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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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sagen, und Evan hatte keine Handhabe, um ihm irgend etwas gegen seinen Willen zu entlocken. Seine einzige Taktik bestand darin, Zeit zu gewinnen und sich den Anschein zu geben, als sei er damit zufrieden.
    »Schade«, sagte Evan ausdruckslos. »Es hätte uns die Arbeit erleichtert. Aber wir werden zweifellos andere finden, die sich gelegentlich in seiner Gesellschaft aufhielten. Es wird mehr Arbeit erfordern, und ich fürchte auch weitere Nachforschungen, was die Privatsphäre anderer Personen betrifft, aber das läßt sich nicht ändern.«
    Duke sah ihn mit schmalen Augen an. Evan war sich nicht sicher, aber er glaubte plötzlich ein leichtes Unbehagen bei dem jungen Mann zu spüren.
    »Wenn Sie im Empfangssalon warten wollen, finden Sie dort vielleicht eine Zeitung oder etwas Derartiges«, sagte Duke abrupt. »Dort entlang.« Er zeigte auf die Tür zu seiner Linken.
    »Ich nehme an, Papa wird Sie empfangen, wenn er nach Hause kommt. Nicht daß ich glaube, er könnte Ihnen irgend etwas sagen.«
    »Können Sie sich vorstellen, daß Rhys ihn ins Vertrauen gezogen hat?«
    Der Blick, den Duke ihm zuwarf, spiegelte eine solch unglaubliche Verachtung, daß eine Antwort überflüssig war.
    Evan begab sich in den kalten und sehr ungemütlichen Empfangssalon. Das Feuer war schon lange erloschen, und Evan fror zu sehr, um sich hinzusetzen. Er ging auf und ab und betrachtete flüchtig die Bilder auf dem Regal. Eine Reihe klassischer Titel fiel ihm ins Auge: Tacitus, Sallust, Juvenal, Caesar, Cicero und Plinius im lateinischen Original, Übersetzungen von Terenz und Platus, die Gedichte von Catull, und in dem Regal darüber die Reihen von Herodot sowie Thykydides Geschichte des Peloponnesischen Krieges. Kaum die Lektüre, die ein wartender Gast wählen würde.
    Die Fragen, die er Kynaston stellen wollte, betrafen Sylvestra Duff. Er wollte wissen, ob sie einen Liebhaber hatte, ob sie die Art Frau war, die ihre eigenen Wünsche selbst auf Kosten eines Lebens eines anderen verfolgen würde. Besaß sie die Willenskraft, den Mut und die blinde, leidenschaftliche Selbstsucht dazu? Aber wie fragte man jemanden nach solchen Dingen? Wie entlockte man einem anderen solche Antworten gegen seinen Willen?
    Evan trat an den Kamin und zog den Klingelzug. Als das Mädchen kam, fragte er, ob er mit Mrs. Kynaston sprechen könne. Das Dienstmädchen versprach, sich zu erkundigen.
    Evan hatte sich zuvor kein Bild von dieser Frau gemacht, aber trotzdem war Fidelis Kynaston eine Überraschung für ihn. Auf den ersten Blick hätte er gesagt, daß sie eine reizlose Erscheinung war. Sie hatte die Vierzig gewiß überschritten und war den Fünfundvierzig nahe. Er fühlte sich unverzüglich zu ihr hingezogen. Sie hatte Haltung und innere Gewißheit, die von Integrität zeugte.
    »Guten Abend, Mr. Evan.« Fidelis kam herein und schloß die Tür. Sie hatte blondes, an den Schläfen ein wenig dünner werdendes Haar und trug ein dunkelgraues Kleid von einfachem Schnitt. Ihr einziger Schmuck war eine sehr schöne Kameenbrosche, die durch das Fehlen weiterer Schmuckstücke um so mehr zur Geltung kam. Die äußere Ähnlichkeit mit ihrem Sohn war offenkundig, und doch unterschied ihre Persönlichkeit sich so ganz und gar von der seinen, daß dieser Eindruck sogleich wieder verflog. Es war keine Feindseligkeit in ihren Augen, keine Verachtung, nur Belustigung und Geduld.
    »Guten Abend, Mrs. Kynaston«, antwortete Evan schnell. »Es tut mir leid, Sie zu stören, aber ich brauche Ihre Hilfe, falls Sie dazu in der Lage sind. Ich versuche herauszufinden, was Rhys Duff und seinem Vater zugestoßen ist. Rhys selbst kann ich nicht befragen. Wie Sie vielleicht wissen, kann er nicht sprechen, und er ist zu krank, als daß man das Thema ihm gegenüber auch nur anschneiden dürfte. Es mißfällt mir, mehr als unbedingt notwendig mit Mrs. Duff darüber zu reden, und ich glaube, sie steht gegenwärtig noch zu sehr unter Schock, um sich an viele Dinge erinnern zu können.«
    »Ich bin mir nicht sicher, was ich weiß, Mr. Evan«, antwortete Fidelis stirnrunzelnd. »Die Phantasie antwortet auf die Frage, warum Rhys eine solche Gegend aufgesucht haben könnte. Junge Männer tun solche Dinge. Ihre Neugier und ihr Appetit ist oft größer als ihre Vernunft oder ihr guter Geschmack.«
    Ihre Freimütigkeit überraschte Evan, und diese Regung schien sich in seiner Miene widergespiegelt zu haben.
    Fidelis lächelte, ein Mienenspiel, das auf Grund der Besonderheit ihres

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