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Stiller Zorn: Roman (German Edition)

Stiller Zorn: Roman (German Edition)

Titel: Stiller Zorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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Kopf.
    »Jimmi wurde letzte Nacht im Quarter von ein paar Schlägern überfallen, irgendeiner Jugendbande offenbar. Die haben ziemlich lange auf ihn eingedroschen und ihn schlimm zugerichtet. Er ist tot, Cherie. Aber bevor er gestorben ist, hat er mich gebeten, Sie zu suchen. Er hat sich Sorgen um Sie gemacht, und er hat Sie geliebt. Ich wünschte nur, ich hätte es früher gemacht, aber ich war zu sehr mit mir selber beschäftigt. Es tut mir leid. Ich hatte ihn ziemlich gern.«
    »Ich auch«, sagte sie. »Ich hatte niemand außer ihm, und ich danke Ihnen. Aber Sie sollten jetzt lieber gehen, Mister –?«
    »Griffin. Nein, das glaube ich nicht.«
    Es dauerte etwa fünf Minuten. Ich sah, wie er von seinem Sitzplatz auf der anderen Seite des Saals aufstand, langsam auf uns zukam. Eins dreiundneunzig groß und entsprechend muskulös, Polohemd, weiße Jeans und braunes Leinensportsakko, Frisur wie drüben in Kalifornien.
    »Entschuldigen Sie, Sir«, sagte er. »Aber ich glaube, die Dame hat Sie gebeten wegzugehen.«
    »Ganz recht.«
    »Es wäre wirklich in unser beider Interesse, wenn Sie sich daran halten würden, Sir.«
    »Vermutlich ja, sonst könnte es passieren, dass Ihre Haare ein bisschen zerzaust werden. Aber nicht im Beisein der Dame, n’est-ce-pas? «
    Ich blickte zu ihm auf, mindestens eine halbe Meile weit, dachte an die Geschichte von David und Goliath, die ich im Kindergottesdienst gehört hatte.
    »Ich weiß, dass Sie ein großer, kräftiger Mann sind, mein Guter, und vermutlich sind Sie’s auch gewöhnt, dass die Leute zittern und ein paar sich vielleicht sogar in die Hose machen, wenn sie von Ihnen angeredet werden. Lew Griffin heiße ich. Vielleicht sollten Sie mal raus auf die Straße gehen und rumfragen, bevor Sie sich zu irgendwas … hinreißen lassen.«
    Vielleicht dachte er, wenn er mir schon die harte Tour nicht abkaufte, dass ich zu schlau für eine Schlägerei wäre.
    »Meine Arbeitgeber werden höchst ungehalten sein«, sagte er nach kurzem Zögern.
    »Das will ich doch hoffen.«
    »Dann geht die Kleine also mit Ihnen?«
    »Die Frau. Wenn sie möchte, ja.«
    Wir schauten beide Cherie an. Sie nickte schließlich.
    »Vielleicht begegnen wir uns mal wieder«, sagte der Kalifornier.
    »Kann schon sein. Wenn ja, spendier ich Ihnen was zu trinken.«
    »Ich trinke nicht. Das zerstört die Gehirnzellen.«
    »Vous avez raison. Quand vous avez si peu … «
    »Was war das?«
    »Ich hab Ihnen bloß recht gegeben.«
    »Yeah«, sagte er. »Ja, klar. Tja, passen Sie auf, Griffin.«
    »Mach ich immer.«
    Er drehte sich um, duckte sich und ging durch die Tür, in der jetzt kein Glas mehr war. Ich sah, wie er draußen in ein Taxi stieg und wartete, bis der Fahrer von dem Würfelspiel aufblickte und bemerkte, dass er Kundschaft hatte. Das Taxi schoss raus auf die Straße und drängte einen Cadillac auf die nächste Spur ab, wo er einem verbeulten VW-Bus ins Gehege geriet. Fünf Minuten später staute sich der Verkehr mindestens eine halbe Meile weit.
    Wir gingen zwei Straßen weiter zum Auto und fuhren heim. Sie fragte nicht, wohin ich sie brachte. Vielleicht hatte sie sich in den letzten Wochen dran gewöhnt, andere für sich entscheiden zu lassen. Es war fast fünf, als wir auf die St. Charles Avenue bogen, und in New Orleans regte sich allmählich der neue Tag – so ähnlich wie in einem Horrorfilm, wenn am Rand der Leinwand die Hand der Leiche auf-und wieder zugeht, aber niemand was bemerkt.
    Vicky hatte Tagschicht. Ich zeigte Cherie das Bad und das Gästeschlafzimmer und setzte mich in die Küche. Im nächsten Moment hörte ich sie beide reden. Sie kamen zusammen rein, als ich gerade ein Omelett aus der Pfanne flutschen ließ. Das Obst war bereits geschnitten und auf einem anderen Teller angerichtet. Ich stapelte die Toastscheiben auf eine Untertasse, goss für alle Kaffee ein und brachte den kleinen Kupfertopf mit warmer Milch zum Tisch mit.
    Wir aßen langsam, und Vicky und Cherie unterhielten sich die meiste Zeit, hauptsächlich über Vickys Arbeit.
    »So was würde mir auch Spaß machen – immer was anderes, neue Leute kennenlernen, was wirklich Sinnvolles machen«, sagte Cherie.
    »Tja, Freiwillige und Schwesternhelferinnen werden immer gebraucht, wenn Sie dazu Lust hätten. Möglicherweise können Sie sich dann hocharbeiten, zu einer Festanstellung.«
    »Momentan muss ich alles nehmen, was ich kriegen kann. Ich weiß nicht mal, wo ich unterkommen soll.«
    Vicky und ich schauten einander

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