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Stille(r)s Schicksal

Stille(r)s Schicksal

Titel: Stille(r)s Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Kunze
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darauf?
    Sven wollte ihr und wohl auch sich selbst Mut machen, als er entgegnete: „Dann bist du wohl bald gesund?"
    Er hatte nicht geflüstert, im Gegenteil, es sollten ruhig alle Leute hören, wie er seiner Frau Mut zusprach.
    Einige Köpfe aus den weißen Betten wandten sich ihm vorwurfsvoll zu.
    Anne winkte leicht ab.
    „ Du weißt doch, wie das in meinem Fall ist. Eine Garantie gibt es nicht.“ Sie flüsterte, um die anderen nicht zu stören, es waren ja auch alles Frischoperierte.
    „ Ich habe es dir doch so schon viele Male zu erklären versucht." Resigniert schaute sie an ihm vorbei.
    Sven jedoch wollte davon nichts hören. Trotzig erwiderte er: "Aber, wenn du doch heimkommst?"
    Unwillkürlich hatte er bei seinem Protest mit dem Fuß aufgestampft.
    Anne wusste ja inzwischen, dass er alle, auch noch so einfach formulierten Fachbegriffe ablehnte. Begriffe, wie Tumor oder Metastasen machten ihn nur wütend. Aber sie glaubte auch, dass er alles in seiner Macht stehende tun würde,
     
    um sie gesund zu pflegen. Deshalb überließ sie ihm bereitwillig ihre schmalen Hände.
    Trotzdem: Auf die leichte Schulter konnte sie ihre Situation nicht nehmen. Als sie sah, wie auch Sven unter seiner eigenen Courage zu leiden schien, senkte sie den Blick.
    Plötzlich sagte er, scheinbar wieder völlig entschlossen: „Gut, sollen sie dich hier ruhig noch ein bisschen aufpäppeln. Morgen fahre ich nach Berlin, begucke mir unsere Tochter, und dann bereite ich zu Hause alles auf deine Heimkehr vor. Du wirst schon sehen. Ich backe einen feinen Kuchen, und du wirst auch nicht einen einzigen Krümel Mehl auf dem Fußboden vorfinden … du wirst schon sehen“, wiederholte er, das Kinn energisch nach vorn gereckt, „wir schaffen das schon alles!“
    Anne konnte nicht verhindern, dass sie gerührt war über seine guten Vorsätze und wollte ihm deshalb auch nicht seine Illusionen nehmen. Doch sie wusste natürlich inzwischen, wie oft die Leute mit Krebs nur zum Sterben nach Hause geschickt wurden. Aber sie wollte ihm seine Hoffnung nicht rauben. Hoffte nicht auch sie manchmal, dass der berühmte Glaube Berge versetzen könne? Doch sie musste auch an ihre Eltern denken, die ihr immer wieder gesagt hatten, dass es nichts nütze, sich selbst etwas vorzumachen, dass man sich einfach den Realitäten stellen müsse. Es war nicht immer leicht gewesen, danach zu leben, aber es war ihr mit der Zeit immer besser gelungen. Darauf war sie stolz gewesen. Doch jetzt? Jetzt wünschte sie ihren Realitätssinn manchmal zum Teufel. Warum konnte sie nicht, wie Sven, an ein Wunder glauben?
    Zärtlich strich sie ihm eine widerborstige dunkle Strähne aus der Stirn und sah ihm in die Augen. Jetzt war es an ihm, den Blick zu senken.
    „ Gut,“ verabschiedete er sich eilig, „die Besuchszeit ist zu Ende, ich fahre jetzt nach Hause und fange mal schon an aufzuräumen, denn morgen bin ich ja in Berlin bei unserer Tochter, da wird auch nicht viel. Und übermorgen muss ich wieder zur Arbeit."
    Die nächsten Schritte waren also fest umrissen. Es hatte den Anschein, als könne ihn nun überhaupt nichts mehr erschüttern.
    Anne musste über seinen Eifer unwillkürlich lächeln, denn dass er wirklich so unerschütterlich war wie er tat, wagte sie zu bezweifeln. Doch das Lächeln blieb noch in ihrem Gesicht, auch, als Sven schon längst gegangen war.
    Die Stimme von Frau Schwarz riss Anne abrupt aus ihren Gedanken.
    "Sie haben aber einen hübschen und einen lieben Mann! Sie sind wohl noch nicht lange verheiratet? Was macht er denn von Beruf?" stellte die Bettnachbarin gleich mehrere Fragen auf einmal.
    Doch Anne reagierte nicht genervt, wie sie es vielleicht bei ihrem ersten Krankenhausaufenthalt noch getan hätte, sondern antwortete ganz ruhig: „Ja, Frau Schwarz, er sieht gut aus, ist auch lieb und Maurer von Beruf."
    Nach mehreren befriedigten "Aha!" und "hm - hm" von nebenan drehte sich die junge Frau mühsam auf die andere Seite. Sie wollte keinen Zweifel daran lassen, dass sie an weiteren Gesprächen kein Interesse mehr hatte.
    Gleich würde die Schwester mit den Medikamenten kommen. Dann wollte sie noch ein Weilchen an ihren Mann und vor allem an ihre kleine Tochter denken und vielleicht sogar ein bisschen schlafen nach all den Strapazen.
    Nach der obligatorischen Spritze kam es Anne vor, als würde das Bett mit ihr durchs Zimmer schweben. Das durchsichtige Gefäß am Tropfgestell schaukelte vor ihren Augen hin und her, wurde breiter und schmaler,

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