Stimmen der Angst
Kreditkarten buchte Dusty die Flüge telefonisch von Fig Newtons Küche aus.
»Knarre?«, sagte Fig ein paar Minuten später, als Dusty und Martie schon an der Tür standen und im Begriff waren, Bruder und Hund in seiner Obhut zurückzulassen.
»Was ist damit?«, fragte Dusty.
»Braucht ihr eine?«
»Nein.«
»Ich glaube schon«, sagte Fig.
»Sag bitte nicht, dass du hier ein Waffenarsenal hast, mit dem du eine Armee ausrüsten könntest«, sagte Martie, der offensichtlich Zweifel kamen, ob sich hinter Foster Newton nicht doch etwas Gefährlicheres verbarg als ein schlichter Exzentriker.
»Hab ich nicht«, versicherte ihr Fig.
»Egal, ich habe das hier«, sagte Dusty und zog seinen modifizierten Colt Commander aus der Jackentasche.
»Und damit wollt ihr fliegen?«, sagte Fig.
»Ich nehme ihn nicht im Handgepäck mit. Ich packe ihn in einen unserer Koffer.«
»Könnte bei einer Stichprobe durchleuchtet werden«, sagte Fig.
»Auch wenn es kein Handgepäck ist?«
»Neuerdings ja.«
»Selbst auf Kurzstreckenflügen?«
»Selbst dann«, sagte Fig bestimmt.
»Wegen der vielen Terroranschläge in letzter Zeit«, warf Skeet ein. »Die Leute sind nervös, und die Bundesluftfahrtbehörde hat ein paar neue Sicherheitsbestimmungen erlassen.«
Dusty und Martie hätten ihn nicht erstaunter ansehen können, wenn sich mitten auf seiner Stirn ein drittes Auge geöffnet hätte. Als überzeugter Anhänger einer Weltanschauung, der zufolge die Wirklichkeit unerträglich ist, las Skeet niemals Zeitung und schaltete auch nie die Fernseh- oder Radionachrichten ein.
Da ihm der Grund ihrer Verwunderung offenbar dämmerte, zuckte Skeet die Achseln. »Das habe ich jedenfalls zufällig aus einem Gespräch zwischen zwei Dealern herausgehört.«
»Dealer?«, sagte Martie. »Meinst du etwa Drogendealer ?«
»Na ja, an der Börse pflege ich eigentlich nicht zu verkehren.«
»Drogendealer sitzen herum und unterhalten sich über tagespolitische Ereignisse?«
»Ich glaube, die Sache hatte Auswirkungen auf das Kuriergeschäft. Sie waren deswegen ziemlich auf der Palme.«
»Und wie viele Gepäckstücke werden bei diesen Stichproben durchleuchtet?«, fragte Dusty, an Fig gewandt. »Jeder zehnte Koffer? Jeder fünfte?«
»Bei manchen Flügen vielleicht fünf Prozent.«
»Na, dann …«
»Bei anderen vielleicht hundert Prozent.«
»Es ist zwar eine gesetzlich erlaubte Waffe …«, sagte Dusty mit einem Blick auf seine Pistole, »aber ich bin nicht berechtigt, eine Waffe zu führen.«
»Und ihr überquert Staatsgrenzen«, sagte Fig.
»Das macht die Sache noch schlimmer, was?«
»Besser jedenfalls nicht.« Dann fügte er mit einem eulenhaft listigen Zwinkern hinzu: »Aber ich hab da was.«
Er verschwand irgendwo in den hinteren Abteilen des Caravans, kehrte aber gleich darauf mit einer Schachtel zurück. Aus der Schachtel zog er eine glänzende Spielzeugfeuerwehr hervor. Er fuhr mit der Hand über die Räder und versetzte sie in schwungvolle Drehungen. »Brumm, brumm! Das richtige Transportmittel.«
*
Himmel schwarz, Wind schwarz. Schwarz die Fenster des Hauses. Wohnt der Wind darin?
Auf der rückwärtigen Veranda des viktorianischen Miniaturhäuschens der Rhodes’, das für seinen Geschmack viel zu verschnörkelt war, blieb Ahriman kurz an der Tür stehen und lauschte auf die nächtlichen Rumbakugelrhythmen der windgepeitschten Bäume und auf das Haiku in seinem Kopf, das von schwarzem Wind erzählte und ihm ausnehmend gut gefiel.
Als er vor zwei Monaten zum ersten Mal hier gewesen war, um Dusty zu programmieren, hatte er einen der Ersatzschlüssel für das Haus an sich gebracht, wie er sich auch heimlich einen Schlüssel zu Susans Wohnung besorgt hatte. Jetzt trat er ein und machte leise die Tür hinter sich zu.
Sofern der Wind hier wohnte, war er nicht zu Hause. Das Schwarz war von Ruhe und behaglicher Wärme durchdrungen. Auch sonst befand sich niemand im Haus, nicht einmal der Golden Retriever.
Gewohnt, das Wegerecht des Herrschers im Haus seiner Untertanen für sich in Anspruch zu nehmen, schaltete er unbekümmert die Lichter in der Küche ein.
Er wusste zwar nicht, wonach er suchte, war sich aber sicher, dass er es erkennen würde, wenn er es sah.
Die erste Entdeckung ließ nicht lange auf sich warten: eine aufgerissene Versandtasche, die achtlos auf dem Esstisch lag. Was seinen Blick magisch anzog, war der Name des Absenders auf dem Adressenaufkleber: Dr. Roy Closterman.
Weil Ahriman sowohl als
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