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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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ein und versuchte den Anblick von Meatpackers zerfetztem Körper aus seinen Gedanken zu verbannen. Doch er wusste genau, dass dieser ihn für den Rest seines Lebens verfolgen würde.

Im Dunkeln sehen Ungeheuer nichts
    D as wär’s, Mr. Bond«, sagte Kelly wie ein hochnäsiger Schuhverkäufer und gab James die Stiefel zurück. »Keiner kommt auf die Idee, dass es da drin ist«.
    James betrachtete Kellys Arbeit. »Wirklich verblüffend«, sagte er und lächelte.
     

    Kelly hatte die letzte halbe Stunde damit verbracht, ein Geheimfach in James’ Absatz zu basteln. Daheim in London müsse er oft Sachen verstecken, hatte er erklärt und James hatte darauf verzichtet, genauer nachzufragen. Mit seinem Federmesser hatte der ältere Junge den Absatz ausgehöhlt und einen Raum geschaffen, der groß genug war für James’ kleines Klappmesser; dann hatte er aus der oberen Absatzsohle einen raffinierten Verschluss fabriziert.
    Sie waren so lange in der Nähe des Schlosses geblieben, bis der Krankenwagen kam. Inzwischen waren die meisten Aale von Meatpackers Körper weggekrochen und ins Wasser zurückgeglitten. Die restlichen Tiere wurden von ein paar der weniger zimperlichen Männer über den Boden gestoßen und ins Wasser getrieben.
    Die zwei entsetzten Sanitäter hüllten den Leichnam ein, der fast nur noch ein Skelett in schmierigen Lumpen war, legten ihn auf eine Bahre und luden ihn in ihr Fahrzeug, ehe sie langsam wegfuhren. Es bestand kein Grund zur Eile. Meatpacker brauchte keinen Arzt mehr.
    Sergeant White und der junge Wachtmeister waren mit Lord Randolph ins Schloss gegangen; danach passierte nichts mehr, bis die Polizisten etwa eine Stunde später wieder gingen.
    Bei Einbruch der Dunkelheit hatten die beiden Jungen ihr Versteck verlassen und sich auf die Suche nach einem guten Lagerplatz gemacht, möglichst weit entfernt vom Schloss und allem menschlichen Treiben. Auf dem Rückweg um den See waren sie an Meatpackers Lagerplatz im Dickicht vorbeigekommen, jedoch weitergegangen, bis sie einen geschützten Platz unter einem hohen, überhängenden Felsen zwischen einigen Birken gefunden hatten, die mit ihren Wurzeln für einen halbwegs trockenen Boden sorgten.
    James zog seine Stiefel wieder an und band die Schnürsenkel fest. »Glaubst du, es ist schon dunkel genug?«, fragte er.
    »Lass uns noch warten!«
    »Und in der Zwischenzeit bringst du mir bei, wie man richtig gemein kämpft«, sagte James. »Es könnte noch von Nutzen sein.«
    »Gemein kämpfen, was soll das sein? Das gibt es eigentlich gar nicht«, sagte Kelly. »Man kämpft, um zu gewinnen, das ist alles. Mach, was du willst, vergiss die Regeln Jimmy. Du musst treten, kratzen, beißen, mit den Fingernägeln krallen … einfach alles, um deinem Feind so viel und so schnell wie möglich wehzutun, bevor er dir wehtut. Ziele auf die weichen Körperteile, die Augen, die Nase, die Achselhöhle, den Bauch und natürlich dorthin, wo es einem Kerl am meisten wehtut«.
    James schaute nach unten und verzog das Gesicht.
    »Genau«, lachte Kelly. »Ein solcher Tiefschlag, und dein Gegner ist für den Rest des Tages außer Gefecht gesetzt. Weißt du, wie man einen Kampf gewinnt? Indem man die Angst überwindet.«
    »Die Angst, verletzt zu werden?«
    »Nein, Jimmy, die Angst, jemand anderen zu verletzen. Du brauchst ’ne Menge Schneid, um jemanden zusammenzuschlagen. Es ist nicht leicht, einem andern so richtig eins auf die Birne zu geben oder sein bestes Stück zu malträtieren. Deshalb kämpfen die meisten Burschen auch nur, wenn sie betrunken sind. Am besten«, sagte er ernst, »du lernst einem Kampf aus dem Weg zu gehen. Manchmal ist er unvermeidlich, und dann musst du ihn so schnell wie möglich hinter dich bringen.«
    Kelly zeigte James einige Tricks – wie man den Gegner zu Boden wirft oder sich aus einem Würgegriff befreit, wie man zuschlägt, ohne sich die Hand zu verletzen – und sie verbrachten eine vergnügliche Stunde lang damit, gegeneinander zu kämpfen.
    Schließlich hörten sie auf. Kelly blickte zum Himmel. Der Halbmond schien hell und die ersten Sterne waren zu sehen.
    »Wir sollten uns auf die Socken machen«, sagte er.
    »Hast du eine Idee, wie wir auf die andere Seite des Zauns gelangen?«, fragte James.
    »Ja. Es hat keinen Zweck, die Stelle zu suchen, an der Meatpacker eindrang, denn die haben sie sicher schon repariert.«
    »Was dann?«, fragte James und überprüfte die Taschenlampe, die Charmian ihm am Abend zuvor gegeben hatte.
    »Ich hab

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