Stimmen der Angst
Kugelsicher.«
»Kugelsichere Westen?«, sagte Dusty.
»Habt ihr welche?«
»Nein.«
»Wollt ihr welche?«
»Du hast kugelsichere Westen?«, sagte Martie erstaunt. »Klar.«
»Hast du die schon mal gebraucht, Fig?«, fragte Skeet. »Bis jetzt noch nicht«, sagte Fig.
Martie schüttelte den Kopf. »Als Nächstes wirst du uns eine Alien-Laserpistole anbieten.«
»Hab ich leider nicht«, sagte Fig mit sichtlichem Bedauern.
»Wir verzichten auf die kugelsicheren Westen«, sagte Dusty. »Sonst merken die beim Sicherheitscheck vielleicht, wie unförmig wir aussehen.«
»Könnte sein«, sagte Fig mit ganzem Ernst.
*
Im Erdgeschoss fand Ahriman nichts weiter, was seine Aufmerksamkeit erregt hätte. Obwohl er ein reges Interesse für Kunst und Innenarchitektur hatte, hielt er sich nicht damit auf, auch nur ein Bild, ein Möbelstück oder einen Kunstgegenstand zu bewundern. Die Einrichtung ließ ihn kalt.
Im Schlafzimmer deutete einiges auf eine überstürzte Abreise der Bewohner hin. Zwei Kommodenschubladen waren herausgezogen. Eine Schranktür stand offen. Ein Pullover war achtlos auf den Boden geworfen worden.
Als er sich im Wandschrank genauer umsah, entdeckte er auf dem oberen Bord zwei identische Koffer. Daneben klaffte eine Lücke, in der sich zuvor zwei kleinere Koffer befunden haben mochten.
Im Zimmer nebenan und auch im angrenzenden Bad konnte er nichts Aufschlussreiches finden. Dann war Marties Arbeitszimmer an der Reihe.
Blauäugige Frau. Schafft emsig ihr Hobbitspiel. Mordor bringt den Tod.
Ihr hufeisenförmiger Schreibtisch war mit Bücherstapeln, Karten von Fantasylandschaften, Figurenskizzen und anderen Dingen übersät, die sie für die Arbeit am Entwurf ihres Herrder-Ringe -Videospiels brauchte. Seine Begeisterung für alles, was mit Spielen zu tun hatte, verleitete Ahriman, sich länger mit diesen Dingen aufzuhalten, als eigentlich ratsam war.
Während er die Computerentwürfe für Hobbits, Orks und andere Fantasywesen sichtete, wurde dem Arzt einer der Gründe bewusst, warum er im Zusammenhang mit Martie mühelos bessere Haikus komponieren konnte, als wenn Susan oder andere Frauen der Gegenstand seiner dichterischen Fantasie waren. Seine und Marties Faszination am Spiel hatte etwas Verbindendes. Sie liebte es ebenso wie er, in einem Spiel die Fäden zu ziehen. Zumindest dieser Wesenszug stand in Einklang mit seinem eigenen Denken.
Er fragte sich, ob er mit der Zeit noch andere Verhaltensmuster und Interessen entdecken würde, die sie mit ihm teilte. Wäre es nicht eine Ironie des Schicksals, wenn er, sobald die gegenwärtigen Turbulenzen in ihrer Beziehung erst einmal überwunden waren, feststellen würde, dass ihnen eine vielschichtigere gemeinsame Zukunft bestimmt war, als er es sich je hatte träumen lassen, solange ihn Susans außergewöhnliche Schönheit und Marties familiärer Hintergrund vom Wesentlichen abgelenkt hatten?
Dem heimlichen Romantiker in Ahriman gefiel die Vorstellung, sich zu verlieben oder doch zumindest Gefühle zu entwickeln, die der Verliebtheit nah kamen. Auch wenn sein Leben ausgefüllt und von tief verwurzelten Gewohnheiten bestimmt war, war er den Irrungen und Wirrungen einer romantischen Liebe nicht grundsätzlich abgeneigt.
Während er sich von den Dingen, die auf dem Schreibtisch lagen, zu den Schubladen vorarbeitete, kam er sich plötzlich nicht mehr wie ein Detektiv vor, sondern wie ein vorwitziger Liebhaber, der in den Tagebüchern seiner Geliebten schnüffelte, um die am sorgfältigsten gehüteten Geheimnisse ihres Herzens zu ergründen.
In den drei Seitenschubladen fanden sich nur Dinge, die weder für einen Detektiv noch für einen Liebhaber von Interesse gewesen wären. In der breiten, aber flachen mittleren Schublade entdeckte er jedoch zwischen Linealen, Stiften, Radiergummis und sonstigem Krimskrams eine Mikrokassette, auf die jemand in roten Druckbuchstaben SUSAN geschrieben hatte.
Das Gefühl, das er in diesem Augenblick erlebte, mochte dem einer Wahrsagerin gleichen, wenn sie den Bodensatz der Teeblätter auf einen Teller kippte und aus dem Muster dieser feuchten Masse ein besonders düsteres Schicksal herauslas: ein Kälteschauer, der die weiche Haut seines Rückenmarks zu einer dünnen Eisschicht gefrieren ließ.
Er suchte in den restlichen Schubladen nach einem Recorder, mit dem er die Mikrokassette abspielen konnte, fand aber keinen.
Als sein Blick auf den Anrufbeantworter am Rand des Schreibtischs fiel, dämmerte ihm, was er da in
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