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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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vertraut, und er hat alles zerstört, was ich je gewollt habe«, erwiderte er verbittert.
    »Er hat die Falle erkannt, auf die ich zusteuerte, und er hat mit angesehen, wie ich direkt hineinlief.«
    Evan holte Atem, um zu fragen, inwieweit Runcorn das Recht hatte, Monk für eine solche Sache die Schuld zu geben. Vielleicht hatte Monk die Grube genausowenig gesehen wie Runcorn selbst. Oder vielleicht hatte er einfach angenommen, daß Runcorn sie ebenfalls gesehen hatte. Dann jedoch wurde ihm bewußt, daß es nicht nur sinnlos gewesen wäre, über Einzelheiten zu streiten, wenn der Geist der Tat zählte. Hinzu kam, daß er Monk selbst tief im Innern für schuldig hielt.
    »Ich verstehe«, sagte er leise.
    Runcorn sah ihn an. »Wirklich? Ich bezweifle es. Aber ich habe alles getan, was ich kann. Und jetzt verhaften Sie Rhys Duff. Die beiden anderen Männer werden jedoch noch nicht erwähnt, haben Sie mich verstanden, Evan? Ich verbiete es!
    Damit würden Sie möglicherweise jede Chance zunichte machen, daß wir sie irgendwann in Zukunft bekommen können.« Seine Augen verrieten jetzt den Ärger und die Verbitterung über seine eigene Hilflosigkeit. Es widerstrebte ihm von ganzem Herzen, die beiden entkommen zu sehen und zu wissen, daß sie vielleicht auf immer frei waren.
    »Jawohl, Sir. Ich verstehe.« Evan drehte sich um, ging hinaus und hatte für sich bereits entschieden, daß er Monk mitnehmen würde, wenn er in die Ebury Street ging. Monk hatte diesen Fall gelöst. Er verdiente es, dabeizusein.
    Es war kalt, und es wurde langsam dunkel, als Monk, Evan und Shotts mit einer Droschke in der Ebury Street ankamen. Evan hatte überlegt, ob sie den Polizeiwagen nehmen sollten, sich aber dagegen entschieden. Rhys war immer noch zu krank, um in einem solchen Gefährt transportiert zu werden, falls er überhaupt verlegt werden konnte. Die Sorge, daß sie ihn vielleicht nicht mitnehmen konnten, war der Grund, warum er Shotts mitgebracht hatte. Er wollte Shotts als Wachposten dalassen, für den äußerst unwahrscheinlichen Fall, daß Sylvestra versuchen würde, Rhys heimlich fortzuschaffen.
    Evan entlohnte den Kutscher, stellte seinen Kragen hoch und ging voran. Noch nie hatte er eine Verhaftung vorgenommen, die ihm weniger behagte. Als er den Fuß auf der Schwelle stehen hatte und die Hand nach der Glocke ausstreckte, wußte er, daß er sich davor geradezu fürchtete. Er wußte, daß Monk genauso empfand, aber Monk empfand nur um Hesters willen so. Rhys selbst hatte er nie kennengelernt. Er hatte sein Gesicht nicht gesehen. Für ihn war der junge Mann lediglich die Summe der Beweise, die er gefunden hatte; vor allem war er der Grund für den Schmerz der Frauen, denen Monk zugehört hatte und von deren Schicksal er hautnah erfahren hatte.
    Die Tür wurde geöffnet, und das Gesicht des Butlers verdüsterte sich, sobald er Evan erkannte.
    »Ja bitte, Sir?« fragte er wachsam.
    »Es tut mir leid«, begann Evan. Dann straffte er die Schultern und fuhr fort: »Aber ich muß mit Mrs. Duff sprechen. Mir ist klar, daß mein Erscheinen vielleicht nicht angenehm ist, aber ich habe keine andere Wahl.«
    Der Butler sah an ihm vorbei zu Monk und Shotts hinüber. Er erbleichte.
    »Was ist passiert, Sir? Hat es noch einen Zwischenfall gegeben?«
    »Nein. Es ist nichts passiert, aber wir wissen jetzt mehr über die Vorfälle in der Nacht von Mr. Duffs Tod. Ich fürchte, es ist unerläßlich, daß wir hereinkommen.«
    Der Butler zögerte nur einen Augenblick lang. Die Autorität in Evans Stimme war ihm nicht entgangen, und er begriff plötzlich die Schwere seines Amtes.
    »Jawohl, Sir. Wenn Sie mir bitte folgen möchten, werde ich Mrs. Duff informieren.« Er trat zurück, um sie einzulassen. Evan und Monk folgten ihm, während Shotts wie vereinbart draußen zurückblieb.
    Die Halle war warm und hell, eine ganz andere Welt als die eisige Düsternis der Straße. Der Butler ging auf die Salontür zu.
    »Wharmby«, sagte Evan plötzlich.
    »Ja, Sir?«
    »Vielleicht sollten Sie besser Miss Latterly bitten , herunterzukommen.«
    »Sir?«
    »Es wird vielleicht einfacher für Mrs. Duff sein, wenn noch jemand anwesend ist, jemand, der ihr… behilflich sein könnte.«
    Wharmby wurde noch blasser. Er schluckte so heftig, daß ein merklicher Ruck durch seine Kehle fuhr.
    »Es tut mir leid«, wiederholte Evan.
    »Weswegen… weswegen sind Sie hier, Sir?« fragte Wharmby.
    »Um Mrs. Duff zu sagen, daß wir wissen, wie Mr. Duff zu Tode gekommen ist.

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