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Stille(r)s Schicksal

Stille(r)s Schicksal

Titel: Stille(r)s Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Kunze
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erschütternden Schrei aus, hielt einen Moment inne und begann dann wieder aus vollem Halse zu schreien. Ängstlich liefen sie ins Haus, die Nachbarn mussten schließlich nicht gleich alles mitbekommen.
    „ Ach, sie wird bestimmt nur Hunger haben!"
    Sven schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und holte schnell die Babynahrung aus der Reisetasche.
    "Lass´ mich das machen", bat Anne lächelnd, aber mit großem Nachdruck. Ehe er überhaupt etwas erwidern konnte, hatte sie ihm schon das Päckchen aus der Hand genommen.
    Sven ließ sich ergeben auf die Eckbank fallen. Jetzt spürte er doch, wie müde und ausgebrannt er war. Je länger er aber seine Frau beobachtete, desto weniger kümmerte ihn seine eigene Müdigkeit. Anne summte fröhlich irgendein Phantasielied vor sich hin, während sie mit dem Fläschchen hantierte.
    Laura hatte sie derweil, wenn auch unter deren Protestgeschrei, in die Wiege gelegt. Die Melodie klang heiter und frisch, als wäre die Sängerin niemals krank gewesen. Dieses unbekümmerte Vor-sich-hin-Summen zauberte einen Hauch von Harmonie in die gut geheizte Wohnküche. Dieses undefinierbare Trallala schien inzwischen auch der kleinen Laura zu gefallen, denn ihr lautes und verzweifeltes Weinen war zunächst in leises Schluchzen übergangen, um irgendwann ganz und gar zu versiegen. Anne und Sven staunten erst recht, als es sich ein paar Minuten später so anhörte, als wollte die Kleine in den Singsang ihrer Mutter mit einstimmen.
    Die Holzwiege, gleich neben der Eckbank, begann leicht zu schaukeln, sobald Laura sich bewegte.
    Anne fühlte sich heute unglaublich stark, sie hatte sogar selbst Feuer gemacht, als ihr Mann unterwegs war.
    Auch Sven fühlte sich jetzt gut, zog besorgt die Wickelunterlage auf dem Tisch glatt, denn er hatte sie versehentlich mit den Ellenbogen zusammengeschoben. Keine Falte sollte seine Tochter drücken.
    „ Guck mal an, die Laura merkt, dass es gleich happa-happa gibt."
    Neckisch stupste der stolze Vater mit dem Zeigefinger an die winzige Stupsnase seiner Tochter.
    „ Happa-happa! Was soll das denn sein?"
    Anne mochte solche Verballhornung der Sprache eigentlich nicht, aber das Glück über ihre Tochter ließ sie gleich wieder versöhnlich einlenken.
    „ Guck nur mal, wie schön unsere Laura trinken kann. Kein Wunder, dass sie vorhin solchen Krach gemacht hat."
    Sven schaute seiner Tochter noch ein wenig zu, nahm sie nach dem Trinken aus der Wiege und legte sie auf die Unterlage. Anne hatte beim Wickeln zufällig auf den Entlassungsschein geschaut und wusste nun, dass ihre Tochter ganze 2390 Gramm wog. Immerhin, dachte sie selig, fast fünf Pfund Glück mehr in diesem Haus.
    In den kommenden Tagen und Wochen sollte sich jedoch zeigen, dass es für die jungen Eltern unter den gegebenen Umständen gar nicht so einfach war, diese fünf Pfund Glück weiter wachsen und gedeihen zu lassen.
    Anne wurde immer schwächer, sie konnte kaum noch stehen und legte sich beim Füttern zu ihrer Tochter auf eine alte Polsterliege. An Heizen oder gar Wäsche aufhängen war nicht mehr zu denken. Immer mehr Lasten, die irgendwie mit dem Kind oder dem Haushalt zusammenhingen, musste sie zu ihrem eigenen Leidwesen ihrem Mann aufbürden.
    Der mühte sich meistens redlich, schaffte es aber einfach nicht, seine Arbeit als Maurer und seine häuslichen Pflichten unter einen Hut zu bekommen.
    Sven wusste oft nicht, wo ihm der Kopf stand.
    Er konnte es einfach nicht verhindern, dass er in letzter Zeit immer häufiger zu spät zur Arbeit kam.
    „ Wenn das so weitergeht", hatte Meister Heidrich eines Tages gesagt, „dann müssen sich wohl unsere Wege trennen."
    Sven erschrak, versuchte den alten Mann zu beruhigen.
    „ Wir haben ab März eine Tagespflegestelle für Laura. Das ist so eine Frau, die uns das Jugendamt zugewiesen hat, denn Anne schafft es einfach nicht mehr, die Kleine tagsüber richtig zu versorgen.“
    Sein Blick bat um Verständnis.
    „ Jaja, ist schon gut", hatte Heidrich unwirsch gebrummt und seine Hände fröstelnd über dem bullernden Kanonenöfchen aneinander gerieben. Sven solle sich bloß endlich an die Arbeit machen.
    „ Nun mach schon,", wiederholte er mit Nachdruck, "die anderen werden schon sauer auf dich sein!"
    Seine Kollegen schienen tatsächlich nicht sehr begeistert zu sein, als Sven endlich in der Kantstraße auftauchte.
    „ Menschenskind, du hast hier keine Sonderrechte, bloß weil deine Frau krank und deine Tochter so mickrig ist", schimpfte der lange

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