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Stille(r)s Schicksal

Stille(r)s Schicksal

Titel: Stille(r)s Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Kunze
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länger und kürzer, schien einen fröhlichen Tanz zu vollführen, eigens zu ihrer Freude.
    So geschah es, dass Anne ihr heiteres Lächeln mit in den Schlaf nahm.
     

Wechselbad der Gefühle
     
    Sven wälzte sich schlaflos von einer Seite zur anderen. Die Rückfahrt vom Kottberger Krankenhaus war diesmal ohne Komplikationen verlaufen. Es waren nur wenige Fahrzeuge unterwegs gewesen.
    Viel zu schnell war er an zahllosen hell erleuchteten Fenstern vorbeigefahren, hatte manchmal sogar überlegt, was die Leute dort wohl gerade taten, ob sie sich liebten oder stritten - oder vielleicht nur noch gleichgültig nebeneinander her lebten? Oder hatten sie sich, wie er, wohlmöglich eine schwere Last aufgebürdet?
    In dieser Nacht quälte er sich noch lange mit der Frage herum, ob er deshalb stolz sein oder sich selbst bedauern sollte.
    Ja, es gab so einen kleinen Anflug von Selbstmitleid, aber der ging schnell vorüber. Etwas länger dauerte es, bis zum Ende seiner Überlegungen zu kommen und so eine Art Bilanz zu ziehen. An dem Punkt angelangt, fand er sein Leben schon nicht mehr ganz so schlimm.
    Immerhin, so dachte er, haben wir ein Häuschen am Waldrand und eine kleine Tochter. Und was das Wichtigste ist: Wir haben uns - Anne und ich - zusammen müssen wir stark sein! Laut und deutlich sagte er: „Meine Frau und mein Kind werden gesund werden, verdammt!“
    Irgendwann, er wusste schon gar nicht mehr, wann das war oder wo, hatte er einmal gelesen, dass man nur ganz fest an eine Sache glauben und sie laut aussprechen müsse, damit sie auch eintreffe.
    Lächerlich, hatte er damals gedacht, was für ein Schwachsinn! Ja, daran erinnerte er sich noch ganz genau.
    Doch jetzt, da er im Begriff war, das Einzige zu verlieren, was ihm auf dieser Welt wichtig war, seine Liebe, musste er am eigenen Leib erfahren, dass man seine Hoffnung in solchen Fällen selbst an solchen Hokuspokus knüpfen kann.
    Den Gedanken, dass es womöglich doch anders kommen könnte, wollte er einfach nicht zulassen. Doch in dieser Nacht machte er eine weitere seltsame Erfahrung: Man kann zwar die Gedanken beiseite schieben, aber die Gefühle kommen doch auf unerklärliche Weise von selbst wieder zum Vorschein, in welchen Winkel man sie auch verbannt haben mochte. Und wenn sie einmal da waren, diese dunklen Ahnungen, geisterten sie in seinem Bauch herum, nisteten sich so lange beharrlich auch in seinem Kopf ein, bis sie sich wieder in bohrende Fragen verwandelten:
Was wird sein, wenn Anne wirklich stirbt? Ich komme ja nicht einmal klar, wenn ich allein hier lebe. Wie soll das dann erst gehen mit so einem kleinen Wesen, das vielleicht ständig schreit? Wie soll ich das verkraften?
    Ihm wurde übel und er stand auf, um sich einen Magenbitter einzuschenken.
    Dass es sich dabei um das erste Glied einer verhängnisvollen Kette handelte, wusste er zu dem Zeitpunkt noch nicht.
    Wärme breitete sich im Bauch aus, Sehnsucht überkam ihn, so zog er die Bettdecke bis zum Kinn, tastete sich weiter, stellte sich Annes Körper im Urlaub vor.
    Doch auch nach der körperlichen Entspannung wollte sich die seelische, der ersehnte Schlaf, nicht einstellen.
    Er stand auf, ging hinunter in die Küche, um sich Milch warm zu machen, trank ein Glas voll, füllte den Rest in eine Thermoskanne, nahm sie mit ins Schlafzimmer, stellte sie auf den Nachttisch, trank wenig später gleich noch eins.
    Die warme Milch, in kleinen Schlucken getrunken, hatte ihn schon als Kind oft beruhigt, wenn er nachts wach gelegen hatte.
    „ Milch und Honig tun der gepeinigten Seele gut“ hatte seine Schwester ehrfurchtsvoll aus einem Buch vorgelesen. Oft hatten sie die Wirkung tatsächlich gespürt, denn wie es schien, war es ihnen mit der Zeit - und viel Milch und Honig - immer besser gelungen, ihre seelischen Verletzungen wegzustecken.
    Doch diesmal blieb die herbeigesehnte Wirkung aus. Im Gegenteil: Statt der erwarteten Schläfrigkeit und Entspannung, kamen die Sorgen zurück und drückten ihn nieder.
    Immer wieder schloss Sven die Augen, aber die Lider gingen wie von selbst wieder auf, und er zählte zum x-ten Male die Bretter an der Holzdecke. Er bemerkte, dass sich einige der Paneele auseinander geschoben hatten. Das würde er demnächst auch reparieren müssen.
    Nach einer weiteren unruhigen Stunde holte er sich den zweiten Schnaps.
    Damit er nicht wieder verschlief, stellte er den Radiowecker und dachte an Anne und seine Tochter Laura, die er morgen zum ersten Mal sehen würde. Wie sie wohl

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