Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
an Leighton Duff, in der Nacht des 7. Januar 1860 in der Water Lane in St. Giles.« Es wäre grausam gewesen, ihn zu warnen, daß alles, was er sagte, vor Gericht als Beweis verwendet werden konnte. Er konnte nichts sagen, konnte sich weder verteidigen noch erklären oder irgend etwas leugnen.
    Hester eilte zu ihm hinüber und setzte sich auf die Bettkante, wo sie Rhys zu sich umdrehte, so daß er sie ansehen mußte.
    »Haben Sie es getan, Rhys?« fragte sie und zog an seinen Armen, um durch den Schmerz den Bann, in dem er gefangen war, zu brechen.
    Er sah sie an und stieß ein ersticktes Geräusch hervor, das beinahe wie ein Lachen klang, dann strömten die Tränen über seine Wangen, und er schüttelte den Kopf, nur schwach zuerst, dann immer heftiger, bis er sich wild von einer Seite auf die andere warf, und die ganze Zeit über stieß er verzweifelte, röchelnde Laute aus.
    Hester stand auf und wandte sich Evan zu.
    »Also gut, Sergeant, Sie haben Ihrer Pflicht Genüge getan.
    Mr. Duff hat Ihre Anklage gehört, und er hat Ihnen gesagt, daß er nicht schuldig ist. Wenn Sie auf Dr. Wade warten möchten, damit er Ihnen bestätigt, daß Rhys zu krank für eine Verlegung ist, können Sie das unten tun, vielleicht im Empfangssalon. Mrs. Duff wird vielleicht ebenfalls allein sein wollen.«
    »Sie brauchen nicht zu warten.«
    Evan fuhr herum und sah Corriden Wade hinter sich. Der Arzt wirkte erschöpft, und seine Wangen waren eingefallen, aber er verriet mit keinem Wimpernschlag, was er fühlte.
    »Guten Abend, Dr. Wade.«
    »Das dürfte wohl kaum ein guter Abend sein«, bemerkte Wade trocken. »Ich habe befürchtet, daß das passieren würde, aber jetzt, da es geschehen ist, muß ich Sie offiziell und in meiner Eigenschaft als Rhys’ Arzt davon in Kenntnis setzen, daß sein Gesundheitszustand keine Verlegung zuläßt. Wenn Sie es trotzdem täten, würden Sie damit vielleicht nicht nur seine Genesung, sondern womöglich sogar sein Leben gefährden. Und ich muß Ihnen ins Gedächtnis rufen, daß Sie zwar Anklage erhoben haben, daß bisher jedoch nichts bewiesen ist. Vor dem Gesetz ist er immer noch unschuldig.«
    »Das ist mir bewußt, Dr. Wade«, antwortete Evan gelassen.
    »Ich habe nicht die Absicht, irgend etwas zu erzwingen. Ich werde einen Constable draußen vorm Haus postieren. Ich bin nur hergekommen, um Mr. Duff über die Anklage zu informieren, nicht, um zu versuchen, ihn in Haft zu nehmen.«
    Wade entspannte sich ein wenig. »Gut. Gut. Es tut mir leid, daß ich ein wenig vorschnell war. Sie müssen begreifen, daß diese Angelegenheit mich nicht nur auf beruflicher, sondern auch auf persönlicher Ebene zutiefst bekümmert. Ich bin seit vielen Jahren ein Freund der Familie. Diese Tragödie geht mir sehr nahe.«
    »Das weiß ich«, räumte Evan ein. »Ich wünschte, es wäre etwas anderes, das mich hierhergeführt hat.«
    »Das glaube ich Ihnen.« Wade nickte und ging dann an ihm vorbei ins Zimmer, wobei er Hester einen schnellen, dankbaren Blick zuwarf. »Vielen Dank, Miss Latterly, für Ihre Hilfe. Ich bin mir sicher, daß Sie Ihre Sache gut gemacht haben. Ich werde jetzt für eine Weile bei Rhys bleiben, um dafür zu sorgen, daß der Schock keine allzu ernsten Nachwirkungen für ihn hat. Vielleicht wären Sie so freundlich, in der Zwischenzeit Mrs. Duff zur Seite zu stehen. Ich werde in Kürze wieder unten sein.«
    »Ja, natürlich«, antwortete Hester und führte Evan ohne langes Zögern aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.
    »Es tut mir leid, Hester«, sagte Evan, der hinter ihr die Stufen hinunterstieg. »Ich hatte wirklich keine andere Wahl. Die Beweise sind erdrückend.«
    »Ich weiß«, erwiderte sie, ohne sich umzudrehen. »William hat es mir erzählt.« Sie wirkte steif und hielt sich nur mit Mühe aufrecht, als bestünde die Gefahr, daß sie sich nicht wieder würde fassen können, wenn sie ihren Gefühlen freien Lauf ließ. Hester durchquerte die Halle und trat, ohne anzuklopfen, in den Salon.
    Dort saß Sylvestra auf dem Sofa neben dem Feuer, und Monk stand vor dem Kamin. Keiner von ihnen hatte bei Hesters Eintritt etwas gesagt.
    Sylvestra sah Hester mit verängstigtem, fragendem Blick an.
    »Dr. Wade ist bei ihm«, erklärte Hester. »Rhys ist natürlich sehr erregt, aber es besteht keine echte Gefahr für ihn. Und er wird natürlich hierbleiben.« Sie senkte die Stimme. »Ich habe ihn gefragt, ob er schuldig sei, und er hat nachdrücklich den Kopf geschüttelt.«
    »Aber…« stammelte

Weitere Kostenlose Bücher