblick wie hypnotisiert.
    Der Mann mit dem Stock stach auf Meatpackers Körper ein. Die Knöpfe seines Anzugs gaben nach, die Kleidung öffnete sich und gab ein wirres Knäuel grauer und schwarzer Aale frei. Das war es, was sich bewegt hatte. James kam sich lächerlich vor, dass er geglaubt hatte, Meatpacker könnte noch am Leben sein.
    James musste an die Waffe denken. Was hätte sie gegen diesen Feind nützen können?
    Die Männer waren alle zurückgewichen. Keiner konnte diesen scheußlichen Anblick ertragen. Sergeant White tröstete den jüngeren Polizisten, der schluchzte. Einigen war übel geworden, und auch James spürte, wie sein Magen revoltierte. Aber er bekämpfte dieses Gefühl. Er hielt das Fernglas fest an seine Augen gepresst, denn ihn interessierte die Reaktion eines bestimmten Mannes. Er wollte Lord Hellebores Gesicht sehen.
    Randolph Hellebore stand da, groß und mit geradem Rücken, und sah auf den Leichnam herab. Sein Gesichtsausdruck war nicht entsetzt, sondern fasziniert.
    James wollte etwas zu Kelly sagen, aber dann sah er, dass sein Freund sich heimlich übergab.
    James drehte sich auf den Rücken und blieb so liegen. Er schaute in den dunkler werdenden Himmel. Er atmete in langen, tiefen Atemzügen die klare und frische Luft

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