Stiller Tod: Thriller (German Edition)
ehrgeiziger Bulle. Hat ständig versucht, Vernon irgendwas anzuhängen, damals, als er noch bei der Polizei war. War aber nie clever genug dafür, und Vernon konnte ihm in sein Hundezwingergesicht lachen. Ja, wenn Erasmus die Chance sieht, sich zu revanchieren, wird er sich drauf stürzen.
Doch Vernon weiß auch, dass der Detective eine ganze Latte von Fällen zu bearbeiten hat und für eine Null wie Boogie nicht mehr viel Zeit vergeuden kann. Bedenklich ist nur, dass Erasmus bei Dawn rumgeschnüffelt hat, wie er von einem Exkollegen erfahren hat. Dawn hat natürlich keinen blassen Schimmer, was in der Nacht passiert ist, aber die Frau ist nicht blöd. Könnte sich ein paar Dinge zusammenreimen. Dino Erasmus eine Idee in den Kopf setzen. Für Vernon kein Problem, er hat so seine Möglichkeiten, die Dawn-Situation in den Griff zu kriegen.
Er hält mit dem Civic vor einer schäbigen Ansammlung von staubbraunen Ziegelbauten direkt vor der Bahntrasse. Eine Bibliothek, eine Praxis für Mütter und Kinder, und die Büros vom Jugendamt. Vernon stellt die Musik ab, schließt das Autofenster und wuchtet sich aus dem Civic, wobei sein kaputtes Bein ihm zu schaffen macht.
Er drückt den Knopf am Schlüssel, und der Wagen zwitschert, als sich die Türen verriegeln und die Alarmanlage aktiviert wird. Vernon schüttelt das Blut zurück in sein Bein und geht den Weg zum Jugendamt hoch. Ein alter Mann im Overall eines städtischen Angestellten stutzt einen mickrigen Baum, den die peitschenden Südostwinde mit den Jahren völlig verbogen haben.
»Morgen, mein Bruder«, sagt der Mann.
»Morgen«, sagt Vernon und greift schon nach seinen Luckys in der Tasche. Er hält dem Alten die Packung hin, der zieht eine raus und hält eine schützende Hand drum herum, als Vernon ihm Feuer gibt. Gefängnistattoos ergießen sich aus den Ärmeln des Arbeitsanzugs. Der Typ war mal bei den Americans, einer der größten Gangs.
Vernon zündet sich selbst eine Lucky an, weil er weiß, dass er drinnen nicht rauchen darf, und bleibt ein paar Minuten bei dem Exknacki stehen, plaudert über Rugby und das Wetter. Dann bietet er dem Alten seine halb gerauchte Zigarette an, der sie vorsichtig ausdrückt und sie sich für später hinters Ohr steckt.
»Gott segne dich, Bruder.«
»Behalt meinen Wagen im Auge, okay?«
Vernon geht in den tristen Vorraum, vorbei an den unglücklich aussehenden Kreaturen, die bis nach draußen anstehen. Er marschiert an die Spitze der Warteschlange, und die Frau am Empfang beäugt ihn verärgert.
»Ich möchte zu Merinda Appolis.«
»Stellen Sie sich hinten an.« Deutet mit einem lackierten Fingernagel auf die wartenden Loser.
»Sagen Sie einfach, Vernon Saul ist hier.«
Die Frau zuckt die Achseln und nuschelt irgendwas ins Telefon.Sieht zu ihm hoch. »Sie kommt sofort«, steckt dann die Nase in eine You -Illustrierte.
Gleich darauf geht eine Tür auf, und ein etwa vierzehnjähriges Mädchen mit einem Baby auf der Hüfte kommt heraus. Mutter und Kind weinen beide, die Nasen Leimtöpfe voll Rotz. Merinda Appolis erscheint in der Tür. »Mr. Saul.«
Vernon betritt das Zimmer, und sie macht die Tür hinter ihm zu. Das Büro ist eng und erinnert an eine Gefängniszelle. Vergitterte Fenster, Zementboden, ein funktionaler Stahlschreibtisch und zwei Klappstühle aus Plastik. Ein Kalender mit einem Farbfoto von Kätzchen ist die einzige persönliche Note.
»Vernon, lange nicht gesehen«, sagt sie, ganz zwanglos, jetzt da sie keiner hört.
Er zuckt die Achseln und setzt sich. Merinda bleibt kurz stehen und beäugt ihn, dann lässt sie sich auf dem Stuhl ihm gegenüber nieder, bietet ihm einen guten Blick auf ihre Beine, ehe sie den Saum von ihrem Kleid runterzieht. Sie ist um die dreißig, gelbbraun, durchaus füllig, der letzte Rest von ihren braunen Naturlocken aus dem Haar geföhnt. Sie lächelt ihn an, die Lippen nass von Lipgloss.
»Wie geht’s dir?«
»Kann nicht klagen, Merinda.« Lässt sein schönstes Grinsen aufblitzen. Die Tussi hat schon immer auf ihn gestanden. Zum Glück, sonst hätte sie sich wohl kaum dafür eingesetzt, dass Dawn ihr Mädchen zurückbekommt.
»Die Uniform steht dir. Irgendwie machomäßig.«
»Danke, aber lange trag ich die nicht mehr.«
»Ach ja? Wieso nicht?«
»Ich werde in die Zentrale versetzt. Die wollen mich zum Regionalleiter befördern. Wahrscheinlich haben sie da bessere Verwendung für meine Fähigkeiten.« Die Lügen tropfen ihm wie Honig von der Zunge.
»Sehr schön,
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