Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
Vom Netzwerk:
sagte. Strobel überlegte, ob er jemanden dafür abstellen sollte, die Kleingärtner danach zu fragen, oder ob er es dem Obmann Scherer übertragen durfte, der kommissarisch den Vorsitz in der Anlage übernommen hatte.
    Stiller und Kleinschnitz hatte er bei der Vernehmung erst Platz nehmen lassen, nachdem die Wache ein paar Plastiktüten heraufgeschickt hatte, um seine guten Büromöbel zu schonen. Die beiden waren völlig verdreckt gewesen und stanken erbärmlich. Immerhin waren ihre zahlreichen Schürf- und Kratzwunden desinfiziert und zugepflastert. Das Personal der Wache hatte den Nachtdienst der benachbarten Rotkreuzstation zu Hilfe gerufen.
    Dann hatten sie ihm ihre Sicht der Geschehnisse geschildert. In zwei Punkten war sich Stiller ziemlich sicher gewesen. Punkt eins: Bei dem Einbrecher handelte es sich um eine männliche Person, zirka eins achtzig groß und drahtig. Das Gesicht war nicht zu erkennen gewesen, weil er eine Strumpfmaske trug. Kleinschnitz dagegen mochte nicht ausschließen, dass es auch eine Frau gewesen sein konnte.
    Die Bilder, die er geschossen hatte, halfen nicht weiter. Strobel hatte sich die Fotoserie mehrfach am Bildschirm durchgesehen und die Ausschnitte mit dem flüchtenden Einbrecher vergrößert. Sie bestätigten die Beschreibung. Aber ob Mann oder Frau – da wollte auch Strobel sich nicht festlegen.
    Stillers Entschiedenheit war damit wenig wert, zumal er sich auch im zweiten Punkt geirrt hatte: Er ließ nicht von dem Gedanken ab, dass der Einbrecher einen Schlüssel für die Verbindungstür zwischen der Kleingartenanlage und dem Gelände der Geflügelzüchter besitzen müsse. Sonst hätte er sie nicht öffnen können, um ihn und Kleinschnitz hineinzulocken. Strobel äußerte sich nicht dazu, hatte diese Theorie aber schon längst verworfen. Nach Auskunft des Zuchtvereinsvorsitzenden stand die Tür in den letzten Wochen immer wieder mal offen – sie war ja von außen nicht zu erreichen und nur für die Mitglieder der beiden Vereine gedacht.
    Der Zuchtvereinsvorsitzende war es, der die Polizei verständigt hatte. Er war kurz nach Mitternacht mit seinem Schäferhund im Schönbusch unterwegs gewesen – wie alle paar Nächte üblich. In den vergangenen Monaten hatte es wiederholt Einbrüche in die Gehege gegeben, seitdem unterhielten die Züchter eine Art Freiwilligendienst für regelmäßige Kontrollgänge. Der Vorsitzende war gerade in die Nähe der Zuchtanlage gekommen, als er schon das aufgeregte Gegacker der Hühner hörte. Sofort hatte er die Polizei alarmiert und die Streife auf das Gelände gelassen.
    Die Beamten hatten nicht schlecht gestaunt, als sie die vermeintlichen Einbrecher sozusagen schon dingfest im Käfig fanden. Die Ankunft der Streife war ein Glücksfall für Stiller und Kleinschnitz gewesen: Das Federvieh hatte ihnen ganz schön zugesetzt.
    Trotz ihres bedauernswerten Zustands spürte Strobel eine gewisse Schadenfreude, wenn er an ihren Abgang dachte. Kleinschnitz hatte darauf bestanden, seine neue Freundin anzurufen. Sie sollte ihn und Stiller zum Parkplatz der Kleingartenanlage fahren, wo ihre Autos standen. Kaum eine halbe Stunde später hatte diese »Freundin« auf der Dienststelle einen rauschenden Auftritt.
    Strobel würde diese Szene so schnell nicht mehr vergessen. Auf hochhackigen Pumps war sie ins Büro geklappert. Sie hatte leichte O-Beine, in Netznylons gehüllt. Ein kurzes rotes Kleidchen spannte sich über schmale Hüften und einen beachtlichen Oberbau. Sie trug ein gutes Pfund Make-up im Gesicht und eine blonde Mähne auf dem Kopf, an der förmlich ein Schild mit der Aufschrift »Perücke« zu kleben schien. Strobel sah sofort: Sie war eine Transe.
    »Wo steckt denn mein kleiner Teufel?«, fragte sie näselnd und klimperte mit ihren Wimpern, die so lang wie unecht waren.
    Strobel wies auf Kleinschnitz und Stiller, die ihm gegenübersaßen.
    Kleinschnitz war bereits aufgesprungen, machte – freudig lächelnd – einen Schritt auf sie zu und streckte die Arme aus. Sie prallte zurück und rümpfte mit einem erschrockenen »Igitt« die Nase. Rasch öffnete sie ihr Handtäschchen, zog ein parfümiertes Taschentuch heraus und hielt es sich vor den Mund. So musterte sie Kleinschnitz von oben bis unten. »Manno, nee, oder?«, rief sie schließlich und schüttelte ihre Haarpracht. »Diesen Herrn kenne ich nicht«, erklärte sie in Strobels Richtung, drehte sich auf dem Absatz um und schlug die Tür zu. Dem Klappern ihrer Schuhe nach zu schließen, rannte

Weitere Kostenlose Bücher