Stiller Tod: Thriller (German Edition)
uns treffen. Bitte.«
»Meinst du?«
»Ja. Unbedingt.«
Ein statisches Knistern, und sie glaubt schon, die Verbindung wäre wieder unterbrochen, stellt sich das Funksignal vor, wie es von einer grauen Gesteinsmasse abprallt und hinaus in den Äther schießt. Dann ist seine Stimme in ihrem Ohr, so klar, dass sie seine mangelnde Begeisterung deutlich heraushört. »Okay, morgen. Lunch. Ich rufe Vormittag an, okay?«
»Okay. Ja.«
Das Handy ist stumm in ihrer Hand, sie wirft es auf die zerwühlte Decke und geht ins Bad, klatscht sich Wasser ins Gesicht. Jetzt, da sie weiß, dass sie morgen mit ihm zusammensein wird, fühlt sie sich besser. Wehrt ein paar negative Tentakel ab – gehässige kleine Stimmen, die flüstern, dass er vorher absagen oder, noch schlimmer, sie versetzen wird. Sie verlässt das Bad und setzt sich im Schneidersitz aufs Bett. Fährt ihren Computer hoch. Er knurrt und stöhnt, und sie weiß, dass es ewig dauern wird, bis er aus dem Tiefschlaf erwacht ist.
Also beschließt sie runterzugehen und frischen Kaffee aufzusetzen, um den letzten Rest Schlaf aus ihrem Körper zu vertreiben. Sie tapptbarfuß nach unten, hofft, dass Nick sich in sein Studio verkrochen hat. Doch er liegt auf dem Sofa im Wohnzimmer und sieht zu ihr hoch. Steht schließlich auf. Als sie Richtung Küche geht, spürt sie einen unerwünschten Schub Mitleid mit ihm.
»Wie geht’s dir?«, fragt er und kommt ihr nach.
»Was meinst du wohl, wie’s mir geht?«
Er stellt sich mit dem Rücken vor den Kühlschrank, und sie kann einen jähen Schmerz nicht ganz unterdrücken, als sie neben seinem Kopf eine von Sunnys Buntstiftzeichnungen sieht, an Ort und Stelle gehalten von kleinen Magneten in Form von comicartigen Sonnen.
»Caro, red mit mir, bitte. Ich schaff das nicht allein.«
Caroline sieht ihren Mann an. Eine ungebetene Erinnerung kommt plötzlich hoch wie eine Glasmalerei, an die Zeit, als sie sich kennenlernten. Sein schüchternes Lächeln. Seine liebenswerte Trotteligkeit. Caroline merkt, dass sie Gefahr läuft, ihren Gefühlen zu erliegen, spürt den Drang zu beichten, ihm zu erzählen, was in ebendieser Küche mit Vlad passiert ist. Wie sie ihr Kind in den Tod geschickt hat.
Doch die dunkle Seite in Caroline macht dem verdammt schnell ein Ende, und sie verwandelt Schmerz in Zorn, sperrt alle Trauer und alles Mitgefühl hinter ihren Schlagbaum aus unversöhnlicher Wut.
»Da ist niemand, mit dem ich reden könnte, Nicholas. Du bist wie eines von deinen verdammten Gitternetzmodellen, ein hohler, seelenloser kleiner Mann.« Die Kaffeemaschine ist noch halbvoll von heute Morgen. Sie schaltet sie trotzdem ein. Der Kaffee wird bitter sein, aber sie ist nicht in Stimmung, sich frischen zu machen, während ihr bedürftiger Gatte um sie herumschleicht. Sie schiebt sich an ihm vorbei und geht zur Spüle, in der ihre Lieblingstasse umgedreht auf dem Abtropfgitter steht. »Du versteckst dich hinter künstlichen Emotionen, aber du kannst keinem was vormachen.«
»Caroline, hör auf. Nicht jetzt.«
Er kommt näher und versucht, einen Arm um ihre Taille zu legen. Sie schüttelt ihn ab und gießt schwarzen Kaffee in die Tasse. Schaufelt zwei gehäufte Löffel Zucker hinein.
»Du verlierst dich total in diesem lächerlichen Akt der Buße. Dieses Monstrum bauen, das hat alles mit deinem Ego zu tun, deinem Gotteskomplex, und nicht das Geringste mit unserem toten Kind.«
Er sinkt vor ihren Augen in sich zusammen, was sie nur noch mehr anstachelt. »Sie ist tot, Nick, daran ist nichts zu ändern, auch wenn du noch so viel auf deinen Computer wichst.«
Sie nimmt ihre Tasse und marschiert zur Tür.
»Caro«, sagt er.
Sie überhört ihn, geht weiter.
»Caro, wir müssen uns unterhalten. Wegen morgen.«
Sie bleibt in der Tür stehen und dreht sich um. »Was ist mit morgen?«
»Da ist diese Sache in Jo’burg.«
»Welche Sache?« Dann fällt es ihr wieder ein: irgendein Treffen von Computerfreaks, auf dem Nicholas sein Spielzeug vorführen soll. »Ach so, ja. Stimmt. Um wie viel Uhr fliegst du?«
»Ich müsste morgen früh los.«
»Okay.«
»Aber ich glaub, ich kann da nicht hin. Nicht jetzt.«
»Warum nicht?«
Er fährt sich mit einer Hand durch die fettigen Haare. »Gott, Caroline, ich bin am Ende.«
»Ich denke, es wird dir guttun. Geh und zeig denen dein Dingsbums und lass dir von ihnen erzählen, wie genial du doch bist. Besser, als hier rumzujammern.«
»Ist das dein Ernst?«
»Mein voller Ernst.« Sie weiß, dass er
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