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Stille(r)s Schicksal

Stille(r)s Schicksal

Titel: Stille(r)s Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Kunze
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zulassen dürfen
, warf sie sich zerknirscht vor und kämpfte mit den Tränen.
    Als Sven mit hochrotem Gesicht in die Küche zurückkam, nahm sie sich zusammen. Er brauchte sie nicht schwach zu sehen.
    „ Weißt du was, ich komme gleich mit nach Wiesenberg, wir nehmen dir die Kleine für eine Weile ab, damit du dich wieder um Arbeit bemühen kannst. Glaube mir, Arbeit war schon immer ein gutes Mittel, um über Schicksalsschläge hinwegzukommen“, erklärte sie.
    Margot nahm sein Schweigen als Zustimmung, vergewisserte sich noch, ob denn das Bestattungsinstitut alle Formalitäten
mit der Beisetzung und so
regele. Ihre Worte wirkten ruhig und besonnen, alles Schrille schien von ihr abgefallen zu sein. Sven hatte nur geistesabwesend genickt, während sie sprach, seine Tasse mechanisch angehoben, zerstreut hinein geschaut und sie verwundert wieder abgesetzt, als er gewahr wurde, dass sie leer war.
    Langsam schien er wieder zu sich zu kommen, denn er murmelte undeutlich: „Ja, die Bestattungsfirma, die regelt alles. Mit der Laura, ich weiß nicht, vielleicht wäre es ja ganz gut. Aber was wird Vater …?"
    Ohne den Satz zu Ende zu sprechen, stand er auf und schickte sich zum Gehen an.
    „ Vater?", beeilte sich Mutter Margot zu sagen, „er ist im Garten, wir fahren am besten dort mit vorbei, erzählen ihm alles, bevor wir zu Laura fahren."
    Sie verspürte plötzlich eine große Sehnsucht nach ihrer Enkeltochter, und sie war sich auch im klaren darüber, dass Laura ihre Großmutter noch niemals so sehr gebraucht hat wie jetzt. Sie würde die Kleine zu sich nehmen, egal was Helmut davon halten mochte. Vielleicht würde ja ein Wunder geschehen - und er würde ein besserer Großvater werden, als er jemals ein Vater gewesen war.
     
    Als sie bei Frau Lärche in Wiesenberg klingelten, riss diese sofort die Tür auf. Vielleicht hatte sie Mutter und Sohn schon von weitem kommen sehen?
    "Mein herzliches Beileid!" sagte sie und es klang aufrichtig.
    Die Nachbarin mit den Vogelaugen bekundete der Schwiegermutter der Verstorbenen ihre Anteilnahme mit einem angemessenen Händedruck, wenn sie auch fand, dass diese Margot durchaus nicht so leidend aussah wie es sich gehört hätte. Diese dralle Großmutter machte für ihre Begriffe einen geradezu unanständig gesunden Eindruck.
    Außerdem hätte sie ihr am liebsten ins Gesicht geschleudert, ob sie sich nicht schämte, so wenig Anteil am Schicksal der jungen Leute genommen zu haben.
    Ich ja eigentlich auch nicht, musste sie sich gleich darauf eingestehen, und sie hielt wohlweislich den Mund. Es war ihr zwar manchmal nicht geheuer vorgekommen, was da im Nachbarhaus vor sich zu gehen schien, aber sie war ja schließlich nur die Nachbarin.
    Missbilligend beobachtete sie Margot.
    Diese rundliche, energische Frau schien alles im Griff zu haben, während ihr Sohn offenbar völlig am Ende war.
    Er dachte ja nicht einmal daran, die Babyflasche mit in die Tasche zu packen, ließ die Frauen einfach stehen und verschwand.
    Margot hingegen kümmerte sich nun in aller Ruhe um ihre Enkelin, die beim Anblick ihres Vaters sofort zu schreien begonnen hatte.
    Sie nahm Laura auf den Arm und schaukelte sie ein bisschen hin und her, wie sie es heute schon einmal mit ihrem erwachsenen Sohn versucht hatte. Dabei gab sie einen Singsang von sich, der dem von Anne ähnelte, den diese angestimmt hatte, als Laura aus dem Krankenhaus entlassen worden war und den wohl alle Mütter und Großmütter dieser Welt anstimmten, wenn es galt, die Jüngsten in der Familie zu beruhigen..
    Die Kleine horchte mit einem Mal auf, und im Nu waren die Tränen versiegt.
    Frau Lärche steckte die Babyflasche und Frau Stillers Jackentasche, da diese keine Hand frei hatte.
    „ Komm, meine Süße", freute sich die Oma, „wir gehen jetzt nach Hause. Dort wird fein gebadet und gegessen. Dann wird meine Prinzessin schön schlafen. Und morgen fahren wir zu Opa, der wird sich freuen. Danach bleibst du ein Weilchen bei uns, nicht wahr?"
    Als hätte Laura alles verstanden, verzog sie ihren Mund zu einem breiten Lächeln.
    "Tschüs - und schönen Dank auch fürs Aufpassen!"
    Eine kurze Kopfbewegung in Frau Lärches Richtung. Margot spürte deren Ablehnung, aber sie mochte diese Nachbarin ja selbst auch nicht.
    Anne hatte ihr zwar einmal erzählt, dass deren Mann ebenfalls an Krebs gestorben sei, das hatte ihr schon leid getan, aber die Vogelaugen hätten es nicht zugelassen, ihr das auch zu sagen.
    „ Ist schon gut, war doch

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