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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Selbst wenn wir sie fänden, könnten wir nichts tun. Es macht einen ganz krank, aber Sie wissen das genausogut wie ich.«
    Evan sah ihn verständnisvoll an.
    »Ich arbeite selbst an einem ganz erbärmlichen Fall.«
    Monk war nicht wirklich interessiert, aber seine Freundschaft zu dem anderen zwang ihn, Anteilnahme zu heucheln. Zumindest das war er Evan schuldig, wenn nicht mehr.
    »Ach ja? Worum geht es denn?«
    »Um Mord und tätlichen Angriff in St. Giles. Der arme Teufel wäre besser dran gewesen, wenn sie auch ihn ermordet hätten, statt ihn halbtotgeschlagen liegenzulassen. Und jetzt steht er so sehr unter Schock, daß er nicht sprechen kann. Überhaupt nicht.«
    »St. Giles?« Monk war überrascht. Ein weiterer Bezirk, der nicht besser war als Seven Dials und nur einige tausend Meter von diesem entfernt. »Warum plagen Sie sich damit ab?« fragte er trocken. »Stehen die Chancen, dieses Verbrechen aufzuklären, nicht genauso schlecht wie bei meinem Fall?«
    Evan zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich sieht es da nicht viel besser aus. Aber ich muß es versuchen, weil der Tote aus der Ebury Street kam und über beträchtlichen Wohlstand und gesellschaftliches Ansehen verfügte.«
    Monk zog die Augenbrauen hoch. »Was zum Teufel hatte er dann in St. Giles zu suchen?«
    »Sie«, verbesserte Evan ihn. »Sie waren zu zweit. Bisher habe ich, was das betrifft, kaum eine Ahnung. Die Witwe weiß nichts und will wahrscheinlich auch nichts wissen. Die arme Frau. Ich habe keine Spuren, denen ich folgen könnte, bis auf die offensichtlichen Dinge. Er ging nach St. Giles, um ein Verlangen zu befriedigen – nach Frauen oder nach Abenteuern anderer Art –, das er zu Hause nicht befriedigen konnte.«
    »Und der andere lebt noch?« fragte Monk.
    »Sein Sohn. Sie hatten anscheinend einen Streit oder zumindest eine erhitzte Debatte, bevor der Sohn das Haus verließ, und dann ging der Vater ihm nach.«
    »Häßlich«, sagte Monk. Dann erhob er sich. »Wenn mir irgend etwas dazu einfällt, melde ich mich bei Ihnen. Aber ich mache mir da keine großen Hoffnungen.«
    Evan lächelte resigniert und griff nach der Feder, um sich wieder dem Schriftstück zuzuwenden, an dem er vor Monks Eintritt gearbeitet hatte.
    Monk verließ das Revier, ohne nach links oder rechts zu sehen. Er wollte nicht zufällig Runcorn über den Weg laufen. Sein Ärger und seine Enttäuschung machten ihm schon genug zu schaffen. Das Letzte, wonach es ihn verlangte, war die Begegnung mit einem ehemaligen Vorgesetzten, der einen tiefen Groll gegen ihn hegte und nun auch noch über ihn triumphieren konnte. Er mußte nach Seven Dials zurückkehren und zu Vida Hopgood und ihren Frauen. Hilfe von außen war nicht zu erwarten. Was immer geschah, es lag allein in seiner Hand.

4
    Nachdem Corriden Wade am Abend das Haus verlassen hatte, ging Hester nach oben, um noch einmal nach Rhys zu sehen, bevor sie ihn für die Nacht fertig machte. Er lag in sich zusammengekrümmt auf dem Bett, das Gesicht ins Kissen gedrückt, die Augen weit aufgerissen. Bei jedem anderen hätte sie versucht, ihn zum Reden zu bringen und zumindest indirekt herauszufinden, was ihn quälte. Aber Rhys hatte noch immer keine andere Möglichkeit, sich mitzuteilen, als ihren Fragen zuzustimmen oder sie zu verneinen. Hester blieb nichts anderes übrig, als zu raten, sich durch die zahllosen Möglichkeiten zu tasten und zu versuchen, ihre Fragen so zu formulieren, daß Rhys mit ja oder nein antworten konnte. Was für ein grobes Instrument, um die Ursache eines so schrecklichen und vielschichtigen Schmerzes zu finden. Es war, als operierte man mit einer Axt an lebendigem Fleisch.
    »Rhys…«
    Er rührte sich nicht.
    »Rhys… Soll ich ein Weilchen hierbleiben, oder möchten Sie lieber allein sein?«
    Er drehte sich sehr langsam um und sah sie an; seine Augen waren groß und dunkel.
    Sie versuchte, seinen Blick zu deuten, herauszuspüren, welche Gefühle, welche Bedürfnisse er hatte. Was an ihm zerrte, ohne daß er es lange ertragen, ohne daß er sich mit Worten Luft machen konnte. Instinktiv streckte sie die Hand aus und berührte ihn am Arm, oberhalb der Schienen und des Verbands.
    Er zuckte mit keiner Miene. Sie lächelte vorsichtig.
    Er öffnete den Mund. Sein Hals verkrampfte sich, aber es kam kein Laut. Er atmete schneller, schluckte. Schließlich mußte er laut stöhnen, um nicht zu ersticken, aber es kam immer noch keine Stimme, kein Wort.
    Hester hob die Hand an die Lippen. »Es ist

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