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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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laden. Ein Kind, das noch nie eine Schusswaffe in der Hand gehabt hatte.«
    »Selbst das könnte man irgendwie noch glauben«, sagte Glyson. »Was einfach nicht zu begreifen ist …« Er hielt inne. »Es ist eine schreckliche Geschichte, Mrs. Rhodes.«
    »Ich fange an, mich daran zu gewöhnen«, sagte Martie mit grimmiger Miene.
    »Es war die Art, wie Valerie-Marie sich umgebracht hat«, fuhr Chase fort. »Ahriman wurde in der Presse zitiert, er nannte es ›einen Akt der Selbstverachtung, der Ablehnung ihres Geschlechts, einen Versuch, den sexuellen Aspekt ihrer Person zu zerstören, der sie dazu gebracht hat, sich missbrauchen zu lassen‹. Dieses kleine Mädchen also hat sich, bevor es auf den Abzug gedrückt hat, nackt ausgezogen, und dann hat sie den Lauf … in ihre …«
    Martie war auf den Füßen, bevor ihr bewusst war, was sie tat.
    »O nein!« Sie musste sich bewegen, musste irgendetwas tun, wusste aber nicht, was, bis sie – ohne zu überlegen – zu Zina Glyson eilte und die Arme um sie legte, wie sie Susan in einer solchen Situation umarmt hätte. »Waren Sie damals schon mit Chase zusammen?«
    »Ja«, sagte Zina.
    »Und Sie haben zu ihm gehalten. Haben ihn geheiratet.«
    »Wofür ich Gott danke«, murmelte Chase.
    »Wie muss das für Sie gewesen sein«, sagte Martie, »Carl Glyson nach diesem Selbstmord den Leuten gegenüber in Schutz zu nehmen, mit seinem Sohn befreundet zu sein.« Zina hatte die Umarmung so spontan erwidert, wie sie von Martie gekommen war. Nach all den Jahren zitterte diese stolze Prinzessin noch unwillkürlich bei der Erinnerung an die damaligen Ereignisse, aber sowohl der Sizilianerin als auch der Apachin in ihr war die Vorstellung zu weinen verhasst. »Niemand hat Chase direkt beschuldigt«, sagte sie, »aber es gab Verdächtigungen. Und ich … nach außen hin haben die Leute mich angelächelt, aber sie haben ihren Kindern verboten, in meine Nähe zu kommen. Noch jahrelang.«
    Martie kehrte mit Zina zum Tisch zurück, wo sie sich zu den beiden Männern setzten.
    »Vergessen Sie das Psychologengeschwätz über Ablehnung des Geschlechts und Zerstörung des sexuellen Aspekts«, sagte Zina. »Das, was Valerie-Marie getan hat, würde sich ein Kind nie ausdenken. Niemals. Dieses kleine Mädchen hat es getan, weil jemand sie auf den Gedanken gebracht hat, es zu tun.
    Auch wenn es unmöglich scheint, und wenn es noch so verrückt klingt: Ahriman hat ihr gezeigt, wie man eine Pistole lädt, Ahriman hat ihr gesagt, was sie tun soll, und sie ist nach Hause gegangen und hat es in die Tat umgesetzt, weil sie … weil sie, ich weiß nicht, hypnotisiert war oder was auch immer.«
    »Für uns klingt das weder unmöglich noch verrückt«, sagte Dusty.
    Die Stadt war nach dem Tod von Valerie-Marie Padilla in heller Aufruhr, und die Befürchtung, dass andere Kinder, die den Kindergarten besucht hatten, auch Selbstmordgedanken haben könnten, löste eine Massenhysterie aus, die Zina als das Jahr der Heimsuchung beschrieb. Und in diesem Jahr der Heimsuchung war es auch gewesen, dass eine Geschworenenbank, die aus sieben Männern und fünf Frauen bestand, ein einstimmiges Schuldurteil über alle fünf Angeklagten gefällt hatte.
    »Sie wissen sicher«, sagte Chase, »dass Kinderschänder unter Gefängnisinsassen als der letzte Dreck gelten. Mein Vater … er hat noch neunzehn Monate gelebt, bevor er während der Arbeit in der Gefängnisküche umgebracht wurde. Vier Messerstiche, zwei von hinten in die Nieren, zwei von vorn in den Bauch. Sie müssen ihn in die Zange genommen haben. Es war aus niemandem etwas herauszukriegen, also wurde auch niemand je zur Rechenschaft gezogen.«
    »Lebt Ihre Mutter noch?«, fragte Dusty.
    Chase Glyson schüttelte den Kopf. »Ihre drei Kolleginnen, nette Frauen, allesamt … sie waren vier Jahre im Gefängnis.
    Meine Mutter haben sie nach fünf Jahren entlassen, aber als sie herauskam, nagte schon der Krebs an ihr.«
    »Sie ist zwar an Krebs gestorben, aber was sie in Wirklichkeit umgebracht hat, war Scham«, sagte Zina. »Terri war eine freundliche und liebevolle Frau, und sie war stolz . Sie hatte nichts getan, absolut nichts , und trotzdem hat sie sich allein bei dem Gedanken, was sie in den Augen der Leute getan haben sollte, zu Tode geschämt. Sie hat noch eine Weile bei uns gelebt. Der Kindergarten war geschlossen worden, Carl hatte seine Anteile am Geschäft verloren. Die Anwaltskosten haben alles verschlungen, was sie besaßen. Wir mussten damals selbst noch

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