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Stiller Tod: Thriller (German Edition)

Stiller Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Stiller Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Smith
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anschaute und versuchte, die Stimme seines Vaters auszublenden, der ihn ins Schlafzimmer rief.

KAPITEL 13
    Exley sitzt in der immerwährenden Mitternacht seines Studios, umhüllt von dem tröstlichen Summen und Sirren seines Computers. Kapstadt ist weit weg, seine verrückte Frau bloß eine Schleierspur aus Zigarettenrauch oben im Schlafzimmer, und seine tote Tochter kehrt auf dem Monitor vor ihm langsam ins Leben zurück, gerade rechtzeitig für die Trauerfeier morgen früh.
    Und es ist wirklich Sunny, die ihm da entgegenstarrt. Eine kahlköpfige Sunny, aber das bringt er bald in Ordnung. Klar, er wird den Trauergästen morgen eine unvollständige Arbeit zeigen, aber mehr schafft er in der kurzen Zeit einfach nicht. Er würde sie gern in ein Partykleid stecken, etwas mit Spitzen und Rüschen und aus einem bauschigen Stoff, der schwingt, wenn sie sich bewegt, aber davon hat er sich verabschiedet. Stattdessen modelliert er sie in einem engen T-Shirt und Shorts, typisch für Sunny und leichter naturgetreu darzustellen.
    Jetzt zum Haar. Er ruft ein Plug-in auf, das Haarfollikel generiert, und mit einem Slider kann er die exakte Länge und die Menge an Locken bestimmen. Um dem Ganzen Dynamik zu verleihen, lässt er eine Echtzeit-Preview laufen, dreht das Modell im 3D-Raum, und Sunnys Haar wippt und schwingt.
    Es ist so überzeugend, dass er unwillkürlich den Arm hebt, um eine lockige Strähne zu berühren. Er weiß, er benimmt sich idiotisch, aber er legt die Hand dennoch an den Monitor, spürt, wie sich die Härchen an seinem Arm aufrichten, wie durch ein Kraftfeld, das von Sunnys Aura ausgeht.
    Es ist die scheißstatische Aufladung des Plasmabildschirms. Mehr nicht.
    Arschloch.
    Und mit einem Mal ist seine Tochter wieder tot. Er starrt lediglich ihre Nachbildung an. Exley fühlt sich plötzlich krank vor Trauer und Schuldgefühlen, empfindet echten physischen Schmerz, stößt sich von seinem Sessel hoch und geht durch das stille Haus hinaus auf die Veranda, bleibt in der Dämmerung stehen und lauscht dem Ozean, der Sunnys Leben nahm.
    Es ist eine böse Ironie des Schicksals, dass das in Kapstadt passiert ist, dessen ist Exley sich bewusst. Als sich ihm die Gelegenheit bot, dem Winter in nördlichen Breiten zu entfliehen und nach Afrika zu kommen, um seine MoCap-Erfindung zu vermarkten, ergriff er sie unverzüglich. Es war gut fürs Geschäft (Südafrika hat so etwas wie eine Film- und Fernsehindustrie und lockt mit seinem Klima, seiner Schönheit und seiner im Vergleich zum Dollar und Euro schwachen Währung ausländische Filmemacher an), aber es war auch eine Gelegenheit für ihn, seine Familie in die Stadt zu bringen, die für ihn am ehesten so etwas wie eine Heimatstadt war.
    Exleys Vater war Amerikaner, Auslandskorrespondent bei der New York Times , und seine Mutter Australierin, deren Schoß nach Exleys Geburt den Betrieb einstellte. Sie hatten schon in fünf Ländern gelebt, als sie Anfang der achtziger Jahre schließlich in Kapstadt ankamen, nachdem sein Vater den Posten bekommen hatte, über Südafrika und seine Nachbarstaaten zu berichten. Der Apartheidskonflikt hatte seinen traurigen Höhepunkt erreicht, und die internationale Kritik am weißen Regime wurde immer lauter.
    Die Exleys lebten drei Jahre lang in einer weitläufigen Kolonialvilla im regnerischen Newlands, weit weg vom Ozean, an den Berghang geschmiegt, mit dem Kricketstadion so nah, dass man an Spieltagen die vornehmen Schlachtrufe hören konnte.
    Es war die Zeit der Reagan-Regierung (einer der Gründe, warum Exleys Vater lieber diesen Posten angenommen hatte, den viele als eine Art Verbannung betrachteten, anstatt nach Hause zurückzukehren), und Tom Exley hasste den Präsidenten mit solcher Inbrunst, dasser ihn stets nur »Ronald Arschloch Reagan« nannte. Als der siebenjährige Exley mit kurz geschorenem Haar und in der bescheuerten Uniform seiner reinen Weißenschule von einem schmallippigen Lehrer gefragt wurde, wer denn Präsident der USA sei, blinzelte er und sagte ganz selbstverständlich: »Ronald Arschloch Reagan.«
    Was zu einem Tadel und einem Eltern-Lehrer-Gespräch führte. Sein Vater gab sich angemessen empört, zwinkerte Exley aber zu, als sie die Schule verließen, und Exley wusste, dass er die Anekdote monatelang im Cape-Town-Press-Club zum Besten geben würde.
    Zwei Jahre später, nachdem er über den Bürgerkrieg in Angola berichtet hatte, trat sein Vater auf eine Landmine. Exley und seine Mutter lebten erst eine Weile bei

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