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Stille(r)s Schicksal

Stille(r)s Schicksal

Titel: Stille(r)s Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Kunze
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zusammensteckten, sobald sie auftauchte. Wenn sie manchmal ein Lächeln von völlig unbekannten Menschen auffing, gab sie es besonders freudig zurück.
    Sie atmete ganz bewusst die klare Luft, die schon sehr nach Winter roch und schmeckte, schaute einem Vogel nach, der steil in die Lüfte stieg und sich dann abrupt fallen ließ.
    Das waren Tage, an denen sie sich von solcher überschäumenden Freude am Leben nur zu gern anstecken ließ.
    Oft schien es ihr sogar, dass ihre Schmerzen immer mehr nachließen, manchmal spürte sie gar nichts mehr davon. Dann schöpfte sie neue Hoffnung, an der sie natürlich auch ihren Mann teilhaben ließ.
    „ Siehst du“, triumphierte er bei solchen Gelegenheiten, „ich habe doch gewusst, dass wir es schaffen!“
    Von den anderen Momenten, den schlimmen, in denen sie vor Schmerzen nicht mehr klar denken konnte, erzählte sie ihm kein Wort. Sie griff nur still in ihren Pappkarton, der noch immer als Hausapotheke diente, und zog sich zurück.
    Die Zäpfchen waren jetzt höher dosiert und machten sie oft ganz benommen, so dass sie sich hinlegen musste.
    Da bedurfte es eigentlich auch gar keiner Worte, Sven erwies sich gerade an diesen trüben Tagen als besonders liebevoller Krankenpfleger. So auch jetzt.
    "Siehst du, ich habe doch gesagt, dass ich dich gut versorge!" sprach er mit munterer Stimme. Anne konnte sich sein jungenhaftes Lachen schon vorstellen, noch bevor er die angelehnte Tür mit spitzem Ellenbogen öffnete.
    Sven brachte ein Tablett, darauf Teekanne, Milch, Zucker und Zwieback. Anne schnupperte, tatsächlich, er hatte sogar ihren Lieblingstee aufgebrüht. Spontan umarmte sie ihren Mann, obwohl sich die Schmerzen verstärkten, sobald sie die Arme anhob.
    "Komm her, mein Lieber, du hast ja wirklich wieder an alles gedacht, sogar an den Jasmintee!" Ihre Stimme klang warm.
    Schon hatte sie ihm einen feuchten Kuß auf die Wange gedrückt. Sven kräuselte ein wenig verlegen die Lippen.
    "Ach was, ist doch selbstverständlich", sagte er und winkte ab. Verstohlen fuhr er sich mit dem Ärmel seiner Strickjacke über die Wange.
    Er setzte sich zu ihr, ganz an den Rand des hochlehnigen Sofas und goss den Tee ein. Beide genossen das heiße, duftende Getränk, und spürten, wie sich die Wärme im ganzen Körper ausbreitete.
    Manchmal begegneten sich ihre Blicke über dem Tassenrand. Aus dem Radio erklang leise Musik. Wenn ich nicht durch die Zäpfchen so benommen wäre, hätte ich jetzt Lust zum Tanzen, dachte Anne. So hatte sie sich immer ihren einfachen Frieden vorgestellt.
    Ob Sven das auch so sah? Sie wollte ihn nicht so direkt danach zu fragen. Sie glaubte, ähnliche Gedanken und Gefühle in seinem verlorenen Blick zu erkennen.
     

Mein Gott, das Baby …
     
    An einem kalten, trüben Sonntag im November jedoch schien sich alles mit einem Schlag zu ändern. Mitten in der Nacht erwachte Anne aus einem schönen Traum.
    "Oh Gott, mein Bauch", stöhnte sie laut auf und presste beide Hände auf ihren Unterleib. Doch es wurde von Minute zu Minute schlimmer.
    „ Ruhig durchatmen!“, befahl sie sich mit leiser Stimme, aber es nützte nichts, die Schmerzen überrollten sie in immer kürzer werdenden Intervallen, ihr Stöhnen wurde immer lauter.
    Sven schlief seelenruhig neben ihr. Seine Züge waren entspannt. Sein behaarter Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig, er verabscheute es auch im Winter, einen Schlafanzug zu tragen.
    Erst, als sie glaubte, den Schmerz nicht mehr ertragen zu können, rüttelte sie ihn heftig an der Schulter.
    "Was ist los?" brummte er schlaftrunken, doch als er sah; wie sich seine Frau vor Schmerzen krümmte, war er mit einem Mal hellwach. Ohne eine Antwort abzuwarten, sprang er aus dem Bett, suchte schnell seine Sachen zusammen, zog sich hastig an und stammelte dabei immer irgend etwas vor sich hin.
    Anne verstand manchmal Bruchstücke, doch "Mein Gott, das Baby kommt schon, das Baby kommt …" hörte sie aus seinem Kauderwelsch ganz deutlich heraus.
    "Ja, mein Gott, das Baby kommt schon … nun ruf schon endlich den Krankenwagen!"
    Sie war ungehalten, bedauerte es aber gleich darauf. Er konnte ja schließlich nichts für dieses wahnsinnige Auf und Ab.
    Es war ganz klar, das waren die Wehen. Sven rannte erschrocken die Treppe hinunter, stolperte, fiel hin, stand wieder auf und nahm die letzten drei Stufen auf einmal. Krachend flog hinter ihm die Haustür ins Schloss.
    Hoffentlich springt das verdammte Auto an, dachte er, und der Polo ließ ihn nicht im

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