Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
Gärtnerin. Ein wenig enttäuscht trollte er sich nach rechts davon.
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Ernst Wagner, Gebrauchtwagenhändler, Ende dreißig, Typ Schwarzenegger:
»Ich, ja, ich gehe nie auf Beerdigungen. Das ist etwas für Betschwestern. Und wenn ich auf eine Beerdigung ganz bestimmt nicht gegangen wäre, dann auf die von Strunke. Der, echt, der war nicht mein Fall. Schon wie der sich von seiner Alten auf der Nase hat herumtanzen lassen, also das fand ich zum Kotzen. Der kommt nach Hause, findet seine Frau mit ‘nem fremden Typ im Bett und sagt, Entschuldigung, ich bin gleich draußen, und zieht in seinen Garten. Mit mir hätte die das nicht machen können. Klare Linie, sag ich da. Ich, ja, ich komme nach Hause, frisch vom Arzt, mit Kopfverband. So einen Kopfverband, den hätte selbst ein Blinder nicht übersehen können. Meine Alte, ey, sitzt vor dem Fernseher und lackiert ihre Zehennägel. Nach einer Stunde, ja, frage ich sie, ob ihr an mir etwas auffällt. Sie: Oh, du hast einen Verband. Ich, ja: Alte, pack deinen Koffer, in einer Stunde bist du draußen. Das ist die Ansprache, die die Weiber brauchen.
Welche Spätaussiedler? Ach, du meinst die Russen. Ich hab selbst ein paar von denen im Betrieb, ich sag immer, niemand kann eine Rostlaube so gut frisieren wie die. Jedenfalls, ja: Ich hab nichts gegen Russen, bis auf den einen, der den Garten neben mir gepachtet hatte. Der Anton. Wenn einer überhaupt nicht im Garten arbeiten will, sondern von früh bis spät nur Wodka trinkt und die Musik aufdreht bis zum Gehtnichtmehr, also dann: nein! Nicht mit mir, so weit sind wir noch nicht. Not yet, Kameraden. Aber das war nicht alles, ey. Schau dir den Fleck an, ja, den braunen Fleck gleich hinter dem Zaun. Da hat der immer hingepinkelt. Da wächst nix mehr.
Wie? Klar hab ich mich beschwert. Aber da siehst du genau, was ich meine. Ständig ist der Strunke auf seinen Paragrafen rumgeritten, aber wenn der Anton an meinen Zaun pinkelt, ja, da zieht der den Schwanz ein. Ich hab ziemlich deutlich werden müssen, bis der Strunke endlich durchgegriffen hat.
Nein, Streit würde ich das nicht nennen. Ich, ja, wenn ich Streit mit Strunke gehabt hätte, da wäre für den Mörder nichts mehr übrig geblieben. Gut, ich hab ihn vielleicht ein bisschen geschubst. Klare Linie, sag ich da. Auf den einen rumhacken, wenn sie einmal einen Fehler machen, und die anderen schonen, obwohl sie ständig gegen die Regeln verstoßen, das geht nicht. Nicht mit mir, ey!
Die anderen? Klar gab es noch andere, die der Strunke geschont hat. Zum Beispiel die Heidi. Weil er nämlich scharf auf sie war. Wie ein Rettich.
Ey, du kennst die Heidi nicht? Ja nee, is klar, du willst mich verarschen. Sie hat ihren Garten am Hauptweg, so eine Brünette, die aussieht wie ein Model. Klingelt’s? Na also! Die konnte machen, was sie wollte, die hat den Strunke um den kleinen Finger gewickelt. Bei schönem Wetter den ganzen Tag oben ohne im Garten liegen, ey, ich sag dir, aber abends in der Ruhezeit dann Rasen mähen. Klar, dass alle scharf auf die sind, aber sie lässt alle abblitzen. Nur dem Strunke hat sie schöne Augen gemacht, die hat schon gewusst, warum. Der Strunke hat sich wahrscheinlich was drauf eingebildet. Von Weibern hatte der eben keine Ahnung. Mit mir hätte die das nicht machen können. Ich, ja, ich …«
Stiller lag in der Hängematte, zufrieden mit sich selbst. Er hatte nicht nur mit Kohl und Wagner gesprochen, sondern auch mit einem der Spätaussiedler und mit einem weiteren Gärtner, den er gar nicht auf der Liste gehabt, aber am Vormittag auf dem Friedhof gesehen hatte. Er war bei allen auf dieselbe Weise vorgegangen, hatte behauptet, einen Rat zu brauchen oder sich etwas leihen zu wollen. So schnell wie möglich hatte er dann das Gespräch auf Strunke gelenkt. Jetzt war er dabei, die Ergebnisse seiner Gespräche auf seinen Stenoblock zu übertragen. Besonders viel hatte ihm am Gespräch mit Kohl gelegen. Am Ende war es das kürzeste gewesen.
Bert Kohl, Frührentner (Ex-Eisenbahner). Färbt sich die Haare schwarz, aber lässt den Schnauzbart grau. Stark untersetzt, phlegmatisch. Duzt nicht.
»Sie wern doch nit denke, dass ich dem Mensch ach nur aa Träne nachwein! So en Bürokrat, ich hab’s nie glaube könne, dass der aus demselbe Stall kommt wie ich. Die zehn Gebote des Kleingärtners, lachhaft. Du sollst nicht haben eine zu große Laube: Des is des vierte Gebot. Dabei hab ich nie e zu große Laube hamm wolle. Nur den Pavillon da, schaun Sie ihn sich
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