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Stiller Zorn: Roman (German Edition)

Stiller Zorn: Roman (German Edition)

Titel: Stiller Zorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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einnistet, und dem schwarzen Schriftsteller Julius Mason, Mamies jungem Schwiegersohn:
    »Wer ist das?«, fragte Lou.
    »Er ist ebenfalls Schriftsteller.«
    »Mein Gott, noch einer. Wer soll denn da noch Baumwolle pflücken und ›Ole Man River‹ singen?«
    Art kicherte. »Du und ich.«
    Beide Sprecher Weiße. Ich nahm mir vor, nach einem anderen Buch vom gleichen Autor Ausschau zu halten, das auf der Rückseite erwähnt wurde. The Primitive hieß es.
    Ich hörte jemanden an die Tür klopfen, dachte jedenfalls, dass ich jemanden klopfen gehört hätte.
    Ich wartete, aber nichts tat sich.
    Schließlich stand ich auf, ging mit dem Buch in der Hand hin und zog die Tür auf.
    Ein Mann und eine Frau – daran gab’s keinen Zweifel – standen davor. Sie waren schwarz und müde (eine Tautologie?). Er trug einen schlecht sitzenden schwarzen Anzug, sie ein schlichtes schwarzes Kleid. Wahrscheinlich ihre besten Klamotten – ein ziemlich jämmerlicher Zwirn.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, sagte ich.
    »Das hoffen wir«, sagte die Frau. »Wir beide.«
    Sie schaute ihren Mann an. Vermutlich war er jetzt dran.
    »Wir versuchen unsere Tochter ausfindig zu machen«, sagte er.
    »Aha. Sie ist weggelaufen, was?«
    Sie nickten beide.
    »Seid ihr schon bei der Polizei gewesen?«
    Der Mann schaute seine Frau an, dann wieder mich.
    »Die haben uns gesagt, dass sie nicht viel machen können, haben gesagt, sie würden die Krankenhäuser und so überprüfen. Sagten, wir sollten uns wieder melden. Wir haben ein Formular ausgefüllt.«
    »Aber sie haben uns auch mitgeteilt«, sagte sie.
    »Sie haben uns mitgeteilt, wie viele Ausreißer es gibt«, beendete er den Satz. »Sie haben gesagt, wir sollen wieder nach Hause gehen. Höchstwahrscheinlich würde sie wieder auftauchen.«
    »Nach Hause. Sind Sie von außerhalb?«
    Er nickte. Es sah so aus, als wäre das in etwa das Einzige, was er fertigbrachte. »Aus Clarksdale«, sagte er.
    »Mississippi«, sagte sie.
    Wo es Bessie Smith erwischt hatte.
    »Und weshalb glauben Sie, dass Ihre Tochter nach New Orleans gegangen ist?«
    »Weil sie ständig davon geredet hat, dass sie im Sommer herkommen will, sobald sie kann.«
    »Dann haben Sie wahrscheinlich recht. Wie lange ist sie schon weg?«
    »Seit drei Wochen. Vorgestern waren’s drei Wochen.«
    »In drei Wochen kann man ganz schön weit rumkommen«, sagte ich.
    »Aber wir sind ganz«, sagte sie.
    »Wir sind uns sicher, dass sie hier ist, Mister Griffin.«
    »Ich hatte an was anderes gedacht.«
    Beide schauten zu Boden.
    »Das wissen wir, Mister Griffin. Wir wissen, was passieren kann, wenn sie erst mal weg sind. Ich hab’s bei meiner Schwester daheim in McComb erlebt.«
    »Aber sie ist erst sechzehn«, sagte die Frau. »Was allzu Schlimmes kann sie bestimmt nicht angestellt haben, nicht wahr? Wir sind Baptisten, Mister Griffin«, fuhr sie fort. »Nicht strenggläubig, aber Baptisten. Wir haben bei jeder Bibelstunde gebetet, drum gebetet, dass sie sich nicht verleiten lässt oder vergisst, wie sie erzogen worden ist.«
    Ich hatte das Gefühl, dass der Mann weit mehr von der Welt gesehen hatte als seine Frau. Es lag nicht bloß an der Art, wie sie redeten; irgendwas in seinen Zügen, in den Furchen in seinem Gesicht verriet es mir. Schon komisch, dass sich der eine mitten in einem Minenfeld aufhalten, über Leichen steigen kann und überhaupt nicht wahrnimmt, was um ihn vorgeht, während ein anderer zum Laden an der Ecke geht, Brot kaufen will und hunderterlei abstruse Sachen sieht, Schattengestalten, die in einem Hauseingang lungern, Licht, das aus einem verlassenen Gebäude dringt, alles Mögliche.
    »Ich hoffe es«, sagte ich. »Hat sie Geld dabei?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ein paar Dollar. Wir sind keine reichen Leute. Ich glaube, das sehn Sie selber.«
    Wir standen alle drei einen Moment lang da und schauten die diversen Wände an.
    »Können Sie sie für uns ausfindig machen, Mister Griffin?«, sagte der Mann schließlich. »Wir ham nicht – wir haben nicht viel, aber wir bezahlen Ihnen alles, was Sie verlangen.«
    »Wir bezahlen unsere Rechnungen«, sagte die Frau.
    »Davon bin ich überzeugt«, sagte ich. »Tja, vermutlich sollten Sie mir zunächst mal Ihren Namen nennen.«
    »’tschuldigung«, sagte der Mann. »Wir sind – wir sind nicht ganz bei uns. Clayson, Thomas Clayson. Meine Tochter heißt Cordelia. Das ist Martha.«
    »Erzählen Sie mir ein bisschen was von Ihrer Tochter, Mister Clayson. Was ist sie für ein Typ?«
    »Ruhig,

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