Stiller Tod: Thriller (German Edition)
die Software hoch und ruft Albertos Musik auf.
Als er zurück auf die Veranda geht, steht die Frau unten am Strand, barfuß, und raucht. Der Wind hebt ihr Haar, während sie dasteht und auf den Ozean blickt, ohne ihn zu bemerken.
»Dawn.«
Sie dreht sich um, atmet Rauch aus, hebt verlegen die Hand mit der Zigarette. »Sorry, ich hoffe, das stört Sie nicht?«
»Hier draußen kein Problem. Aber Computeranlagen vertragen keinen Rauch.«
»Sind Sie fertig?«
»Ja.«
»Wo kann ich die hier loswerden?« Sie deutet auf die Zigarette.
»Im Sand«, antwortet er. »Gottes großer Aschenbecher.« Lahmer Witz.
Aber sie lacht gutmütig, lässt die Zigarette fallen und schiebt mit dem Fuß Sand darüber. Sie kommt auf die Veranda und folgt ihm durchs Wohnzimmer und ins Studio.
»Setzen Sie sich«, sagt er. Er gießt Wasser in die zwei Gläser und reicht ihr eins. Dawn leert es gierig, und er füllt nach.
Sie wischt sich mit dem Handrücken über den Mund. Er sieht, dass ihre Fingernägel abgekaut sind. »’tschuldigung, Mann. Hab gar nicht gemerkt, dass ich so einen Riesendurst hatte.«
Er trinkt, nimmt ihren warmen Frauenduft unter dem schwindenden Zigarettenrauch wahr. Konzentrier dich, Nick, sagt er sich. »Okay, Dawn, nur um Ihnen ein bisschen zu erklären, was wir hier machen – haben Sie den Film Avatar gesehen?«
»Klar. Der mit den blauen Leuten?«
»Genau. Also, das ist alles mit einer Technik gemacht worden, die man Motion Capture nennt. Menschliche Schauspieler machen Bewegungen, die auf computergenerierte Modelle übertragen werden. Verstehen Sie?«
»Hey, draußen im Getto haben wir auch Fernseher, Nick«, und er wird rot, aber sie lacht und stupst ihm leicht mit dem Ellbogen in die Rippen. »Kein Problem, tun Sie ruhig so, als wär ich blöd. Ist sicherer so.«
Er zeigt ihr den MoCap-Stream von Sunny, und dann seine unfertige Arbeit, wie sie tanzt.
»Ist das Ihre Tochter?«, fragt sie.
»Ja.«
»Und was ist das jetzt? Eine Art Video, das Sie von ihr gemacht haben?«
»Nein. Ich hab sie quasi gebaut. Ein Modell von ihr.«
»Soll das heißen, das da ist nicht real?«
Exley nickt und entfernt mit einem Mausklick das von ihm Gestaltete, macht aus Sunny ein hautloses Drahtgittermodell. Dann geht er Schritt für Schritt wieder zurück bis zum fotorealistisch gerenderten Ergebnis.
Dawns Augen starren gebannt auf den Bildschirm. »Scheiße, ist das irre.« Sie legt eine Hand vor den Mund. »Sorry, aber es ist wirklich irre. Bitte, zeigen Sie’s mir nochmal.« Sie sieht es sich ein weiteres Mal an, dann richtet sie den Blick auf ihn. »Also, sind Sie jetzt ein Supertalent oder was?«
Exley zuckt die Achseln. »Glauben Sie mir, da draußen gibt es Leute, die haben noch sehr viel mehr drauf.« Er steht auf und hält den Anzug hoch. »Okay, ich möchte, dass Sie den hier anziehen. Die Sensoren zeichnen dann Ihre Bewegungen auf.«
»Mmmm«, sagt sie. »Heißes Teil.«
Er schmunzelt. »Ist das okay, wenn Sie sich hier umziehen, oder möchten Sie lieber ins Bad gehen?«
»Nein, ist in Ordnung. Ich hatte schon schlimmere Umkleiden.«
»Gut. Rufen Sie mich, wenn Sie fertig sind.«
Er lässt sie allein, schließt die Tür hinter sich und geht hinaus auf die Veranda, sieht ein Schnellboot vorbeiflitzen, aufs Wasser klatschen, und ein Kajak, das in seine schäumende Bugwelle gerät.
»Nick.« Er dreht sich um, und sie steht in der offenen Tür. Der Anzug schmiegt sich an ihre Kurven, und in diesem Moment spürt Exley etwas, das er schon sehr lange nicht mehr gespürt hat: eine heiße Woge Begehren. Er drängt sie zurück.
»Super.« Er geht durchs Wohnzimmer, bleibt in dem leeren Bereich vor dem Studio stehen, auf der weiß gefliesten Fläche. »Reicht Ihnen der Platz hier zum Tanzen?«
»Ja, kein Problem. Müssen Sie mich nicht verkabeln?«
»Nee, geht alles über Funk.« Er betritt das Studio, lässt die Tür auf und startet die Motion Capture, spricht von der Workstation aus mit ihr. »Also los, versuchen wir’s. Ich lass die Musik laufen, und Sie kriegen erst mal ein Gefühl dafür. Ich werde Ihnen keine Anweisungen geben, machen Sie einfach, wonach Ihnen ist. Wir können so viele Wiederholungen machen, wie Sie brauchen.«
»Klar. Von mir aus kann’s losgehen.«
Exley klickt auf Play, und der satte Sound pulsiert aus den Lautsprechern. Dawn schließt die Augen, wiegt sich ein bisschen im Takt, bewegt nur Schultern und Hüften, dann lässt sie den Rhythmus allmählich auf sich wirken, sich von
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