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Stille(r)s Schicksal

Stille(r)s Schicksal

Titel: Stille(r)s Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Kunze
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nahm ihr feines Profil in sich auf.
    Spontan nahm er sie beim Kopf und küsste sie auf den Mund. Er wunderte sich, denn es war kein freundschaftliches Küsschen.
    Er hatte geglaubt, dass er seine Frau nicht mehr begehren könnte.
    Anne war ob des spontanen Kusses ebenso überrascht. Er machte sie froh, obwohl sie nicht wusste, warum.
    „ Komm, Weib, gehen wir zu Bett!" ordnete Sven lachend an und sie erhob gegen den freundlichen Befehl keinen Einspruch.
    „ Klar, mein Gebieter, sofort", ging sie vielmehr auf seinen Ton ein, „morgen haben wir einen anstrengenden und schönen Tag vor uns. Morgen kommt unsere Laura heim!"
    Sven hatte wohl ihr schnelles Einverständnis ein wenig falsch gedeutet, denn als sich seine Hand unter der Decke langsam zu ihr hinüber tastete, kniff sie ängstlich ihre dünnen Schenkel zusammen.
    Sven fühlte ihre Abwehr, und sein Traum, alles könne wieder so werden, wie es einmal war, zerstob endgültig.
    Komm zu dir, alter Junge, schalt er sich. Sie hatten schließlich nach Annes Operation noch nicht ein einziges Mal wieder miteinander geschlafen. Er atmete tief durch, schlug die Bettdecke zurück und stand auf. Er würde einfach in die Küche gehen und nicht wieder ewig warten, bis die Erregung von selbst abgeklungen war.
    Als Anne ihn nach kurzer Zeit stöhnen hörte, drehte sie sich auf die andere Seite und ließ ihren Tränen freien Lauf.
    Morgen, dachte sie, morgen wird alles besser. Morgen wird Sven nicht mehr an Sex denken, ab morgen bestimmt Laura unser Leben.
    Als Sven sich später wieder neben sie legte, berührte seine Hand versehentlich eine feuchte Stelle auf ihrem Kopfkissen.
    Sie hat also wieder geweint, dachte er nicht ohne Mitgefühl. Aber er scheute davor zurück, sie jetzt anzusprechen.
    „ Bestimmt schläft sie sowieso schon“, redete er sich halblaut ein und drehte sich auf die andere Seite.
     

Fast fünf Pfund Glück mehr im Haus
     
    Anne weinte auch am nächsten Tag, als sie den roten Polo um die Ecke biegen sah. Diesmal allerdings waren es Freudentränen. Auch Sven freute sich ganz offensichtlich. Schon von weitem winkte er, der Frust von gestern Abend schien ebenso vergessen zu sein wie die lange Fahrt bei Kälte und Schneetreiben oder die zahlreichen Erklärungen von Arzt und Schwestern in Berlin.
    Was die für eine Wesen mit allem machten! Früher mussten die Eltern auch keine wissenschaftlichen Erklärungen über sich ergehen lassen, welche Temperatur, welche Konsistenz und welche Bestandteile die Nahrung haben musste, damit das Kind gesund blieb, hatte Sven in Berlin gedacht.
    Soviel Aufhebens würde er bestimmt nicht machen, aber er hatte seine Gedanken für sich behalten, sich vielmehr höflich und freundlich für
die wertvollen Hinweise
bedankt.
    Dann waren sie losgefahren, Laura hatte fast während der ganzen Fahrt geschlafen.
    Als Sven in den Hof einbog, ganz problemlos, denn es gab noch immer kein Tor, hatte es Anne hinter dem Fenster nicht mehr ausgehalten. Sie lief den beiden mit ausgebreiteten Armen entgegen.
    Donnerwetter, dachte Sven überrascht, denn ein solches Tempo hatte er bei seiner Frau schon lange nicht mehr erlebt - und ihr deshalb auch gar nicht mehr zugetraut.
    Es war noch immer kalt, aber der Schneesturm hatte aufgehört. Die Sonne stand hinter dem Schuppendach und übergoss die ganze Szene mit rötlichem Licht.
    Anne sah verwundert, dass der Hof mit einem Mal gar nicht mehr so trist wirkte wie in den zurück liegenden Wochen. Das lag wohl nicht allein am indirekten Sonnenlicht, sondern auch an ihrer überschäumenden Freude, dass sie alle Dreckecken großzügig übersah.
    Ihr einziges Interesse galt jetzt ihrer Tochter. Endlich! Gleich würde sie Laura im Arm halten!
    „ Warte, ich nehme die Kleine", erbot sich Anne sofort, als Sven sich schon wieder in das Wageninnere beugte, um Laura aus dem Babysitz zu schälen. Aber dann bekam es Anne doch mit der Angst zu tun. Sie könnte die Kleine womöglich fallen lassen!
    Sven hatte sowieso nicht vorgehabt, ihr das Baby zu geben, denn er hielt Laura schon selbst vorsichtig in den Armen.
    „ Guck, Laura, deine Mama!" Es klang irgendwie halbherzig, Anne konnte seine Unsicherheit spüren.
    „ Du hast ja eine schicke Mütze auf", auch sie kam sich plötzlich albern vor. Aber das Mädchen schien von seinen Eltern überhaupt wenig Notiz zu nehmen. Anne kam es vor, als suchten Lauras weit geöffnete Augen verzweifelt - und vergeblich - nach etwas Vertrautem.
    Plötzlich stieß sie einen

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