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Stille(r)s Schicksal

Stille(r)s Schicksal

Titel: Stille(r)s Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Kunze
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Arbeit. Das musste sie zugeben. Schnell machte sie sich an die Arbeit, um die Scharten auszuwetzen.
    Schmerzen? Was für Schmerzen? Einfach nicht dran denken. Nein! Ich habe gar keine Schmerzen! Wie oft hatte ihr diese Art Autosuggestion schon geholfen! Sie musste schließlich eine ordentliche Arbeit abliefern.
    Gegen neunzehn Uhr wurde ihr schwarz vor Augen.
    Als Horst Biesold den dumpfen Knall hörte, war er sogleich aufgesprungen und, so schnell es seine Fülle es zuließ, ins Vorzimmer gekommen, um nach der Ursache zu sehen . Dort sah er dann Anne auf dem Boden liegen. Schmal und ein wenig gekrümmt ihr Leib, die Arme weit von sich gestreckt. Mein Gott, dachte er, sie ist ja nur noch ein Hauch, wie hin geweht auf den grauen Teppichboden. Sie rührte sich nicht.
    "Kommt doch mal schnell jemand!", rief er die Treppe hinauf, wo die anderen Redakteure noch an ihren Computern saßen, "mit der Anne Hellwig ist etwas passiert."
    Silke Bader, eine sehr junge Kollegin, die hier ihr Praktikum absolvierte, hatte die war noch vor dem sportlichen Hans Hummer an Ort und Stelle. Doch beim Anblick von Anne, die noch immer, ohne einen Laut von sich zu geben, am Boden lag, blieb sie ruckartig stehen, schlug die Hände über dem Kopf zusammen und stöhnte, dass sie kein Blut sehen könne. Flugs drehte sie auf dem Absatz um und rannte die Treppe hoch.
    Wie um Entschuldigung bittend rief sie, dass sie sofort den Notarzt rufen werde. "Das geht doch auch über die Kreisleitstelle, nicht wahr?" vergewisserte sie sich, während ihre nervösen Finger schon die richtigen Tasten drückten. Beherzt trat nun Hans Hummer zu der Ohnmächtigen, hockte sich nieder und schob seine zusammengerollte Jacke vorsichtig unter Annes Kopf.
    "Wir müssen sie in die stabile Seitenlage bringen, nicht wahr?" fragte der Chef ein wenig irritiert. Hans Hummer schaute leicht verdutzt zu ihm hoch, denn nichts anderes hatte er ja gerade eben getan.
    Eifrig machten sie wenig später den beiden Männern in den orangenen Jacken Platz, die eine schmale Trage im engen Flur nur mühsam um die Ecken und durch die Tür bugsiert hatten. Unauffällig war ihnen eine kleine Ärztin gefolgt, die sich sofort daranmachte, die am Boden liegende junge Frau zu untersuchen. Als sie der Ohnmächtigen mit einer dünnen Stablampe in die Augen leuchten wollte, zuckte Anne zusammen. Sie öffnete die Augen, ihr war speiübel. Was war denn jetzt passiert, wieso standen ihre Kollegen um sie herum, wer waren diese Leute in den seltsamen Jacken? Und die Kleine, die neben ihr hockte? Sah aus wie eine Ärztin …
    "Ich bin Frau Müller, die Notärztin, Ihre Kollegen haben mich gerufen. Sie sind vom Stuhl gefallen. Sie waren bewusstlos. Wir nehmen Sie jetzt erst einmal mit. Nur im Krankenhaus kann die Ursache für Ihre Ohnmacht festgestellt werden."
    Die Sätze waren kurz, aber Anne konnte deren Sinn trotzdem nicht gleich erfassen, denn die Stimme schien sich immer mehr zu entfernen.
    Als sie von den beiden Sanitätern, auf der Trage angeschnallt, die Treppe hinuntergetragen wurde, nahm sie wie durch einen Schleier wahr, dass die Telefone oben läuteten, dass jemand rief: "Ja, ich komm ja schon!". Als letztes nahm sie das Bild von Silkes abenteuerlichem, bunten Haarschopf über dem Treppengeländer in sich auf, dann wurde es wieder dunkel um sie.
     

Goldene Hände oder doch zwei linke Pfoten?
     
    "Ach wissen Sie, Herr Knauer," sagte Sven Stiller fast vier Wochen später zum Bürgermeister in Wiesenberg, "nerven Sie mich doch nicht so mit dem Um- und Ausbau. Ich habe mich ja um einen Kredit bemüht, aber ich bekomme nicht so viel, wie ich bräuchte, um alles bezahlen zu können. Außerdem weiß ich noch gar nicht, ob und wann ich dort einziehen will. Ist doch eine ganz schöne Bruchbude - oder?"
    Auch das Büro im Gemeindeamt sah nicht viel besser aus. Sven registrierte, dass auch hier der Wind durch die schadhaften Fenster pfiff.
    Werner Knauer, Mitte Vierzig, mit exaktem Scheitel im dunklen Haar, hellem Hemd und dezentem Binder, konnte das nicht verstehen. Wieso packte der Junge diese Gelegenheit nicht beim Schopfe? Er war doch Maurer, da konnte das doch schließlich nicht so schwierig sein.
    Laut sagte er: "Nun, Herr Stiller, ein Palast ist das freilich nicht, aber Sie sind doch jung, haben zwei gesunde Hände, da müsste doch eigentlich schnell etwas zu schaffen sein."
    Ihm dauerte dieses Gespräch schon viel zu lange. Eigentlich ging ihn das alles gar nichts an, aber die Nachbarn hatten

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