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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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Ermittlungen der Name Graser schon mal aufgetaucht?«
    Staab zögerte. »Paul, das ist streng vertraulich«, sagte er dann.
    »Also ja.« Stillers Puls beschleunigte sich. »Und?«
    »Nichts. Vergiss ihn. Er hat ein Alibi – für beide Morde. Und ich hab nichts gesagt.«
    »Ich habe nie mit dir gesprochen.« Stiller legte auf. Graser war draußen.
    Dafür war ihm eingefallen, woran ihn Kerstin erinnert hatte. Er rief die Online-Telefonauskunft auf und tippte einen Namen ins Suchfeld. Eine kurze Trefferliste erschien. Stiller fledderte den Papierstapel auseinander, bis er das Blatt mit der Adresse der Eisenbahnergenossenschaft gefunden hatte, und verglich die Anschrift mit der Namensliste auf dem Bildschirm.
    Bingo!
    Er warf einen Blick aus dem Fenster. Es regnete noch immer Bindfäden. Bei diesem Wetter würde die Kleingartenanlage völlig verwaist sein. Stiller nestelte sein Handy aus der Tasche und gab die Nummer ein.
    Als am anderen Ende abgehoben wurde, atmete er tief durch. »Döberlin«, meldete er sich, obwohl er sicher war, dass sein Gesprächspartner genau wusste, wer er wirklich war. »Ich hab ein paar Fragen zur Eisenbahnergenossenschaft. Und zu den Besitzverhältnissen der Kleingartenanlage. … Gut, treffen wir uns. … Einverstanden, morgen früh um acht am Vereinsheim.« Er drückte die Trenntaste.
    »Hab ich was versäumt?«
    Erschrocken fuhr Stiller herum. Frauke war in sein Büro gekommen, ohne dass er es bemerkt hatte. »Nichts. Das war, ähm, privat.« Er steckte das Handy weg und fuhr den Computer herunter.
    »Das klang nach einer Verabredung.« Frauke drohte ihm scherzhaft mit dem Zeigefinger. »Ich hoffe, Ruth und ich müssen uns keine Gedanken machen.«
    »Keine Sorge, zwei Frauen genügen mir vollauf.« Stiller starrte missmutig in den Regen. Er war mit dem Fahrrad unterwegs. »Aber da du schon einmal hier bist: Hast du Lust auf einen kurzweiligen Ausflug in angenehmer Begleitung?«
    »Das nicht«, sagte sie sanft. »Aber ich fahre dich gerne nach Hause.«

20
    Es ist ein friedlicher Morgen. Die Luft vibriert vom Zwitschern und Trillern, vom Pfeifen und Flöten der Vögel. Tauben gurren, ein Kuckuck ruft am Mainufer, ein Specht tackert im Park den Takt dazu. Das Jubilieren erstickt das Rauschen des Verkehrs auf der nahen Straße.
    Die Böden sind noch nass und schwer vom Regen des vergangenen Tages und der Nacht. Das Laub glänzt in der Sonne, die eben hinter der Stadt über die Hügel des Spessarts steigt. Ihre Strahlen sind warm, lassen Wiesen und Wege dampfen, ziehen die Feuchtigkeit aus der Erde, lecken den Tau von den Blättern der Sträucher und Bäume.
    Der Kopf der Vogelscheuche ist demütig geneigt, ihre mandelförmigen Augen, ihr geschwungener Mund sind geschlossen, als genieße sie es, wie die Sonne ihren triefenden Leib trocknet und wärmt. Auf ihrer Schulter sitzt die Elster, wendet ruckartig den Kopf hin und her. Wie eine Nonne in schwarzer Tracht, die das Spiel von Kindern bewacht, beäugt sie mit scharfem Blick das Leben in den Gärten.
    Amseln und Stare hüpfen über den Rasen, picken Würmer auf, die der Regen aus den Erdlöchern gelockt hat. Meisen und Finken baden in Pfützen, fächeln sich mit den Flügeln Wasser ins Gefieder, plustern sich auf. Kaninchen balgen auf dem Rasen, ein anderes hoppelt über die Beete, schnuppert an den Krumen.
    Die Hafenbahn rumpelt über die Nilkheimer Mainbrücke. Als sie die Wohnhäuser erreicht, stößt sie einen heulenden Pfiff aus. Die Elster reckt den Kopf. Ein Schwarm Spatzen flattert auf, stiebt auseinander wie Kieselsteine, die eine große Hand in die Luft wirft. Das Kaninchen in den Beeten schlägt einen Haken und verschwindet in den Büschen.
    Das Rattern der Güterwaggons verklingt hinter der Siedlung. Die Gefahr ist gebannt, doch die Elster duckt sich auf der Schulter der Vogelscheuche. Ihr Kopf ruckt nicht mehr, argwöhnisch starrt sie in den Nachbargarten. Dort bewegt sich ein Mensch, ein Wesen, das den morgendlichen Frieden stört, ein Feind, der den Tod bringt.
    Es ist der Tod. Er hat schon zweimal das imaginäre Blickfeld der Vogelscheuche gekreuzt, doch sie weiß nichts davon. Wieder hat er die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Er hantiert eine Weile an der abgewandten Seite der Laube, dann steht er an der Tür und hängt etwas auf. Als er sich umdreht und den Gartenweg betritt, stößt die Elster einen keckernden Warnruf aus.
    Die Vögel ringsum verstummen für einen Moment. Der Mensch hält inne, blickt herüber. Als er

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